Keine unklare Verkehrslage bei Überholvorgang einer Fahrzeugkolonne

Nach dem Urteil des Landgerichts Görlitz mit Außenkammern in Bautzen (LG Görlitz, Urteil vom 14.10.2019 – 5 O 470/18) ist das Überholen einer Fahrzeugkolonne grundsätzlich zulässig und begründet für sich allein keine unklare Verkehrslage im Hinblick auf ein vorausfahrendes, unerkannt ebenfalls überholwilliges Fahrzeug. Im Rahmen einer fiktiven Schadenregulierung können auch die Kosten für notwendige Ersatzteile inklusive eines (üblichen) 10 %-igen UPE-Aufschlags gefordert werden, soweit diese im Schadengutachten aufgeführt sind und der Schädiger nicht auf eine zulässige Reparaturwerkstatt verweisen kann, die solche Aufschläge nicht fordert.

Aus den Entscheidungsgründen:

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit
[…]

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7-9, 01097 Dresden, Gz.: […]
gegen
Landkreis […]

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte:
[…]
wegen Schadensersatz aus VKU/Amtshaftung
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz durch
Richterin am Landgericht […] als Einzelrichterin
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23.09.2019

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt,
a) an die Klägerin 1.728,75 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 3.302,37 € für die Zeit vom 24.07.2018 bis 09.08.2018 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 3.329,37 € seit dem 10.08.2008 bis 31.08.2018 und weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 1.728,75 € seit dem 01.09.2018 zu zahlen.

b) die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Kfz-Sachverständigenbüro Ernst Krsanowski, Adolf-Kolping-Straße 15 in 02681 Schirgiswalde von Forderungen in Höhe von 323,68 € aus der Rechnung […] freizustellen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die weiteren Kosten der Klägerin zu tragen, die sich aufgrund des Verkehrsunfalls am 23.07.2018, gegen 8.20 Uhr in Schwepnitz, insbesondere der Schadenserhebung, ergeben.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

[…]

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 23.07.2018 gegen 8.20 Uhr auf der B 97 zwischen Schmorkau und Schwepnitz ereignet hat.

Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Halterin und Eigentümerin des Pkw Suzuki Vitara mit dem amtlichen Kennzeichen […]. Der Beklagte ist Halter des am Verkehrsunfall beteiligten Transporters vom Typ MB Sprinter mit dem amtlichen Kennzeichen […].
Der Zeuge […] K[…] fuhr das klägerische Fahrzeug auf der B 97.

Vor ihm fuhr ein Lkw, darauf folgend der Krankentransporter des Beklagten. Der Zeuge beabsichtigte, beide Fahrzeuge, den Krankentransporter des Beklagten und den davor langsam fahrenden Lkw zu überholen. Der Beklagte beabsichtigte seinerseits den vor ihm fahrenden Sattelauflleger zu überholen. Es kam zur Kollision der beiden Fahrzeuge. Das Fahrzeug der Klägerin wurde dabei von rechts beschädigt, an dem Fahrzeug des Beklagten sind Streifspuren mittig auf der linken Seite zu sehen.
Nach der Einschätzung des Sachverständigen, des Kfz-Sachverständigenbüros Ernst KrsanowskI vom 24.07.2018 betragen die Kosten für die Reparatur des Fahrzeugs der Klägerin 3.103,37 € (netto), bei einem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs von 15.500,00 €. Die Wertminderung hat der Sachverständige angesetzt mit 200,00 €. Hierauf leistete die Beklagte Zahlung i.H.v. 1.586,12 €. Auf die Gutachterkosten gemäß der Rechnung […] leistete die Beklagte am 06.12.2018 an den Sachverständigen Zahlung i.H.v. 323,68 €. Daneben wurden die in der Klageschrift klägerselts geltend gemachten Rechtsanwaltskosten gemäß dem Schreiben vom 05.12.2018 bezahlt.
Die Klägerin trägt vor, der Zeuge K[…] habe, nachdem er und der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs bereits längere Zelt hinter dem langsam fahrenden Lkw hergefahren waren, als die Strecke gut einsehbar und frei von Gegenverkehr war, zum Überholen angesetzt. Er habe den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt, sich durch Blicke in den Seiten- und Rückspiegel sowie einen Blick über die linke Schulter darüber vergewissert, dass sich keine Fahrzeuge hinter ihm oder auf der Gegenfahrbahn im Rahmen eines Überholvorgangs befinden. Er habe dem vorausfahrenden Unfallgegner durch Lichtzeichen (Lichthupe) seine Überholabsicht zu erkennen gegeben. Als er sich mit dem Fahrzeug der Klägerin neben dem unfallgegnerischen Fahrzeug befunden habe, habe er erkannt, dass dieser ohne Nutzung eines Fahrtrichtungszeigers sich auf seine Fahrspur zubewegte. Er habe versucht durch Hupen den Unfallgegner zu warnen und den Unfall durch ein starkes
Abbremsen zu vermeiden. Hierdurch sei das Entstehen größerer Schäden, nicht jedoch der Zusammenstoß zwischen den Fahrzeugen vermieden worden. Das Schadensbild am Fahrzeug der Klägerin wie auch die Schadensspuren am Fahrzeug des Beklagten ließen erkennen, dass der Anstoß am Fahrzeug des Beklagten kurz hinter der Fahrertür erfolgt sei.
Der Zeuge R[…] habe sich damit neben dem Fahrzeug des Beklagten befunden. Soweit der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs vor Beginn des Ausführens des beabsichtigten
Überholvorgangs einen Blick in den Seitenspiegel und über die Schulter geworfen hätte, hätte er das Fahrzeug der Klägerin zwangsläufig erkennen müssen. Insoweit nicht zutreffend sei, dass der Fahrzeugführer des Beklagtenfahrzeugs erst auf Höhe des Lkw-Aufliegers ein Aufprallgeräusch habe wahrnehmen können. Dies sei unter Verweis auf die gebotenen Örtlichkeiten nicht möglich.
Der Klägerin sei der nach dem Gutachten festgestellte Schaden anlässlich der Besichtigung im Reparaturbetrieb zu ersetzen.
Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit wegen der Zahlung auf die geltend gemachten Sachverständigenkosten sowie die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben,

beantragt die Klägerin,

I. der Beklagte wird verurteilt,

a) an die Klägerin 1.728,75 € nebst Zinsen i.H.v. 4 % aus 3.302,37 € für die Zeit vom
24.07.2018 bis zum 09.08.2018 sowie weitere Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 3.325,37 € seit dem 10.08.2018 bis zum
31.08.2018 und weitere Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach §
247 BGB aus 1.728,75 € seit dem 01.09.2018 zu zahlen.

b) die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Kfz-Sachverständigenbüro Ernst
Krsanowski, Adolf-Kolping-Straße 15 in 02681 Schirgiswalde von Forderungen i.H.v.
323,68 € aus der Rechnung-Nr. […] freizustellen.

II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die weiteren Kosten der Klägerin zu tragen, die sich aufgrund des Verkehrsunfalls vom 23.07.2018 gegen 08:20 Uhr in Schwepnitz, insbesondere der Schadensbehebung ergeben.

Der Beklagte beantragt.

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, der Unfall beruhe jedenfalls auch auf einem Fehler des Zeugen
K[…], der in einer unklaren Verkehrslage überholt habe. Der Zeuge R[…] habe, als die Straße vor ihm einen geraden Verlauf gezeigt habe, beabsichtigt, den Lkw zu überholen. Er habe zunächst in den Gegenverkehr geblickt sowie sich dann nach hinten durch Blick in den Spiegel sowie über die Schulter vergewissert, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht im Begriff seien, ihn zu überholen. Der Zeuge R[…] habe den Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt und sei ausgeschert. Danach sei es in Höhe des Lkw-Aufliegers links zu einem Aufprallgeräusch gekommen, der Zeuge K[…] war mit dem Suzuki der Klägerin gegen den hinteren mittleren Teil der linken Fahrzeugseite des Krankentransporters gefahren. Nicht zutreffend sei, dass der Zeuge sich über die Verkehrslage vergewissert, noch die Lichthupe bedient und dann noch ein „Schallzeichen“ gegeben habe. Der Zeuge K[…] habe mit einem Überholen des Krankentransportes des Beklagten rechnen müssen und habe deshalb besonders aufmerksam das Blinkzeichen und das Fahrverhalten des Fahrers des Krankentransporters beobachten müssen. Der Krankentransport habe sich bereits auf der linken Fahrspur befunden, als der Zeuge K[…] plötzlich heran nahte. Bestätigt werde dies durch die Beschädigungen am Fahrzeug der Klägerin ganz rechts unmittelbar im Frontbereich und an der vorderen Seite, demgegenüber seien die Beschädigungen am Beklagtenfahrzeug hinten mittig. Von dem klägerseits geltend gemachten Schadens betrag sei der 10 %ige UPE-Aufschlag abzusetzen, da die Klägerin auf fiktiver Basis abrechne, die Position mithin insoweit nicht anfalle. Der Zeuge K[…] sei in zusätzliches Risiko eingegangen, in dem er nicht nur das Fahrzeug des Beklagten, sondern auch den davor fahrenden Lkw habe überholen wollen.

[…]

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus §§7, 17, 18 StVG die geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfallereignis vom 23.07.2018 i.H.d. weiter verlangten Zahlungsbetrages von 1.728,75 €, der geltend gemachten Freistellung bezüglich restlicher Sachverständigenkosten und der Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiteren Schadens, insbesondere zur Schadensbehebung, zu.
Keiner der am Unfall Beteiligten, weder der Fahrzeugführer des Fahrzeugs der Klägerin noch der Fahrzeugführer des Fahrzeugs der Beklagten können für sich geltend machen, bei dem Verkehrsunfall vom 23.07.2018 gegen 08:20 Uhr auf der B 97 zwischen Schmorkau und Schwepnitz, handele es sich um ein unabwendbares Ereignis i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG. Unabwendbar ist ein Unfallereignis dann, wenn es durch die äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Beide Unfallbeteiligten können für sich nicht in Anspruch nehmen, sich rechtzeitig auf ein etwaiges Fehlverhalten des anderen eingestellt zu haben. Im Rahmen der danach zu erfolgenden Abwägung der Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVG unter Berücksichtigung der sich in der Unfallsituation konkret verwirklichten Betriebsgefahr der am Unfall beteiligten Fahrzeuge ergibt sich, dass im Ergebnis der unstreitig gebliebenen bzw. erwiesenen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Verkehrsunfall vom 23.07.2018 maßgeblich vom Fahrer des Transporters des Beklagten herbeigeführt wurde, die vom Fahrzeug der Klägerin ausgehende Betriebsgefahr hinter dem überwiegenden Verschulden des Fahrzeugführers des Beklagten zurücktritt. Nach Einvernahme der am Verkehrsunfall beteiligten Zeugen unter Einsichtnahme in die Bußgeldakte, der hierzu gefertigten Lichtbilder zu den am Unfall beteiligten Fahrzeugen eingetretenen Schäden steht fest, dass der Fahrzeugführer des Beklagten der Vorschrift des § 5 Abs. 4 StVO zuwider überholt hat. Wer zum Überholen ausscheren will, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Von ihm wird mithin höchste Sorgfalt verlangt. Vor dem Ausscheren ist der Überholende deswegen zur besonders sorgfältigen Rückschau verpflichtet. Dem ist der Fahrzeugführer der Beklagten seinen Angaben im Termin am 23.09.2019 folgend nicht nachgekommen. Seinen Angaben folgend hat er den Fahrtrichtungsanzeiger nach links gesetzt und ist zugleich nach links ausgeschert. Bei gehöriger Rückschau in den linken Außenspiegel oder aber mindestens über die linke Schulter hätte er genau in diesem Moment das vom Zeugen K[…] gesteuerte Fahrzeug erkennen können und müssen. Den zutreffenden Angaben des Zeugen K[…] folgend, bestätigt durch die am Fahrzeug des Beklagten festgestellten Schäden, wär der Zeuge K[…] bereits vor dem Fahrzeugführer der Beklagten nach links auf die Gegenspur ausgeschert. Das Fahrzeug der Klägerin wurde im Bereich des vorderen rechten Kotflügels, der Stoßstange, des rechten Scheinwerfers und an der rechten Felge beschädigt. Die im Außenspiegel sich befindende Blinkleuchte wurde „zerschürft“. Die Anstoßstelle am Fahrzeug des Beklagten zeigte sich eine großflächige Eindellung an und in der Schiebetür, unmittelbar hinter der Fahrertür, von der Streifspuren bis zum hinteren Radhaus reichen. Der Vortrag des Beklagten, der Fahrzeugführer habe sein Überholmanöver bereits eingeleitet gehabt, habe sich bereits auf der Höhe des Lkw-Aufliegers befunden, als der Fahrzeugführer der Klägerin seinerseits das Überholmanöver durchgeführt habe, ist damit nicht zutreffend. Nach dem Vortrag des Beklagten hätten sich drei Fahrzeuge inklusive einem Sattelzug nebeneinander auf einer zweispurigen Landstraße befinden müssen, was indes aufgrund gegebenen Örtlichkeiten nicht möglich ist.

Den Fahrzeugführer der Klägerin trifft kein Mitverschulden. Nicht anzulasten ist ihm das Überholen einer Fahrzeugkolonne. Das Überholen einer Fahrzeugkolonne durch ein an hinterer Stelle fahrendes Fahrzeug ist nicht grundsätzlich unzulässig. Nach
übereinstimmenden Vortrag verläuft die Straße im Bereich der Unfallstelle völlig gerade. Die Überholstrecke war damit völlig einsehbar und überschaubar. Dem Zeugen K[…] ist ein Überholverbot wegen unklarer Verkehrslage i.S.v. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO nicht anzulasten. Dies wäre nach allgemeiner Auffassung dann der Fall, wenn ein Fahrzeugführer nach allen objektiven Umständen des Einzelfalls mit einem gefahrlosen Überholen nicht rechnen kann.
Wie der Zeuge K[…] und der Zeuge N[…] übereinstimmend angegeben haben, hatte der Fahrzeugführer des Krankentransporters des Beklagten auch als die Fahrtstrecke gut einsehbar und frei von Gegenverkehr war, keine unmittelbaren Anstalten gemacht, den vorausfahrenden Lkw zu überholen. Das sich der Zeuge R[…] mit dem von ihm gesteuerten Fahrzeug vor dem Beginn seines Überholmanövers deutlich zur Mitte hin abgesetzt hätte, hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Der Beifahrer des Fahrzeugs des Beklagten hatte hiervon nichts mitbekommen. Die Angaben des Zeugen R[…] sind zu wage. Der Zeuge N[…] bestätigt hingegen gerade, dass sich der Fahrzeugführer Zeit gelassen hatte, sich zu entschließen, ob er überholen will. Das allein längere Zeit langsame Fahren des Beklagtenfahrzeugs hinter dem Lkw führt für sich nicht zu einer unklaren Verkehrslage.
Für den Fahrzeugführer der Klägerin ergab sich keine Verkehrssituation, welche ihm noch vor Beginn seines Überholmanövers noch ein angemessenes Reagieren ermöglicht hätte.
Insbesondere stand keine ausreichende Zeit mehr zur Verfügung, das bereits eingeleitete Überholmanöver noch abzubrechen und so eine Kollision zu vermeiden. Der Zeuge K[…] hat eine Gefahrenbremsung durchgeführt und ist dementsprechend am Fahrzeug des Beklagten entlang geschrammt. Der Ansatz eines Mitverursachungsanteils scheidet damit aus.
Die Abwägung der sich in der konkreten Unfallsituation ergebenden Verursachungs- und Verschuldensanteile unter Berücksichtigung der von den Fahrzeugen in der konkreten Unfallsituation ausgehenden Betriebsgefahr im Rahmen der Anwendung von § 17 Abs. 1 StVG ergibt, dass der Beklagte allein für die Unfallfolgen einzustehen hat. Die Betriebsgefahr des vom Beklagten gesteuerten Krankentransporters ist gegenüber dem Fahrzeug der Klägerin bereits erhöht und führt unter Berücksichtigung des dem Fahrzeugführer des Beklagten zuzurechnenden erheblichen Verkehrsverstoßes dazu, dass die vom Fahrzeug der Klägerin
ausgehende Betriebsgefahr hinter derjenigen des Fahrzeugs des Beklagten zurücktritt.
Der Klägerin steht gemäß § 249 BGB ein Anspruch auf Erstattung des ihr aus dem Unfall entstandenen Sachschadens i.H.d. vom Sachverständigen Kfz-Sachverständigenbüro Krsanowski ermittelten Reparaturschadens in vollständiger Höhe zu. Entgegen der Meinung des Beklagten hat die Klägerin auch Anspruch auf Erstattung der im Gutachten angesetzten 10 %-igen UPE-Aufschlags. Der Privatsachverständige hat im Rahmen seiner Begutachtung im Reparaturbetrieb, dem Autohaus Roschk GmbH & Co KG bei dem von ihm angesetzten Kosten für notwendige Ersatzteile auch einen 10 %-igen UPE-Aufschlag angesetzt. Der
Reparaturbetrieb ist das Vertragsautohaus Seat, Suzuki und Chevrolet. Von der Üblichkeit der vom Sachverständigen angesetzten Reparaturkosten ist damit auszugehen. Dass der Klägerin eine gleichwertige und mühelos erreichbare sowie im angegebenen Umfang
günstigere Reparaturmöglichkeit offengestanden habe, hat der Beklagte nicht angeführt. Allein dass die Geschädigte fiktiv abrechnet, führt nicht dazu, dass solche UPE-Aufschläge nur zu erstatten wären, soweit sie bei einer Durchführung der Reparatur tatsächlich anfallen. Sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, darf der Geschädigte grundsätzlich auch die üblichen Ersatzteilkosten einer markengebundenen Werkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemein regionalen Markt ermittelt hat. Hiervon ist auszugehen.
Nachdem der Beklagte Zahlung i.H.v. 1.586,12 € geleistet hat, verbleibt der noch offene Betrag i.H.v. 1.716,25 €. Zuzüglich der noch hälftigen zu erstattenden Unkostenpauschale i.H.v. weiteren 12,50 € errechnet sich der noch offene Betrag von 1.728,75 €. Ausgehend von dem angefallenen Betrag für die Erstellung des Schadensgutachtens von 647,36 € steht der Klägerin nach teilweiser Regulierung durch den Beklagten ein Anspruch auf Freistellung des noch offenen Restbetrages von 323,68 € zu. Eine Reparatur des Fahrzeugs hat noch nicht stattgefunden, im Raum stehen ein Nutzungsausfall, Vorhaltekosten sowie die im Falle der Reparatur anfallende Mehrwertsteuer. Das Feststellungsinteresse der Klägerin an der Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung weiterer Kosten ist daher begründet.

[…]“

LG Görlitz, Urteil vom 14.10.2019 – 5 O 470/18

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