Berechnung des merkantilen Minderwerts: BGH entscheidet über den Abzug der Umsatzsteuer

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 16. Juli 2024 (Az. VI ZR 239/23) eine Entscheidung zur Berechnung des merkantilen Minderwerts nach einem Verkehrsunfall getroffen. Im zugrunde liegenden Fall machte die Klägerin, die zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners Ansprüche geltend. Ein Sachverständiger hatte nach dem Unfall einen merkantilen Minderwert von 2.000 € für das beschädigte Fahrzeug festgestellt. Die Versicherung der Beklagten erstattete jedoch nur 1.681 €, da sie den Umsatzsteueranteil abgezogen hatte. Die Klägerin klagte daher die Differenz ein, wobei die Vorinstanzen der Klägerin Recht gaben und entschieden, dass der merkantile Minderwert ohne Abzug der Umsatzsteuer zu erstatten sei.

Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidungen jedoch auf und verwies die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück. In seiner Begründung stellte der BGH klar, dass die Schätzung des merkantilen Minderwerts grundsätzlich auf der Basis des Nettoverkaufspreises und nicht des Bruttoverkaufspreises erfolgen muss. Die Richter argumentierten, dass der Ersatz des merkantilen Minderwerts keine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung darstelle. Da es sich um einen fiktiven Schaden handelt, der den verbleibenden Minderwert eines Fahrzeugs nach fachgerechter Reparatur abbildet, müsse eine Schätzung stets ohne Einbeziehung der Umsatzsteuer erfolgen. Der BGH führte aus, dass die Anrechnung der Umsatzsteuer auf den merkantilen Minderwert andernfalls zu einer Überkompensation und Bereicherung des Geschädigten führen würde.

Die rechtliche Grundlage dieser Entscheidung bildet § 251 Abs. 1 BGB, wonach der merkantile Minderwert einen zu ersetzenden Vermögensschaden darstellt. Der BGH betonte, dass dieser Schaden unabhängig davon auszugleichen sei, ob der Geschädigte tatsächlich einen Verkauf des Fahrzeugs beabsichtige. Für die Berechnung des merkantilen Minderwerts müsse jedoch gedanklich ein hypothetischer Verkauf des Fahrzeugs angenommen werden. Dabei sei von Netto- und nicht von Bruttoverkaufspreisen auszugehen, da die Umsatzsteuer lediglich einen durchlaufenden Posten darstelle und keinen realen Vermögensschaden verursache.

Falls die Schätzung des merkantilen Minderwerts entgegen diesem Grundsatz auf Basis von Bruttoverkaufspreisen erfolgt sei, müsse der geschätzte Betrag nach unten korrigiert werden, um den Umsatzsteueranteil abzuziehen. Der Bundesgerichtshof entschied damit zugunsten der Revision der Beklagten, da die Vorinstanzen diesen Grundsatz nicht berücksichtigt hatten. Die Entscheidung konkretisiert die Berechnung des merkantilen Minderwerts und stellt sicher, dass der Geschädigte nicht über seinen tatsächlichen Schaden hinaus entschädigt wird. Dies sei notwendig, um eine ungerechtfertigte Bereicherung zu verhindern, die über das eigentliche Wertinteresse hinausgeht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert