Ermittlung des Heizölverbrauchs im Rahmen einer Nebenkostenabrechnung durch Ablesen der Füllstandsanzeige mit Hilfe eines Messstabes

Durch das Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 30.11.2016 – 20 C 56/15) wurde entschieden, dass für die Ermittlung des verbrauchten Heizöls im Rahmen einer Nebenkostenabrechnung das Ablesen des Füllstands eines Öltanks mithilfe eines Messstabes ausreichend ist. Zudem beschäftigte sich das Gericht mit den Ansprüchen an die Form der Aufstellung der Kosten in einer formal ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung. Darüber hinaus wurde durch das Gericht entschieden, dass eine Ermittlung der Heiz- und Warmwasserkosten durch eine vertraglich vereinbarte Differenzberechnung gegen § 2 der Heizkostenverordnung verstößt, da nach dieser Verordnung die Heiz- und Warmwasserkosten anteilig nach
Grund- und Verbrauchskosten zu ermitteln und zu bestimmen sind.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit
[…] M[…]

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]
gegen

1. […] G[…]

– Beklagter –

2. […] F[…]

– Beklagte –

wegen Räumung/Forderung/Herausgabe

hat das Amtsgericht Bautzen durch Richter am Amtsgericht […]

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2016

am 30.11.2016
für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 1.348,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 232,00 € vom 03.06.2014 bis 03.12.2015 und aus 1.348,51 € seit dem 15.09.2014 sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 117,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2015 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, auf die vom Kläger gezahlten Gerichtskosten 4% Jahreszinsen seit dem Tag der Einzahlung bei der Gerichtskasse bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung zu zahlen.
Die weiteregehende Klage wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 22%, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 78%.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

5. Streitwert: 2.006,56 €.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von den Beklagten Nachzahlungen aufgrund zweier Betriebskostenabrechnungen.

Mit schriftlichem Mietvertrag vom 30.04.2012 vermietete der Kläger den Beklagten eine im Erdgeschoss des Wohnhauses in 02692 Doberschau […] gelegene Wohnung von ca. 75 m² Nach dem Inhalt des Mietvertrages wurden den Beklagten neben der Wohnung zur sonstigen Nutzung ein Partykeller, ein Bad im Untergeschoss in einer Größe von ca. 60m² „unentgeltlich mitvermietet“. Im schriftlichen Mietvertrag vereinbarten die Parteien eine Grundmiete und monatliche Vorauszahlungen auf die Betriebskosten, die der Vermieter jährlich abzurechnen hatte. In § 29 des schriftlichen Mietvertrages vereinbarten die Parteien:

„Zwischen Mieter und Vermieter gilt als vereinbart, dass der Mieter neben den Betriebskosten für die angemietete Wohnung und auch die anfallenden Betriebskosten für die zur Nutzung überlassenen Räume (Partykeller, Küche und Bad im UG.) trägt. Die Erfassung erfolgt über Wärmemengenzähler bzw. über Kalt-Warmwasseruhren abzüglich des Verbrauchs der Mieter im 1.OG“.

Auf den Inhalt des schriftlichen Mietvertrages (Bl. 14 bis 24 d.A.) wird im Übrigen Bezug genommen. Mit schriftlicher Heiz- und Betriebskostenabrechnung vom 25.06.2014 für das Jahr 2013 rechnete die vom Kläger beauftragte Hausverwaltung die Betriebskosten für die im Erdgeschoss gelegene Wohnung der Kläger ab. Die Betriebskostenabrechnung ergab eine Nachforderung von 1.039,36 € zu Lasten der Beklagten (Bi. 29/30 d.A.). Mit weiterer Heiz-und Betriebskostenabrechnung vom 25.06.2014 berechnete die vom Kläger beauftragte Hausverwaltung die Betriebskosten für das Jahr 2013 betreffend das Untergeschoss des Wohnhauses.
Nach dieser Betriebskostenabrechnung hatten die Beklagten 732,70 € nachzuzahlen (B. 31/32 d.A.). Die Nachforderungen beglichen die Beklagten nicht.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger von den Beklagten die Zahlung der Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen vom 25.06.2014.

Er beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.754,56 € nebst bis zum 12.01.2015 ausgerechneter Zinsen in Höhe von 35,40 € sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.986,56 € ab dem 13.01.2015 und vorgerichtliche, nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 150,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen und festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, gesamtschuldnerisch auf die vom Kläger
verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 4% seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

In Höhe eines weiteren ursprünglich eingeklagten Teils der Hauptforderung von 232,00 € (Restmiete für August 2014) haben die Parteien den, Rechtsstreit in der Hauptsache überein stimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagten behaupten:
Die Betriebskostenabrechnungen seien formal unwirksam, weil sie von den Mietern rechnerisch nicht nachvollziehbar seien. Die Betriebskostenabrechnungen seien auch inhaltlich fehlerhaft. Die Abrechnung der Heizkosten für das Erdgeschoss leide darunter, dass sie bis März 2013 nicht In der Lage gewesen seien, die Wärmeeinstellung der Heizkörper zu regulieren, was gegenüber dem Kläger im Oktober 2012 beanstandet worden sei. Des Weiteren sei der Ölverbrauch in unzulässiger Weise, nämlich unter Verwendung mit einem Messstab gemessen worden. Beim Kaltwasserzähler fehle ein Ableseprotokoll. Die erfasste Wärmemenge von 16,712 sei nicht nachvollziehbar. Mietvertraglich nicht vereinbart sei der Umlagemaßstab der unter der Überschrift „Betriebskosten auf Einheiten“ abgerechneten Kostenpositionen. Kosten für den Heckenschnitt seien unzulässigerweise angesetzt worden. Denn die Parteien hätten
vereinbart, dass sie, die Beklagten, den Heckenschnitt durchführen sollten, was sie auch getan hätten. Trotzdem habe der Kläger eine externe Firma hierfür beauftragt. Auch die Betriebskostenabrechnung für das Untergeschoss („Partykeller“) sei unwirksam. Bei Abschluss des
Mietvertrages sei nämlich vereinbart worden, dass die Mieter nur die Wasser- und Stromkosten für das Untergeschoss zahlen sollten. Zudem sei es unbillig, sie mit den gesamten Betriebskosten für das Untergeschoss zu belasten. Denn das Untergeschoss sei nicht Teil der Mietsache, weil es – abgesehen von Küche und Bad – keinen abschließbaren Raum darstelle.
Mithin seien sie nicht in der Lage, diese Räumlichkeiten allein zu nutzen. Schließlich habe der Kläger gegen seine Verpflichtung verstoßen, angemessene Vorauszahlungen auf die Energie- und Betriebskosten festzusetzen und zu verlangen. Hätte der Kläger angemessene Vorauszahlungen verlangt, dann hätten sie die Räumlichkeiten nicht gemietet.

Der Kläger entgegnet:
Die Betriebskostenabrechnungen seien professionell erstellt und für die Beklagten rechnerisch nachvollziehbar. Nach Beanstandung durch die Beklagten sei die Heizungsanlage Anfang Januar 2013 repariert und die Regulierbarkeit der Heizkörper im Erdgeschoss hergestellt worden. Auch die Kosten für Heizung und Warmwasser seien ordnungsgemäß ermittelt worden. Dabei sei der Verbrauch des Öls im Öltank zulässigerweise mit einem Maßstab ermittelt worden. Die Wärmemengenzähler seien zu Anfang eines jeden Abrechnungsjahres auf Null gestellt worden. Die Verbrauchswerte am Kaltwasserzähler hätten die Beklagten selbst abgelesen und mitgeteilt. Die Kosten für die Grundstückspflege seien angefallen und durch Rechnungen, in die die Beklagten keine Einsicht genommen hätten, auch belegt. Die Betriebskosten für das Untergeschoss seien entsprechend der wirksamen Vereinbarung in § 29 des
schriftlichen Mietvertrages Im Wege der Differenzrechnung ermittelt worden. Diese Vereinbarung sei deswegen abgeschlossen worden, weil im Untergeschoss keine separaten Energiezähler vorhanden seien. Die Kosten für das Warmwasser für das Untergeschoss errechneten sich daher aus dem Verbrauch des Vorerfassungszählers abzüglich des durch die Warmwasserzähler im Erdgeschoss und Obergeschoss gemessenen Verbrauchs. Das Gleiche gelte für das Kaltwasser. Die Wärmemenge errechne sich aus dem beim Hauptwärmemengenzähler angezeigten Verbrauch abzüglich des Verbrauchs des Wärmemengenzählers für
das Obergeschoss.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen […]. Auf die Niederschriften vom 04.12.2015 (Bl. 144 bis 152 d.A.,) vom 05.02.2016 (Bl. 158 bis 162 d.A.,) vom 06.04.2016 (Bl. 173 bis 176 d.A.,) und vom 26.10.2016 (Bl. 199 bis 201 d.A.) wird Bezug genommen. Außerdem hat das Gericht ein schriftliches Gutachten eines Sachverständigen für Heiz- Betriebskostenabrechnung und Messtechnik eingeholt. Auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen P[…] vom 15.07.2016 ( Bl. 182 bis 190 d.A.), wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch in tenorierter Höhe nach § 556 BGB auf Nachzahlungen aufgrund der Betriebskostenabrechnungen vom 25.06.2014 für das Jahr 2013
betreffend das Erdgeschoss und das Untergeschoss.
Der Kläger hat formal ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnungen nach § 556 BGB erstellt. Diese Vorschrift setzt zunächst voraus, dass die Parteien im Mietvertrag eine sogenannte Umlagevereinbarung getroffen haben. Dies ist im Mietvertrag vom 30.04.2012 geschehen.

Nach dem Inhalt des Mietvertrages hatten die Beklagten monatliche Vorauszahlungen auf die Betriebskosten zu leisten und der Kläger als Vermieter hatte die Verpflichtung, die angefallenen Betriebskosten jährlich gegenüber den Beklagten abzurechnen. Dabei hat der Kläger die
Anforderungen, die nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an die Form einer solchen Abrechnung zu stellen sind, eingehalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Abrechnung der Betriebskosten die Im Abrechnungszeitraum relevanten Betriebskostenpositionen aufführen. Die Abrechnung muss ferner bei jeder Betriebskostenposition den Gesamtbetrag der Kosten aufführen, ferner den Umlagemaßstab und den sich daraus ergebenden, auf den Mieter entfallenden Einzelbetrag der jeweiligen Kostenposition. Die Abrechnung muss ferner die vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen enthalten sowie unter Berücksichtigung dieses Betrages – die noch geschuldete Nachzahlung oder das Guthaben des Mieters. Die verfahrensgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen vom 25.06.2014 für das Erdgeschoss und das Untergeschoss erfüllen diese Anforderungen. Sie sind rechnerisch nachvollziehbar. Das Gericht vermag die Auffassung der Beklagten nicht zu teilen, dass mangels einer Nachvollziehbarkeit in diesem Sinn die Betriebskostenabrechnungen bereits formal unwirksam sind. Richtig ist zwar, dass die Betriebskostenabrechnungen von der üblichen Gestaltung abweichen. Denn in den Betriebskostenabrechnungen werden die einzelnen Betriebskostenpositionen nach dem Umlagemaßstab gruppiert und mit den Gesamtkosten dieser Gruppierung aufgelistet (Anlage zur Kostenermittlung). Unter dem Abschnitt „ Verteilung der Kosten“ (zweite Seite der jeweiligen Abrechnung) werden dann von
diesen Gesamtkosten anhand der für die Wohnung der Beklagten zutreffenden Umlagemaßstäbe die Einzelbeträge für die zusammengefassten Gruppierungen berechnet. Für die von den Beklagten als unverständlich gerügten Betriebskosten auf Einheiten ergibt sich aus den Abrechnungen: Unter den Betriebskosten auf Einheiten hat der Kläger die Preise für die Wasserzähler (231,80 €) und das Hauslicht (281,90 €) zusammengefasst, die er nach Anzahl der Wohnungseinheiten gegenüber den Mietern abrechnet. Diese Betriebskosten ergeben 512,99 €. Bei der Verteilung der Kosten legt er 3 Wohneinheiten zugrunde, so dass auf jede Einheit 170,99667, aufgerundet 171,00 € entfallen. Auf Seite 1 der Betriebskostenabrechnung für das Erdgeschoss wird dann entsprechend der Anzahl der Einheiten des Mieters, bei den Beklagten eine Einheit, ein Abrechnungsbetrag von 171,00 € in Ansatz gebracht. Die rechnerische
Nachvollziehbarkeit ist für den Mieter also möglich. Entsprechendes gilt für die anderen, in den Betriebskostenabrechnungen aufgeführten Abrechnungspositionen.
Die danach formal ordnungsgemäßen, mithin auch fälligen Betriebskostenabrechnungen hatte das Gericht auf die von den Beklagten erhobenen inhaltlichen Einwendungen zu überprüfen.

Dabei ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Betriebskostenabrechnung für die Wohnung der Beklagten im Erdgeschoss im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Die Heiz- und Warmwasserkosten für das Erdgeschoss sind in der Betriebskostenabrechnung ordnungsgemäß angesetzt und ermittelt worden. Die Behauptung der Beklagten, dass die Heizkosten zu hoch angesetzt seien, weil sich einzelne Heizkörper in der Zeit von Januar bis März 2013 nicht hätten regulieren lassen, konnte nicht bewiesen werden. Möglicherweise waren einige Heizungsventile für die Heizungssteuerung nicht ordnungsgemäß eingestellt, was der Zeuge […] H[…] allerdings nicht sicher bestätigen konnte. Der Zeuge […] A[…], der nach der Beanstandung der Beklagten über die mangelnde Regulierbarkeit der Heizung in der Wohnung der Beklagten gewesen ist, hat indessen angegeben, dass er den angezeigten Mangel bereits am 03. Januar 2013 durch Reparaturarbeiten beseitigt hat. Zu den verbleibenden zwei Tagen des Januar 2013 vermochte der Zeuge A[…] nicht anzugeben, ob die Heizkörper – wie von den Beklagten behauptet – ohne Regulierungsmöglichkeit die volle Heizleistung erbrachten. Der Zeuge vermochte lediglich zu sagen, dass die Heizung nicht auf „kalt“ gestellt werden konnte. Gegenüber den in der Betriebskostenabrechnung für das Erdgeschoss angesetzten Heiz-und Warmwasserkosten kann auch nicht vorgebracht werden, dass der Kläger den Ölverbrauch falsch erfasst habe. Ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 2 der Heizkostenverordnung nomierte Leistungsprinzip (hierzu: BGH, Urteil vom 01.02.2012, Az.: Vlll ZR 156/11) liegt nicht vor. Der Kläger hat – wie aus der Heizkostenabrechnung für das Erdgeschoss hervorgeht – die Brennstoffkosten nicht nach dem Abflussprinzip ermittelt. Er hat vielmehr den Verbrauch im Abrechnungszeitraum gemessen. Dabei hat er eine Methode verwendet, die zwar nicht die allerhöchste Präzision aufweist, jedoch eine zulässige Methode darstellt, den Brennstoffverbrauch zu ermitteln. Das ergibt sich aus dem vom Gericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen, der in seinem nachvollziehbaren, verständlichen und von den Parteien nicht an
gegriffenen Gutachten ausgeführt hat, dass der Ölverbrauch durch einen Heizölzähler, eine sogenannte Peiltabelle oder durch das Ablesen der Füllstandsanzeige ermittelt werden kann.
Letztere Variante weise gegenüber den anderen Varianten Erfassungsungenauigkeiten auf.
Sie könne bei Anwendung der Verbrauchsermittlung über eine Füllstandsanzeige eine Abweichung von 111 Litern gegenüber der Ermittlung des Verbrauchs durch eine Peiltabelle auftreten. Der Kläger lässt, wie der Zeuge K[…] bekundet hat, den Ölverbrauch über die Füllstandsanzeige ermitteln. Dies ist nach Auffassung des Gerichts eine nach der Heizkostenverordnung zulässige Methode. Denn der Vermieter hat nach § 6 der Heizkostenverordnung den Verbrauch bei Heizöl durch die Subtraktion des Anfangstatbestandes vom Endtatbestand zu ermitteln (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage, § 6 Heizkostenverordnung, Anm. 20). Diese Vorgehensweise hat der Kläger gewählt. Nach dem Inhalt des eingeholten Gutachtens hat er auch eine zulässige Verbrauchsermittlungsmethode angewandt. Die vom Gutachter festgestellten Ungenauigkeiten würden sich zu Lasten der Beklagten nur dann auswirken, wenn das Mietverhältnis innerhalb des Abrechnungzeitraumes beendet worden wäre, was allerdings nicht der Fall ist. Auch die Rüge, dass das Ableseprotokoll für den Kaltwasserzähler fehle,
greift nicht durch. Dieser Einwand ist nicht hinreichend konkret. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Beklagten vielmehr gehalten, die Abrechnungsunterlagen beim Vermieter einzusehen, falls sie der Meinung sind, dass der Vermieter bestimmte Betriebskostenpositionen, hier das Kaltwasser, falsch abgerechnet hat. Anhand der eingesehenen
Unterlagen müssen sie dann konkrete Einwendungen vortragen, etwa fehlerhaft abgelesene Kaltwasserwerte. Dies haben die Beklagten nicht getan. Richtig ist der Einwand gegenüber der Betriebskostenabrechnung für die Wohnung der Beklagten im Erdgeschoss, dass die unter den „Betriebskosteneinheiten“ erfassten Betriebskostenpositionen nicht nach der Anzahl der Wohnungseinheiten, sondern nach der Wohnfläche hätten abrechnet werden müssen.
Denn in § 6 Nr. 4 des schriftlichen Mietvertrages haben die Parteien nämlich vereinbart, dass die nicht der Heizkostenverordnung unterfallenden Betriebskostenarten nach dem Verhältnis der Wohn- bzw. der Geschäftsflächen zueinander zu ermitteln und abzurechnen sind, soweit sie nicht verbrauchsabhängig im ganzen Haus ermittelt werden. Die Beklagten sind indessen durch diese fehlerhafte Abrechnung nicht benachteiligt. Denn die Abrechnung dieser Kostenpositionen nach einem Flächenmaßstab würde zu höheren Kosten der Beklagten führen.
Inhaltlich fehlerhaft abgerechnet sind allerdings die Heiz- und Warmwasserkosten in der Betriebskostenabrechnung 2013 für das Untergeschoss. Diese Kosten (222,65 € und 54,43 €) kann der Kläger von den Beklagten nicht aufgrund der Vereinbarung in § 29 Nr. 2 des schriftlichen Mietvertrages verlangen. Nach dieser Vereinbarung sollten die Beklagten auch die anfallenden Betriebskosten für die ihnen zur Nutzung überlassenen Räume (Partykeller, Küche und Bad im Untergeschoss) tragen, wobei die Erfassung auch die Heiz-und Warmwasserkosten im Wege der Differenzberechnung erfolgen sollte. Die Berechnung sollte dadurch erfolgen, dass die Heiz-und Warmwasserkosten unter Abzug des Verbrauchs der Mieter im 1. Obergeschoss und des Verbrauchs der Mietwohnung der Beklagten ermittelt werden sollten. Diese Vereinbarung ist unwirksam, weil sie gegen § 2 der Heizkostenverordnung verstößt. Die Vorschriften der Heizkostenverordnung für die Ermittlung der Energiekosten sind zwingend (LG Hamburg, Urteil vom 28.04.2005, Az.: 307 S 4/05; BGH, Urteil vom 20.01.1993, Az.: VIII ZR 10/92, Rn. 21). Nach dieser Verordnung sind die Heiz- und Warmwasserkosten anteilig nach Grund- und Verbrauchskosten zu ermitteln und zu bestimmen. Ein solches, von der Heizkostenverordnung vorgeschriebenes Ermittlungsverfahren hat der Kläger für die Räumlichkeiten im Untergeschoss nicht durchgeführt. Es liegt auch kein Ausnahmetatbestand vor, denn der Kläger ist nicht selbst Nutzer einer Wohnung Im Miethaus. Es kann daher dahinstehen, ob die Parteien beim Abschluss des Mietvertrages – wie von den Beklagten behauptet – mündlich eine andere Vereinbarung getroffen haben. Bezüglich der anderen Betriebskosten des Untergeschosses ist die Vereinbarung nach § 29 Nr. 2 des schriftlichen Mietvertrages allerdings wirksam. Eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten liegt nicht vor, so dass sie in die anderen, durch Differenzberechnung ermittelten Betriebskosten für das Untergeschoss zahlen müssen.
Auch weitere, von den Beklagten vorgebrachten Einwände bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.
Die Kosten für die Grundstückspflege kann der Kläger verlangen. Die Umlage haben die Parteien im schriftlichen Mietvertrag vereinbart. Eine entgegenstehende mündliche Abrede, nämlich die behauptete Vereinbarung, dass die Mieter den Heckenschnitt durchführen und hierfür
die Kosten für die Grundstückspflege entfallen sollen, hatten die Beklagten zu beweisen. Diesen Beweis konnten sie indessen nicht führen.
Beweisfällig sind sie schließlich auch für die Behauptung geblieben, dass die Heizung im Bad nicht richtig funktioniere und das Bad von Schimmel befallen sei. Die von den Beklagten insoweit behaupteten Mängel können sich auch auf die Betriebskostenabrechnung auswirken.
Denn nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird eine Mietminderung auf der Grundlage der Warm-, nicht der Kaltmiete berechnet. Allerdings haben die für das Vorliegen eines zur Mietminderung führenden Mangels beweisbelasteten Beklagten den Vorschuss für den Sachverständigen nicht eingezahlt. Sie vermochten daher nicht zu beweisen, dass im Bad der Wohnung die von ihnen behaupteten Mängel im Abrechnungszeitraum vorgelegen haben.
Dem Zahlungsanspruch des Klägers aus den Betriebskostenabrechnungen können die Beklagten auch nicht den Einwand von Treu und Glauben ( § 242 BGB) oder einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Nachforderung aus den Betriebskostenabrechnungen wegen Verschuldens beim Vertragsabschluss mit der Begründung entgegenhalten, dass der Kläger die
Beklagten über die Höhe einer auf sie zukommenden Nachforderung nicht hinreichend aufgeklärt habe. Denn dem Kläger oblag keine Aufklärungspflicht gegenüber den Beklagten mit dem Inhalt, dass die Vorauszahlungen auf die Betriebskosten möglicherweise deren tatsächliche
Höhe unterschreiten können. Es ist vielmehr Sache des Mieters, sich bei diesen dem Mietvertrag betreffenden Punkte zu informieren und ggfs. Aufklärung vom Vermieter zu verlangen (BGH, Urteil vom 28.04.2004, Az.: XII ZR 21/02, Rn. 21). Lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände kann sich eine Pflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter zur kostendeckenden Vorschussfestsetzung ergeben, etwa dann, wenn der Vermieter eine bestimmte Kostenhöhe gegenüber dem Mieter versichert hat oder den Mieter hinsichtlich der Mietkosten getäuscht hat (BGH, Urteil vom 11.02.2004, VIII ZR, 195/03). Zu solchen besonderen Umständen haben die
Beklagten allerdings keinen Sachvortrag gehalten. Im Ergebnis kann der Kläger daher die Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2013 für das Erdgeschoss in voller Höhe und für das Untergeschoss in Höhe von 309,15 € verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92, 100 ZPO.

Bei der Kostenentscheidung war zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie einen Teil der Klageforderung, nämlich den vom Kläger geltend gemachten Mietrückstand für August 2014 in Höhe von 232,00 €, nach Rechtshängigkeit beglichen und diese Forderung aus pro
zessökonomischen Gründen anerkannt haben. Die Kosten der Teilklagerücknahme waren zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.“

AG Bautzen, Urteil vom 30.11.2016 – 20 C 56/15

Erstattungsanspruch der eigenen Rechtsanwaltskosten bei der Schadensregulierung eines Verkehrsunfalls eines Rechtsanwalts

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 1.9.2015 – 21 C 348/15) hat ein Rechtsanwalt gegenüber dem Schädiger einen Erstattungsanspruch für die eigenen Rechtsanwaltskosten bei der Schadensregulierung eines eigenen Verkehrsunfalls.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

[…]

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]

gegen

[…] Versicherung AG, […]

vertreten durch d. Vorstand

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigter:

[…]

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Bautzen durch

[…]

ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO am 01.09.2015

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 124,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 08.08.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens des Klägers verauslagten Gerichtskosten Zinsen i.H.v. 4 Prozent seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf bis 500,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Entfälltgemäß § 313a ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Form von Rechtsanwaltskosten gemäß §§7, 18 StVG, 823, 249 BGB, 115 VVG.

I.

a) Unstreitig wurde das Fahrzeug des Klägers am 15.07.2014, gegen 11.20 Uhr, auf der […]straße in Bautzen durch einen Lkw, welcher am Unfalltag bei der Beklagten haftpflichtversichert war, beschädigt. Insoweit ist die Beklagte zu 100% einstandspflichtig.

b) Gemäß § 249 BGB sind Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts in der konkreten Situation erforderlich und auch zweckmäßig war.

Dabei ist der Beklagtenseite zuzustimmen, dass in einfach gelagerten Schadensfällen, in welchen die Haftung nach Grund und Höhe derart klar Ist, dass aus der Sicht des Geschädigten kein Anlass zu zweifeln an der Ersatzpflicht des Schädigers steht, die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs durch Einschaltung eines Rechtsanwalts nur dann erforderlich ist, wenn der Geschädigte selbst hierzu aus besonderen Gründen nicht in der Lage. Jedoch ist nach Ansicht des Gerichts aufgrund der Komplexität heutiger Schadensregulierungen ein einfacher Fall im Straßenverkehr nur in absoluten Ausnahmefällen vorhanden. Es sind dann insbesondere Missbrauchskonstellationen denkbar, bei denen die Beauftragung eines Rechtsanwalts geradezu als unvernünftige oder bloß schikanöse Ausnutzung von Ersatzansprüchen erfolgt (vgl. Wagner, NJW 2006, 3244, 3248). Außerdem ergibt sich die Berechtigung zur Einschaltung eines Rechtsanwalts auch aus dem Grundsatz der Waffengleichheit, da die Beklagte als Haftpflichtversicherer über eine Rechtsabteilung und entsprechend über ein juristisch geschultes und erfahrenes Personal bzgl. der Abwicklung von Schadensfällen verfügt (AG Darmstadt. ZfS 2002, 71; AG Kassel, NJW 2009, 2898).

Ebenso ist der Beklagtenseite zuzugestehen, dass ein Ersatz für aufgewandte Zeit nicht verlangtwerden kann. Allerdings handelt es sich hier nicht um einen Schadensersatz wegen aufgewandter Zeit, sondern um die Ersatzpflicht für die Beauftragung eines Rechtsanwalts. Die Ersatzpflicht entfällt auch nicht, wenn der Klägerselbst als Rechtsanwalt tätig wurde (vgl. Palandt, § 249 Rdnr. 57). Dabei ist nicht ersichtlich, weswegen ihm eine entsprechende und übliche Vergütung nicht zugesprochen werden sollte. Seine durch den Beruf erworbenen Fähigkeiten können ihn nicht derart zum Nachteil ausgelegt werden, dass ihm eine anwaltliche Tätigkeit im eigenen Interesse unvergütet bleibt. Allein die persönlichen Verhältnisse beim Schädiger oder Geschädigten begründen keinen Anspruch auf Ermäßigung des Schadensersatzes. Insoweit ist es dem Geschädigten nicht zuzumuten, seine besonderen beruflichen Fähigkeiten in den Dienst des Schädigers zu stellen (vgl. AG Halle, Urteil vom 28.04.2010, Az; 2 C 876/09).

Außerdem geht das Gericht davon aus, dass hier kein derartig einfach gelagerter Fall vorliegt, so dass die Abrechnung der Rechtsanwaltskosten sich als rechtsmissbräuchlich darstellen würde. Laut Vortrag des Klägers wurde durch die Beklagtenseite nur auf der Grundlage einer Haftungsquote von 75 zu 25 abgerechnet, da sich das Fahrzeug des Klägers zu nah an einem Kreuzungsbereich befunden habe. Dieser Vortrag wurde schließlich auch von der Beklagtenseite nicht bestritten. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass die vollständige Einstandspflicht der Beklagtenseite gerade nicht bereits zu Beginn der Schadensregulierung unstreitig war.

c) Auch die Höhe der Klageforderung ist begründet. Sie ergibt sich aus einem Gegenstandswert i.H.v. 638,37 € sowie einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG sowie der Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 W RVG. Substantiierte Einwände gegen die Höhe wurde auch von der Beklagtenseite nicht erhoben.

d) Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I BGB. Auch wenn eine Haftpflichtversicherung einer Prüfungspflicht von 4 – 6 Wochen einzuräumen ist, so hat dies allerdings keinen späteren Eintritt der Fälligkeit zur Folge. Einerseits wäre das Abstellen auf den Prüfungszeitraum, weicher je nach Einzelfall 4 – 6 Wochen umfassen kann, zu unbestimmt, um einen Zeitpunkt zur Verzinsung festzulegen und andererseits ergeben sich die Verzugszinsen aus den gesetzlichen Regelungen und können durch einen Prüfungszeitraum nicht umgangen werden.

e) Der Ausspruch zum Feststellungsantrag ergibt sich ebenfalls aus Verzugsgesichtspunkten (vgl. LG Görlitz, Urteil vom 07.07.2014, Az: 12 82/14). Die Gerichtskosten sind Teil des Schadens, der infolge des Verzugs mit der der Klage zugrunde liegenden Hauptforderung entstanden und als solcher mit seinem Eintritt während des Verzugs gemäß § 288 IBGB zu verzinsen ist (vgl. AG Bad Segeberg, Urteil vom 08.11.2012, Az; 17 a C 256/10).“

AG Bautzen, Urteil vom 1.9.2015 – 21 C 348/15

Anspruch eines Autohauses auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren

Nach dem Urteil des Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 31.7.2015 – 21 C 24/15) hat grundsätzlich auch ein Autohaus einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Schadensregulierung.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

Autohaus […]

vertreten durch den Geschäftsführer […]

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]

gegen

[…] Versicherung[…]

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Bautzen durch

Richter […]

im schriftlichen Verfahren, in welchem Schriftsätze bis zum 05.06.2015 eingereicht werden konnten,

am 31.07.2015

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 630,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 630,80 € seit dem 06.08.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist. auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Znsen in Höhe von 4% seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Soweit der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € nicht übersteigt, wird die Berufung nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 630,80 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin macht weitergehende Schadensersatzansprüche in Form von Honorarkosten aus einem Verkehrsunfall vom 10.07.2014, gegen 10:30 Uhr beim Unfallort […] geltend.

Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Halterin des Pkw Typ VW Caddy mit dem amtlichen Kennzeichen […] und der Fzg.ldent,-Nr. […]. Die Beklagte war die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen […]. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte dem Grunde nach vollumfänglich haftet.

Die Beklagte hat die geltend gemachten Schadensersatzansprüche bis auf die geltend gemachten anwaltlichen Honorarkosten erstattet. Mit anwaltlichen Schreiben vom 22.07.2014, vom 18.08.2014, vom 09.09.2014 und vom 30.09.2014 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Schadensersatzansprüche geltend und setzte jeweils entsprechende Zahlungsfristen. Insgesamt wurden für Fahrzeugschaden, Kosten für Schadengutachten, Unkostenpauschale, Nutzungsausfallentschädigung und die Akteneinsichtspauschale für die Ermittlungsakte eine Forderung in Höhe von 7.614,00 € geltend gemacht. Aus diesem Gegenstandswert berechnete die anwaltliche Vertretung der Klägerin eine 1,3-fache Geschäftsgebühr und eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 W RVG sowie eine Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 W RVG. Somit ergibt sich eine Kostennote in Höhe von 630,80 €. 

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass Anwaltskosten auch für Autohäuser, Leasing- und Mietwagenunternehmen erstattungsfähig seien. Aufgrund der wachsenden Komplexität und der unübersichtlich gewordenen Rechtsprechung zum Ansatz und zur Angemessenheit einzelner Schadenspositionen bei Verkehrsunfällen seien Rechtsanwaltsgebühren grundsätzlich erstattungsfähig. Seltene Ausnahmen hierzu bestünden nur in Fällen, wenn ein Unternehmen bei spielsweise eine eigene Rechtsabteilung besitze. Die Klägerin habe unstreitig keine eigene Rechtsabteilung. Weiterhin gebe es für den Rechtsunkundigen keinen einfach gelagerten Verkehrsunfall. Dies gelte auch dann, wenn es sich bei den Geschädigten um eine mittelständige gewerbliche Autovermietung ohne eigene Rechtsabteilung handele.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 630,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 630,80 € seit dem 06.08.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 4% seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass aufgrund der Besonderheiten des Schadensfalles die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nicht in Betracht komme.

Bereits am 22.07.2014 sei der Klägerin eine Reparaturkostenübernahmeerklärung für das streitgegenständliche Fahrzeug übersandt worden. Es liege hier eine eindeutige Haftungsfrage vor. Die Geschädigte ist ein Autohaus, so dass diese geschäftlich gewandt sei und Erfahrungen in der Abwicklung von Verkehrsunfällen besitze. Schließlich habe bereits 12 Tage nach dem Unfall eine Reparaturkostenübernahmeerklärung vorgelegen. Daher seien die Anwaltskosten nicht ersetzbar, da die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes hier nicht erforderlich gewesen sei. Der Sachverhalt sei von vornherein klar und unstreitig gewesen, der Geschäftsführer der Klägerin oder ein anderer Mitarbeiter habe über die geschäftliche Gewandtheit verfügt, eine entsprechende Unfallregulierung selbst vorzunehmen.

Die Klägerin repliziert darauf, dass es richtig sei, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.07.2014 sich gemeldet habe. Allerdings habe sie darin nicht ihre Zahlungswilligkeit signalisiert. Gerade mit diesem Schriftsatz sei die Ursache fürdie Einschaltung eines Rechtsanwaltes durch die Klägerin gesetzt worden. Denn darin sei lediglich die Zahlung eines geringeren Reparaturkostenbetrages in Aussicht gestellt und auf erfolgte Abzüge verwiesen sowie die Vornahme weiterer Abzüge ausdrücklich vorbehalten worden. Außerdem dürfe nach der aktuellen Rechtsprechung bis zum vollständigen Ausgleich sämtlicher berechtigter Forderungen des Geschädigten dieser sich zu jeder Zeiteines Rechtsanwaltes bedienen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat einen weitergehenden Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 630,80 € gemäß §§ 7,17 StVG, §§ 823. 249 BGB, § 115 WG.

I.

a) Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist vorliegend unstreitig.

b) Gemäß § 249 Abs. 1 und 2 BGB muss derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Hierzu kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Hierzu schließt sich das Gericht der Ansicht an, dass grundsätzlich zu den erforderlichen Kosten auch die außergerichtlichen Kosten eines Anwaltes zur Durchsetzung der Schadensersatzforderungen gehören. Angesichts der Komplexität heutiger Schadensregulierungen unter mannigfaltigen Regulierungserschwernissen benötigt der Geschädigte anwaltliche Hilfe bei der Beurteilung der Haftungslage, für das Wissen um die ersatzfähigen Schadenspositionen und zur sachgerechten Durchsetzung seiner Ansprüche.

Ausnahmsweise kann dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht entgegengehalten werden, dass er sich keines Rechtsanwaltes bedienen musste, wenn er beispielsweise eine eigene Rechtsabteilung hat. Ebenso spricht Einiges dafür, dass sich der Geschädigte keines Anwaltes bedienen muss, wenn die Haftungslage derart eindeutig ist, dass die Haftpflichtversicherung sofort die Haftung dem Grunde nach und der Höhe nach anerkennt.

Jedoch kann dies vorliegend dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein rechtlich einfach gelagerter Verkehrsunfall vorlag, da die Beklagte in ihrem Schreiben vom 22. Juli 2014 gerade nicht den Anspruch der Höhe nach vollumfänglich anerkannt hat. Vielmehr heißt es in dem Schreiben, welches von der Beklagtenseite als Anlage B 1 vorgelegt wurde, dass die unfallbedingten Reparaturkosten von maximal 5.540,80 € brutto übernommen würden. Nach unstreitigen Vortrag der Klägerseite entstanden jedoch Reparaturkosten in Höhe von 6.147,85 € netto. Außerdem wurden Abzüge, welche der Anlage zu entnehmen waren, gemacht. Weitere Abzüge wurden vorbehalten; Verbringungskosten wurden gekürzt. Somit lag gerade kein vollumfängliches Anerkenntnis vor. Mit außergerichtlichen sowie gerichtlichen Auseinandersetzungen durfte daher die Klägerin rechnen. In einem solchen Fall ist dann die Klägerin als Geschädigte berechtigt, sich anwaltlicher Beratung zu bedienen. Dies giltauch, wenn es sich bei der Geschädigten um eine Autovermietung und Reparaturwerkstatt handelt (vgl. AG Bernkastel – Kues, ZfS 2003, 201). Dies ergibt sich unter anderem aus dem Grundsatz der Waffengleichheit, da die Beklagte als Haftpflichtversicherer über eine Rechtsabteilung und entsprechend über ein juristisch geschultes und erfahrenes Personal bezüglich der Abwicklung von Schadensfällen verfügt (AG Darmstadt, ZfS 2002, 71). Dass die Klägerin als Geschädigte jedoch nicht über eine Rechtsabteilung verfügt, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Insofern durfte sich die Klägerin eines Rechtsanwaltes zur Durchsetzung ihrer Forderungen bedienen.

c) Einwände gegen die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren in Form einer 1,3 Gebühr aus dem Gegenstandswert von 7.614,00 € sowie der Auslagenpauschale und der Dokumentenpauschale wurden von der Beklagten nicht erhoben.

d) Die Entscheidung zu den Verzugszinsen und den Feststellungsantrag (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Urteil vom 01.03.2012, Az.: 26 U 11/11, zitiert nach Juris) ergeben sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB.“

AG Bautzen, Urteil vom 31.7.2015 – 21 C 24/15

Anwendungsbereich des Vollstreckungsschutzantrags gemäß § 765a ZPO

Nach dem Beschluss des Amtsgerichts Bautzen (AG Bautzen, Beschluss vom 25.6.2015 – 3 M 1043/15) ist der Anwendungsbereich des Vollstreckungsschutzantrags gemäß § 765a ZPO eng auszulegen.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„BESCHLUSS

In der Zwangsvollstreckungssache

[…]

– Gläubigerin –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: Z-[…]

gegen

[…]

– Schuldnerin –

wegen Vollstreckungsschutzantrag § 765 a ZPO

ergeht am 25.06.2015 nachfolgende Entscheidung:

1. Der Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin gem. § 765a ZPO vom 04. und 05.06.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Schuldnerin.

Gründe

Die Gläubigerin betreibt die Zwangsräumung gegen die Schuldnerin aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgericht Bautzen vom 13.02.2015 […]. Der von ihr beauftragte Gerichtsvollzieher teilte der Schuldnerin mit Schreiben vom 01.06.2015 […] mit, dass er im Gläubigerauftrag am 08.07.2015 die Schuldnerin zwangsräumen werde, falls sie nicht freiwillig ausziehe.

Die Schuldnerin beantragt mit Schreiben vom 04.06.2015 und Schreiben, Eingang bei Gericht am 05.06.2015, im Wege des Vollstreckungsschutzes nach § 765a ZPO die einstweilige Einstellung des Räumungsverfahrens und Gewährung einer Räumungsfrist bis zum 31.03.2016.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sie in dem Objekt eine Pension betreibt und noch Übernachtungsverträge bis Ende 2015 zu erfüllen hat. Sie ist 66 Jahre alt, sei gesundheitlich stark angeschlagen und könne einen Umzug nicht bewältigen. Weiter trägt sie vor, sie habe keine Mittel für eine neue Wohnung und Kaution sofort zur Verfügung. Auch seien Interessen eines Mieters durch die Räumung gefährdet.

Die Gläubigerin wurde zu dem Antrag gehört und hat mit Schreiben vom 12.06.2015 beantragt, den Antrag abzuweisen. Wegen der Begründung wird auf das der Schuldnerin bekannt gegebene Schreiben Bezug genommen.

Der Antrag auf Vollstreckungsschutz ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag d. Schuldners/in eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen. Die Anwendung des § 765a ZPO setzt voraus, dass die Vollstreckungsmaßnahme wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist und moralisch zu beanstanden wäre.

§ 765a ZPO ist eine absolute Ausnahmevorschrift und als solche trotz eines scheinbaren Ermessensspielraums eng auszulegen. Für die Anwendung des § 765a ZPO genügen weder allgemeine wirtschaftliche Erwägungen noch soziale Gesichtspunkte. Mit Härten, die jede Zwangsvollstreckung mit sich bringt, muss sich die Schuldnerin grundsätzlich abfinden (vgl. Zöller/Stöber. ZPO. § 765a Rn. 5).

§ 765a verlangt eine Interessenabwägung zwischen Schuldner und Gläubiger. Wertentscheidungen des Grundgesetzes sind zu berücksichtigen (Schutz des Eigentums, Art. 14 Grundgesetz; wirksamer Rechtschutz Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz). Das Schutzbedürfnis des Gläubigers muss stets voll und nachhaltig gewürdigt werden. Der Gläubiger hat aufgrund seines Titels ein schutzwürdiges Vollstreckungsinteresse. Er ist grundsätzlich berechtigt, seinen titulierten Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, wenn der Schuldner seine Verpflichtung nicht freiwillig erfüllt. Die Schwierigkeiten und sozialen Nöte des Schuldners dürfen nicht einseitig berücksichtigt werden. Nur bei einem krassen Missverhältnis der für und gegen die Vollstreckung sprechenden Interessen kann Vollstreckungsschutz für den Schuldner gewährt werden. Die Umstände müssen eindeutig sein und so stark zugunsten des Schuldners sprechen, dass für Zweifel kein Raum bleibt (Zöller/Stöbera.a.O. Rn. 6 mit weiteren Nachweisen).

Eine Überschreitung der verfassungsrechtlichen Vollstreckungsgrenze ist vorliegend nicht erkennbar. Ein besonderer Härtefall, der die Vollstreckungsmaßnahme der Gläubigerin als sittenwidrig erscheinen lässt, ist nicht erkennbar. Umstände, an deren Vorliegen strenge Voraussetzungen zu stellen sind, die die Zwangsräumung für die Schuldnerin unzumutbar machen, sind weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

Die von der Schuldnerin behauptete schlechte gesundheitliche Verfassung und ihr Alter von 66 Jahren stellen keinen Grund dar, Vollstreckungsschutz zu gewähren. Einfach Krankheit der Schuldnerin genügt nicht, auch nicht die Gefahr psychogener Störungen (OLG Köln MDR 1988, 152). Die behauptete Gesundheitsgefahr ist nicht anhand konkret objektivierbarer Umstände und Merkmale nachgewiesen. Im Übrigen sind an die Konkretisierung der Gesundheitsgefahr strenge Anforderungen zu stellen (OLG Köln Rpfleger 1990, 30, LG Mainz NJW-RR 1998, 1451). Die Schuldnerin hat auch in keiner Weise vorgetragen, inwieweit sie sich fachärztlich behandeln lässt, um den Zustand zu verbessern.

Vollstreckungsverfahren stellen immer eine Belastung psychischer und auch physischer Art für Vollstreckungsschuldner dar. Dies ist den Besonderheiten des Vollstreckungsverfahrens mit dessen teilweise einschneidenden Veränderungen geschuldet. Es handelt sich daher um eine allgemeine mit allen Vollstreckungsverfahren einhergehende Härte.

Die Schuldnerin musste bereits mit Beginn des Zwangsversteigerungsverfahrens, also seit geraumer Zeit, mit einer möglichen Räumung rechnen und konnte so die Führung des Pensionsbetriebs entsprechend einrichten, sich um eine neue Wohnung kümmern und sich die dafür benötigten Mittel beschaffen.

Auf die Interessen eines Mieters kann sich die Schuldnerin für Gewährung von Vollstreckungsschutz nicht berufen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Schuldnerin zu tragen, § 788 ZPO.“

AG Bautzen, Beschluss vom 25.6.2015 – 3 M 1043/15

Fehlende Klagebefugnis für eine Vollstreckungsabwehrklage eines von einer Räumung betroffenen Mitbesitzers

Durch das Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Beschluss vom 25.6.2015 – 21 C 510/15) wurde entschieden, dass ein von einer anstehenden Räumung betroffener Mitbesitzer keine Klagebefugnis für eine Vollstreckungsabwehrklage hat.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„BESCHLUSS

in dem Rechtsstreit

[…]

– Kläger –

gegen

[…]

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]

wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung

erlässt das Amtsgericht Bautzen durch erlässt das Amtsgericht Bautzen durch

am 25.06.2015

nachfolgende Entscheidung:

Der Antrag vom 10.06.2015 auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Schreiben des Obergerichtsvollziehers […] wird zurückgewiesen.

Gründe

Mit Schriftsatz vom 10.06.2015 erhob der Kläger Klage nach § 767 ZPO und beantragte die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Hierbei bezieht er sich auf ein Schreiben des OGV […].

Zur Begründung führt er an, dass die Beklagte gegen seine Ehefrau ein Zwangsversteigerungsverfahren geführt hatte und ggf. ein Anspruch auf Räumung habe. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses sei ihm nicht zugestellt worden. Außerdem seien ihm keine Räumungsfristen gewährt worden.

Die Beklagte trägt vor, dass eine Klage gegen die Zwangsvollstreckungsankündigung eines Gerichtsvollziehers nicht möglich sei. Ferner seien keine Gründe vorgetragen worden, die Einwendungen im Sinne von § 767 ZPO darstellen würden.

Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unzulässig und unbegründet.

Gem. § 769 Abs. 1 ZPO kann das Prozessgericht auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in §§ 767, 768 ZPO bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt wird.

Hierzu bedarf es einer Hauptsacheklage und die Glaubhaftmachung der tatsächlichen Behauptungen. Hier wurde zwar in der Hauptsache Klage erhoben, jedoch ist der Klageantrag unzulässig. Laut Antrag richtet sich die Klage gem. § 767 ZPO gegen das Schreiben des Obergerichtsvollziehers […]. Dies stellt aber keinen Titel dar.

Weiterhin ist der Kläger nicht Schuldner im Sinne von § 767 ZPO. Diesbezüglich fehlt ihm die Aktivlegitimation.

Soweit angegeben wird, dass der Zustellungsbeschluss nicht zugestellt worden sei, so stellt dies keine Einwendung im Sinne von § 767 ZPO dar, sondern könnte allenfalls im Rahmen von § 766 ZPO Berücksichtigung finden. Allerdings ist hierfür das Vollstreckungsgericht zuständig. Das allgemeine Zivilgericht kann dazu keine Entscheidung treffen.

Außerdem wendet sich der Kläger gegen die Räumung. Hier könnte zwar gem. § 93 ZVG der Zuschlagsbeschluss den Räumungstitel darstellen. Eine hiergegen eingelegte Beschwerde wurde bereits vom Landgericht Görlitz, Außenkammer Bautzen am 25.03.2015 zurückgewiesen. Darüber hinaus ist aber bereits fraglich, ob auch hierfür eine Zuständigkeit der allgemeinen Zivilabteilung am Amtsgericht gegeben ist. Zuständig ist nämlich das Gericht, welches den Vollstreckungstitel geschaffen hat. also hier das Vollstreckungsgericht.

Soweit eingewandt wird, dass Räumungsfristen nicht gewährt wurden, so ist nicht ersichtlich, inwieweit dies auf den Zuschlagsbeschluss Einfluss gehabt haben sollte. Die beantragten Räumungsfristen können gem. § 765a ZPO ebenfalls nur vor dem Vollstreckungsgericht beantragt werden. Diesbezüglich wurde aber bereits durch den Kläger ein Antrag gestellt […].

Weitergehende Einwendungen gegen den Zuschlagsbeschluss werden nicht erheben. Deshalb ist der Antrag sowohl auf einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückzuweisen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsbehelf nicht gegeben.“

AG Bautzen, Beschluss vom 25.6.2015 – 21 C 510/15

Haftungsverteilung 30% zu 70% bei einem Verkehrsunfall zwischen einem nach rechts in eine Grundstückseinfahrt einbiegenden Transporter und einem rechts überholenden Lkw

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt a. M. (AG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.11.2014 – 31 C 2372/11 (83)) ist bei einem Verkehrsunfall zwischen einem nach rechts in eine Grundstückseinfahrt einbiegenden Transporter und einem rechts überholenden Lkw eine Haftungsverteilung 70% zu 30% zu Lasten des Lkw vorzunehmen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

[…]

Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstr. 15, 02625 Bautzen

Geschäftszeichen: […]

gegen

1. [Fahrzeugführer]

2. [Halter des Fahrzeugs]

3. [Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs]

Beklagte

Prozessbevollmächtigte zu 1, 2, 3: […]

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch den Richter am Amtsgericht […] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2014 für Recht erkannt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.251,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.03.2011 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 179,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.10.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 56% und die Beklagten 44% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagten Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 2.855,64 Euro.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Am 13.01.2011 gegen 6:30 Uhr morgens kam es zwischen Kläger- und Beklagtenfahrzeug zu einem Verkehrsunfall […] im Bereich […] in Höhe der dort befindlichen […] Tankstelle.

Das Klägerfahrzeug war ein PKW vom Typ MB Vito 111 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen […], dessen Halterin die Klägerin ist. Fahrer des Klägerfahrzeugs war der Zeuge […] B[…]. Das Beklagtenfahrzeug war ein LKW vom Typ MAN TGA03 A250 mit dem amtlichen Kennzeichen […], den der Beklagte zu 1. fuhr. Die Beklagte zu 2. war Halterin und die Beklagte zu 3. die Haftpflichtversicherung des LKW.

Die Fahrzeuge kollidierten im Bereich der rechten Seite des Kläger- und der linken Seite des Beklagtenfahrzeugs miteinander, als der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs rechts am Kiägerfahrzeug vorbeifahren wollte. Das Klägerfahrzeug wurde am rechten Außenspiegel sowie im Bereich der Beifahrertür und des rechten Kotflügels beschädigt. Das Beklagtenfahrzeug wurde im Bereich der Stoßstange vorne links und im Bereich der Fahrertür beschädigt.

Das Klägerfahrzeug wurde für brutto 4.697,05 Euro […] repariert, wobei die Klägerin das Fahrzeug acht Tage nicht nutzen konnte.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 04.02.2011 forderte die Klägerin die Beklagte zu 3. auf, die Haftung aus dem Unfall dem Grunde nach anzuerkennen. Mit Anwaltsschreiben vom 02.03.2011 forderte die Klägerin die Beklagte zu 3. auf, eine Zahlung in Höhe von 5.034,46 Euro zu leisten […]. Mit Schreiben vom 23.08.2011 teilte die Beklagte zu 3. mit, dass sie eine Haftungsteilung für angemessen halte und, dass sie 2.451,33 Euro an die Klägerin gezahlt habe […].

Die Klägerin behauptet, der Zeuge B[…] habe unmittelbar vor dem Unfall mit einer leichten Lenkbewegung nach links ausholen müssen, um nach rechts in die Grundstückseinfahrt […] einfahren zu können. In diesem Moment sei das von hinten kommende Beklagtenfahrzeug in die rechte Seite des Klägerfahrzeugs gefahren. Zuvor habe der Zeuge B[…] den Fahrtrichtungsanzeiger nach rechts gesetzt, die Geschwindigkeit verringert und mit Blicken in Rück-, rechten Seitenspiegel und über die rechte Schulter versichert, dass sich kein anderes Fahrzeug neben ihm befunden oder zum Überholen angesetzt habe. Die Klägerin meint, ihr stünde gegen die Beklagten ein Anspruch in Höhe von insgesamt 5.348,77 Euro zu, auf den die Beklagte zu 3. lediglich 2.491,33 Euro gezahlt habe […].

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch 2.855,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4% aus 4.397,10 Euro für die Zeit vom 14.1.2011 bis um 22.3.2011 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 5.348,77 Euro seit dem 23.3.2011 bis zum 24.8.2011 und weitere Zinsen In Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins satz nach § 247 BGB aus 2.855,64 Euro seit dem 25.8.2011 zu zahlen.
  2. die Beklagten werden darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch 239,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basis zinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, der Fahrer des Klägerfahrzeugs habe den Unfall verursacht. Er sei trotz angekündigten Linksabbiegevorgangs und Einordnens auf dem Fahrstreifen nach links in Richtung der Tankstelle ohne Setzen eines Blinkers plötzlich nach rechts geschwenkt, so dass der sich im Geradeausverkehr normal weiter bewegende Beklagte zu 1., der am Kläger fahrzeug vorbeifahren wollte, keine Chance gehabt habe, dem Klägerfahrzeug auszuweichen.

Auch sei der Fahrer des Klägerfahrzeugs seiner Rückschauverpflichtung nicht nachgekommen, da er das Beklagtenfahrzeug ansonsten hätte sehen müssen. Dass sich das Klägerfahrzeug nach links eingeordnet habe, ergebe nur Sinn, wenn in Richtung der Tankstelle gefahren werden sollte. Ein Ausholen nach links sei zum Abbiegen nach rechts in die Einfahrt nicht erforderlich gewesen. Die Beklagten tragen vor, die geltend gemachten Abschleppkosten seien nicht zu ersetzen, da diese abgetreten worden seien.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen […] B[…], […] K[…], […] H[…] und […] S[…] sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf die Protokolle zu den Beweisaufnahmen des Amtsgerichts Bautzen vom 25.04.2012 […], 10.05.2012 […], des Amtsgerichts Löbau vom 30.10.2012 […] und des Amtsgerichts Zittau vom 07.05.2013 […] sowie auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr.-lng. […] K[…] vom 31.03.2014 […] wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Im Übrigen hat die Klage in der Sache keinen Erfolg.

I.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 7, 18, 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG in Höhe von 1.251,01 Euro zu.

1.

Die Voraussetzungen der Haftung der Beklagten dem Grunde nach gemäß §§ 7 Abs. 1 und 18 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WG, 1 PflVG, 823, 249 BGB liegen vor. Das Klägerfahrzeug wurde beim Betrieb des Beklagtenfahrzeugs beschädigt. Die Halterhaftung der Beklagten zu 2. resultiert aus § 7 Abs. 1 StVG, die Haftung des Beklagten zu 1., der das Beklaglenfahrzeug gefahren ist, folgt aus § 18 StVG. Der Anspruch kann gemäß §§115 WG, 1 PflVG auch direkt gegen den Haftpflichtversicherer, d.h. gegen die Beklagte zu 3., geltend gemacht werden.

Die Ersatzpflicht der Beklagten zu 2. ist nicht gemäß § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen. Der Unfall wurde nicht durch höhere Gewalt verursacht. Die Ersatzpflicht des Beklagten zu 1. ist nicht wegen § 18 Abs. 1 S. 2 StVG ausgeschlossen, da der Schaden nicht nicht durch ein Verschulden des Beklagten zu 1. verursacht worden ist.

2.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem Unfall jedoch nur im Umfang einer Haftungsquote von 70% zu.

a)

Gemäß § 17 Abs. 1, 2, 18 Abs. 3 StVG hängt bei einer Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge auch im Verhältnis der Fahrzeughalter und -führer untereinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Nach der unter Berücksichtigung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge gemäß §§ 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG vorzunehmende Haftungsabwägung trägt derjenige Halter bzw. Fahrer der unfallbeteiligten Fahrzeuge den größeren Verantwortungs- und damit auch den größeren Haftungsanteil, dessen Verhalten den Eintritt des Schadens in höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat (vgl. BGH NJW 98,1137).

b)

Die Ersatzpflicht nach § 17 Abs. 1, 2 StVG ist vorliegend nicht aufgrund von § 17 Abs. 3 StVG ausgeschlossen. Nach § 17 Abs. 3 StVG ist die Verpflichtung zum Ersatz für denjenigen Unfallbeteiligten ausgeschlossen, aus dessen Sicht den der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht worden ist. Als unabwendbar gilt ein Ereignis gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 StVG nur dann, wenn sowohl der Halter wie der Fahrer jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben. Dies Ist vorliegend indes nicht geschehen.

Weder der Fahrer des Klägerfahrzeugs noch der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs haben die nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet. Der Fahrer des Kiägerfahrzeugs hat die Sorgfaltsanforderungen aus §§ 9 Abs. 1, Abs. 5, 10 S. 2 StVO missachtet. Der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs hat beim Überholen des Klägerfahrzeugs gegen § 5 StVO verstoßen.

Das Gericht ist unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung sowie aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme gemäß § 286 Abs. 1 ZPO davon überzeugt, dass der Unfall sich ereignet hat, als das Klägerfahrzeug, nachdem es auf die Straße […] abgebogen war, die keine Fahrstreifenmarkierung aufwies, und ohne Benutzung eines Fahrtrichtungsanzeigers sowie ohne Tätigung eines Schulterblicks sich in Richtung Tankstelle orientiert hat, als das Beklagtenfahrzeug versucht hat, rechts zu überholen. Dies, obwohl dem Beklagtenfahrzeug ein Überholen ohne Nutzen des neben der Straße befindlichen Gehstreifens nicht möglich war und nicht klar war, ob das Klägerfahrzeug tatsächlich nach links in Richtung Tankstelle fahren wird.

Hierbei stützt sich das Gericht auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des schriftlichen Sachverständigengutachtens zum Unfallhergang und zur Unfallposition der Fahrzeuge zueinander sowie im Verhältnis zu den örtlichen Begebenheiten. Der Sachverständige hat aufgrund der Aussage des Zeugen B[…], der mitgeteilt hat, dass der LKW nach der Kollision halb auf Rad- und Fußweg rechts gestanden habe, und aufgrund des in Höhe des Unfallortes befindlichen Straßenschildes sowie der Unfallschäden an den Fahrzeugen dargetan, dass das Kfz der Klägerin sehr weit ausgeholt haben muss, d.h. einen Bogen gefahren sein muss, bevor es zur Kollision gekommen ist. Soweit die Zeugen K[…] und S[…] dahingegen angegeben haben, dass der Zeuge B[…] lediglich kurz nach links ausgeschwenkt sei, um in die Grundstückseinfahrt zu gelangen, ist das Gericht von der Richtigkeit dieser Aussagen schon aufgrund des Sachverständigengutachtens nicht überzeugt. Darüber hinaus haben die Zeugen B[…], der Fahrer des Klägerfahrzeugs gewesen ist, und des Zeugen H[…] einen solchen Linksschwenker nicht bestätigt, zumal nach den Angaben dieser Zeugen, was der Sachverständige bestätigte, ein solcher Schwenker zur Einfahrt in das Grundstück mit dem Klägerfahrzeug überhaupt nicht erforderlich gewesen ist.

Die Frage, ob der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs im Zeitpunkt der Kollision den Fahrtrichtungsanzeiger nach rechts angeschaltet hatte, vermochte die Beweisaufnahme aus Sicht des Gerichts nicht zu klären. Insofern geht das Gericht davon aus, dass der Fahrer des Klägerfahrzeugs keinen Blinker gesetzt hatte. Zwar haben die Zeugen B[…] und K[…] angegeben, dass der Zeuge B[…] einen Blinker gesetzt habe. Jedoch wurden diese Aussagen durch die Zeugen H[…] und S[…], die sich ebenfalls im Klägerfahrzeug befanden, nicht bestätigt. Entgegen den Zeugen B[…] und K[…] hat der Beklagte zu 1. im Rahmen seiner informatorischen Anhörung angegeben, dass das Klägerfahrzeug nach links und nicht nach rechts geblinkt habe. Bei seiner Würdigung der Aussagen der Zeugen B[…] und K[…] hat das Gericht berücksichtigt, dass nicht erklärlich ist, weswegen der Zeuge B[…] zunächst den Blinker rechts setzt, um dann – obwohl ein solcher Schlenker nach eigener Aussage des Zeugen B[…] für die Einfahrt in das Grundstück nicht erforderlich sei – sehr weit nach links zu fahren. Soweit der Beklagte zu 1. angegeben hat, der Zeuge B[…] habe nach links geblinkt, geht das Gericht auch hiervon nicht aus, zumal die Zeugen übereinstimmend angegeben haben, man habe nicht zur Tankstelle fahren wollen.

Das Gericht ist gemäß § 286 ZPO weiter davon überzeugt, dass der Fahrer des Klägerfahrzeugs, der Zeuge B[…], vor der Grundstückseinfahrt keinen Schulterblick nach rechts getätigt hat. Soweit die Klägerin dies vorgetragen hat, wird der Vortrag bereits durch die Zeugenaussage des Zeugen B[…] widerlegt. Der Zeuge hat angegeben, sich nur im Rückspiegel orientiert zu haben. Insoweit ist die Aussage des Zeugen K[…], der den Schulterblick gesehen haben will, unbeachtlich, zumal ein Schulterbiick vor einem Lenken nach rechts den Unfall hätte verhindern können, da der Zeuge B[…] dann den herannahenden Beklagten-LKW hätte sehen müssen.

c)

Im vorliegenden Fall treffen nach der Abwägung gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG die Beklagten aufgrund der erhöhten Betriebsgefahr sowie des Umstandes, dass der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs das Klägerfahrzeug entgegen § 5 Abs. 1 StVO rechts überholen wollte, obwohl aufgrund des Fahrverhaltens des Fahrers des Klägerfahrzeugs ein Fall des § 5 Abs. 7 S, 1 StVO nicht vorgelegen hat, ein größerer Verantwortungsanteil an dem Unfall. Dabei berücksichtigt das Gericht, dass der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs den Unfall ohne weiteres hätte vermelden können, wenn er abgewartet hätte, in welche Richtung das vor Ihm befindliche und damit gut sichtbare Klägerfahrzeug weiterfährt. Ein Fall des § 5 Abs. 7 S. 1 StVO liegt nicht vor. Danach ist, wer seine Absicht nach links abzubiegen, ankündigt und sich eingeordnet hat, rechts zu überholen. Nach den Feststellungen des Gerichts fehlt es bereits daran, dass der Fahrer des Klägerfahrzeugs angekündigt hat, dass er nach links abbiegen wollte. Ferner hat er sich nicht so weit nach links eingeordnet, dass es dem Beklagtenfahrzeug überhaupt möglich gewesen wäre, ohne Mitbenutzung des Gehstreifens an dem Klägerfahrzeug vorbeizufahren. Insofern galt die Regel des § 5 Abs. 1 StVO, wonach links zu überholen ist, wogegen der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs ebenso verstoßen hat, wie gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO, wo nach ein Überholen bei unklarerVerkehrslage unzulässig ist. Im vorliegenden Fall war unklar, ob der nicht blinkende Fahrer des Klägerfahrzeugs überhaupt nach links abbiegen wollte.

Auf Seiten der Klägerin war das Fehlverhalten des Zeugen B[…], der gegen die Sorgfaltsanforderungen der §§ 9 Abs. 1, Abs. 5, 10 S. 2 StVO verstoßen hat, zu berücksichtigen. Insoweit trifft die Klägerin einen Mitverursachungs- und damit einen Haftungsbeitrag in Höhe von 30%, zumal auch der Zeuge B[…] den Unfall durch einen Schulterbiick sowie ein klares Fahrverhalten in Richtung der rechtsseitigen Grundstückseinfahrt hätte verhindern können, wobei sich das Herannahen des Beklagtenfahrzeugs nicht in seinem direkten Blickfeld zugetragen hat.

d)

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs ist das Gericht von der von Klägerseite geltend gemachten Forderung von 5.348,77 Euro ausgegangen, die die Beklagten hinsichtlich der der Höhe nicht in Abrede gestellt haben. Soweit die Beklagten vorgetragen haben, die Abschleppkosten seien nicht zu ersetzen, da sie abgetreten worden seien, ist der Vortrag mangels hinreichender Substantiierung nicht zu berücksichtigen.

Nach der Haftungsquote von 70% stand der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagten in Höhe von 3.744,14 Euro zu. Diesen Anspruch hat die Beklagte zu 3. durch vorgerichtliche Zahlung in Höhe von 2.491,13 Euro teilweise erfüllt (§ 362 BGB). Der Klägerin steht gegen die Beklagten daher noch ein Anspruch in Höhe von 1.251,01 Euro zu.

Die Klägerin hat zudem gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 179,25 Euro. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gehören als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung ebenfalls zum ersatzfähigen Schaden.

Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch insoweit besteht jedoch nur in der Höhe, in welcher der Schadensersatzanspruch gegeben ist. Insoweit kann der Kläger von den Beklagten Kostenerstattung lediglich nach Maßgabe der Haftungsquote ausgehend von einem Streitwert von 3.744,14 Euro verlangen. Eine 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG beträgt nach dem vorliegend anwendbaren W RVG in der Fassung gültig bis 31.07.2013 318,50 Euro, abzüglich einer 0,65 Gebühr verbleiben 159,25 Euro. Zuzüglich 20,00 Euro Pauschale belaufen sich die vorgerichtlich notwendigen Rechtsanwaltskosten auf 179,25 Euro.

Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung resultiert aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Erstmals mit Anwaltsschreiben vom 02.03.2011 wurde die Beklagte zu 3. bis zum 09.03.2011 zur Zahlung aufgefordert. Hinsichtlich der Nebenforderung ergibt sich der Zinsanspruch aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Klage wurde den Beklagten am 21.10.2011 zugstellt.

IV.

Die Kostenentscheidung ergeht aufgrund von §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Ausgehend von dem Klageantrag in der Hauptsache in Höhe von 2.855,64 Euro hat die Klägerin in einem Umfang von 44% (Verhältnis 1.251,01 Euro / 2.855,64 Euro) obsiegt. Die geltend gemachte Nebenforderung ist gemäß § 43 Abs. 1 GKG dem Hauptanspruch im Rahmen des Kostenstreitwerts nicht zu berücksichtigen und wirkt sich daher nicht auf die Kostengrundentscheidung aus. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht für den Kläger gemäß § 709 ZPO und für die Beklagten gemäß §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung basiert auf §§ 3 ZPO i. V. m. 48 Abs. 1 GKG.“

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.11.2014 – 31 C 2372/11 (83)

Zur Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens, wenn im Mietvertrag ein nicht mehr existenter Index benannt wird

Durch das Landgericht Görlitz (LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14) wurde entschieden, dass eine Wertsicherungsklausel in einem gewerblichen Mietvertrag, die eine Mietzinsanpassung mit einem nicht mehr existenten Index verknüpft wirksam bleibt und durch Auslegung anstelle des nicht mehr existenten Index auf den passenden Index abzustellen ist.
Zudem ist nach der Entscheidung des Landgerichts Görlitz bei einer Klage aller Gesellschafter einer GbR auf Erfüllung eines Anspruchs der GbR das Aktivrubrum auf den Namen der GbR abzuändern, da diese aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst klagen und verklagt werden kann.

Urteile zur Auslegung einer Mietindexklausel (=Wertsicherungsklausel), welche auf einen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages weggefallenen Lebenshaltungskostenindex verweist, bei der im Wege der Vertragsauslegung auf den Verbraucherpreisindex abzustellen ist:
BGH, Urteil vom 7. November 2012 – XII ZR 41/11; BGH, Urteil vom 4.3.2009 – XII ZR 141/07; LG Görlitz, Urteil vom 24.9.2021 – 5 O 115/20; LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

in dem Rechtsstreit

[…] GbR, […]

– Klägerin und Berufungsbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, […]

gegen

[…]

– Beklagte und Berufungsklägerin –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

wegen Forderung – hier: Berufung

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz durch

Vorsitzende Richterin am Landgericht […] als Einzelrichterin

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2014 am 29.10.2014

für Recht erkannt:

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 26.03.2014, Az.: 20 C 1076/12, wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 1.635,48 Euro.

Gründe:

I.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 26.03.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bautzen, Az.: 20 C 1076/12, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte Ist der Auffassung, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft der auf die Zahlung erhöhter Gewerberaummiete gerichteten Klage stattgegeben habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 25.07.2014 verwiesen.

Zur Berufung beantragt die Beklagte, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Klägerseits wird die angefochtene Entscheidung verteidigt.

Die Einzelheiten des klägerischen Vorbringens in der Berufungsinstanz ergeben sich aus den Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 08.08.2014 und vom 25.09.2014, auf die Bezug genommen wird.

II.

Der statthaften und auch im Übrigen zulässigen Berufung der Beklagten bleibt in der Sache der Erfolg versagt.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens sind Entscheidungen des ersten Rechtszuges nach § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf überprüfbar, ob das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruht, oder ob die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist grundsätzlich von den durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen auszugehen. Das Berufungsgericht hat nur zu überprüfen, ob ernstliche Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Beides ist hier nicht der Fall.

Die Klägerin kann für den streitgegenständlichen Zeitraum nach § 3 Nr. 4 des Mietvertrages vom 28.10.2004 die von ihr geltend gemachte erhöhte Gewerberaummiete beanspruchen.

1.

Der Berufung Ist nicht darin zu folgen, dass die Klage mangels Aktivlegitimation der als Kläger aufgetretenen Gesellschafter der […] GbR“ abzuweisen sei. Vielmehr war das Rubrum dahin zu berichtigen, dass nicht die Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Kläger aufzuführen sind, sondern die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst Klägerin ist.

Seit dem Urteil des BGH vom 29.01.2001 (II ZR 331/00 – BGHZ146, 341) ist anerkannt, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, und dass sie in diesem Rahmen im Prozess aktiv- und passiv parteifähig ist. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 08.11.2007, IX ZR 191/06) können Forderungen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur von der Gesellschaft eingeklagt werden, nicht von den Gesellschaftern selbst.

Wird jedoch – wie hier – in Verkennung dieser Rechtslage eine Klage von sämtlichen Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit erhoben, führt dies nicht dazu, dass die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation abzuweisen ist oder ein Parteiwechsel in Gestalt einer (zulässigen) Klageänderung erforderlich wäre; vielmehr ist das Aktivrubrum dahingehend zu berichtigen, dass die aus den in der Klageschrift aufgeführten Personen bestehende Gesellschaft die Klägerin ist (BGH, Urteil vom 14.09.2005, VIII ZR 117/04). Denn auch bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich das Rechtssubjekt als Partei anzusehen, das durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektiven Sinn betroffen werden soll; diese Grundsätze gelten auch, wenn sich die klagende Partei selbst fehlerhaft bezeichnet hat.

Eine bloße Rubrumsberichtigung dürfte zwar dann ausscheiden, wenn nicht alle Gesellschafter Klage erhoben haben oder einzelne Gesellschafter sich als Alleinberechtigte gerieren.

So liegt der Fall hier aber nicht.

Die GbR, die den erhöhten Mietzins beansprucht, besteht nur aus den beiden zunächst als Kläger auftretenden Gesellschaftern. Diese beiden Gesellschafter wollten von vornherein eine Forderung geltend machen, die sie aufgrund ihres Zusammenschlusses in der GbR gemeinsam erworben hatten.

Selbst wenn die klägerische GbR – wie die Beklagte vorbringt – zwischenzeitlich aufgelöst sein sollte, hätte dies auf die streitgegenständlichen Ansprüche und die Berechtigung der Klägerin, diese geltend zu machen, keinen Einfluss. Die Auflösung der Gesellschaft führt nicht zu deren Vollbeendigung; vielmehr besteht diese bis zum Abschluss der Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens fort (Palandt/Sprau, BGB, vor § 723 Rn 2).

Laut Grundbuchauszug befindet sich das Mietobjekt im Eigentum der Klägerin, mithin gehört es zum Gesellschaftsvermögen. Mit Erwerb des Eigentums an dem Mietobjekt ist die Klägerin auf Vermieterseite in das ursprünglich mit Frau […] begründete Mietverhältnis eingetreten (§ 566 BGB). Eine Auflösung der Vermieter-GbR ändert nichts an deren Vermieterstellung, weil der Mietvertrag in diesem Fall mit der Liquidationsgesellschaft fortgeführt wird.

2.

Der Mieterhöhungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 3 Nr. 4 des Mietvertrages vom 28.10.2004.

a)

Die dort vereinbarte Preisanpassungsklausel ist wirksam.

Zunächst ist festzustellen, dass eine Inhaltskontrolle der Wertsicherungsklausel nach §§ 305 ff. BGB nicht angezeigt ist. Dem In Rede stehenden Mietvertrag liegen schon keine allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB zugrunde. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich nämlich nicht, dass die damalige Vermieterin eine Vielzahl von Mietverhältnissen mit verschiedenen Mietern abgeschlossen hätte. Ebensowenig wurde dargelegt, dass sie dabei auf dieselben Mietvertragsformulare zurückgegriffen hätte. Soweit der Mietvertrag als AGB von der Beklagten „gestellt“ worden sein sollte, kann sie sich als Verwender nicht auf die Klauselverbote nach § 307 ff BGB berufen.

Die Preisanpassungsklausel ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

Zwar existierte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages die in der vereinbarten Preisanpassungsklausel enthaltene Bezugsgröße des Lebenshaltungskostenindex nicht mehr; dennoch liegt insoweit kein Dissens vor. Dies ergibt sich zweifelsfrei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Unabhängig davon, auf welche Bezugsgröße die Parteien bei der Mietzinserhöhung abstellen wollten, zielt die Wertsicherungsklausel allein darauf ab, die jeweils vereinbarte Miethöhe in ihrem Wert zu erhalten. Einziger Sinn und Zweck der Klausel bestand also darin, das Preis-/Leistungsverhältnis zwischen Mietgegenstand und Mietzins aufrecht zu erhalten. Dies war offensichtlich die übereinstimmende Vorstellung der Parteien, die der Aufnahme der Mietanpassungsklausel in den Vertrag zugrunde lag. Die Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Fortschreibung des Lebenshaltungskostenindex schon eingestellt worden und an Stelle des Lebenshaltungskostenindex der Verbraucherpreisindex getreten war, führt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dazu, dass es dem Interesse der Vertragsparteien entspricht, für die automatische Anpassung der Miethöhe auf den allgemeinen Verbraucherpreisindex abzustellen (so auch BGH, XIIZR 141/07). Hätten die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewusst, dass der für die Lebenshaltung allerprivaten Haushalte in Deutschland geltende Index nunmehr als „Verbraucherpreisindex“ bezeichnet wird, so hätten sie diesen Index als Maßstab für künftige Anpassungen des Mietzinses vereinbart (vgl. BGH, XII ZR 141/07). Dieser ist inhaltlich und sachlich identisch mit dem „Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte in Deutschland“ und misst die durchschnittliche Preisveränderung aller Waren und Dienstleistungen in Deutschland, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden; er bildet die Verbraucherpreise umfassend ab (Statistisches Bundesamt, FamRZ2005, 1406). Die Beklagte muss sich deshalb redlicherweise am Grundsatz der automatischen Anpassung des Mietzinses unter Bezugnahme auf den Verbraucherpreisindex festhalten lassen.

b)

Auch der Einwand der Beklagten, die Berechnung der Mieterhöhung beruhe auf einem anderen, als dem vereinbarten Index vermag hier weder gegen die Berechnung der Mieterhöhung noch gegen die Wirksamkeit der gewählten Vertragsklausel durchzugreifen.

Zwar haben die Parteien – wie unter Buchstabe a) ausgeführt – einen Index gewählt, der vom Statistischen Bundesamt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nämlich im Oktober 2004, nicht (mehr) erhoben wurde. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die Preisanpassungsklausel nach dem tatsächlichen Willen der Parteien ausgelegt hat. Im Zusammenhang mit der Umbenennung des „Lebenshaltungskostenindex“ in den „Verbraucherpreisindex“ durch das Statistische Bundesamt ist dies ausdrücklich in der Literatur und höchstrichterlichen Rechtsprechung bejaht worden (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, Rn. 413). Eine Wertsicherungsklausel in einem nach dem 01.01.2003 geschlossenen Vertrag, die sich an einen der früher geführten Indizes anlehnt, lasse zweifelsfrei den Willen der Parteien erkennen, die Mietanpassung an einem vom Statistischen Bundesamt geführten Index auszurichten.

Diesem Gedanken folgt das Berufungsgericht mit dem Amtsgericht auch in dem vorliegenden Fall (siehe unter Buchstabe a).

c)

Die Mietzinserhöhung scheitert auch nicht an der Nichtbeibringung eines „Negativattests“.

Hierzu ist Folgendes auszuführen:

Bis zum 13.09.2007 waren Wertsicherungsklauseln mit Anpassungsautomatik grundsätzlich durch die Deutsche Bundesbank genehmigungsbedürftig. Allerdings galten nach § 4 PrKV a. F. Preisklauseln in Miet- und Pachtverträgen (vertragsspezifische Klauseln i. S. von § 4 PrKV) unter den dort aufgeführten – hier zweifelsfrei vorliegenden – Voraussetzungen, als genehmigt.

Zum 14.09.2007 ist durch das 2. Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (BGBI. 12046 ff.) das „neue“ Preisklauselgesetz in Kraft gesetzt worden. Danach sind Indexmieten auf dem Gebiet der Geschäftsraummiete weiterhin zwar nur in eingeschränktem Umfange zulässig, insoweit allerdings auch nicht mehr genehmigungsbedürftig. Für Preisklauseln werden weder Genehmigungen erteilt, noch als erteilt fingiert: auch Negativatteste, durch deren Beantragung die Zulässigkeit problematischer Klauseln bislang schnell geklärt werden konnte, werden nicht mehr erteilt.

Genehmigungsbedürftige Vereinbarungen, deren Genehmigungen bis dahin nicht unanfechtbar abgelehnt worden waren, gelten, falls es sich – wie hier – um vertragstypische Klauseln im Sinne von § 4 Preisklauselverordnung handelt, als von Anfang an genehmigt (Erman/Dickersbach, BGB, § 557b Rn 9 ff).

d)

Die Klägerin hat die Erhöhung der Grundmiete richtig berechnet. Insoweit wird auf das erstin-stanzlich eingeholte Sachverständigengutachten der Dr. Dana Uhlig vom 31.07.2013 und die Ausführungen des Amtsgerichts dazu in den Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen sich das Berufungsgericht vollumfänglich anschließt, Bezug genommen.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.“

LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14

siehe auch:

Zu den Voraussetzungen für den Rücktritt von einem Werklieferungsvertrag, einer nicht erforderlichen Zug-um-Zug-Verurteilung und dem Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen auf die eingezahlten Gerichtskosten

Durch das Landgericht Dresden (LG Dresden, Urteil vom 17.10.2014 – 5 O 2645/13) wurde hierzu entschieden:

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL

In  dem  Rechtsstreit

[…]

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, […]

gegen

[…] mbH, […]

– Beklagte –

[…]

wegen Rückabwicklung aus Kaufvertrag

hat die 5. Zvilkammer des  Landgerichts  Dresden durch

Richter am Landgericht […] als  Einzelrichter

für Recht erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.736,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 08.08.2013 zu zahlen.

II. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den ursprünglichen Zustand der Heizungsanlage in der Immobilie des Klägers unter der Anschrift […] wieder herzustellen, insbesondere folgende Baumaßnahmen rückgängig zu machen, die die Beklagte vorgenommen hat:

a. Installation Wärmepumpe,

b. inklusive angepassten Pufferspreicher,

c. Heizungssteuerung bzw. Steuereinheit,

d. angepasster Umweltpumpe,

e. angepassten Elektroheizstab und

f. Anschlusszubehör.

III. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger die nicht festsetzbaren, außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seitdem 3.1.2014 zu zahlen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens des Klägers verauslagten Gerichtskosten Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

VI. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

VII. Beschluss:

Der Streitwert wird auf 17.176,95 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Rückabwicklung eines Kaufvertrages über eine installierte Wärmepumpe nebst Zubehör wegen Mangelhaftigkeit sowie deren Rückbau.

Zwischen den Parteien wurde am 22.08.2012 der als Anlage K 1 vorgelegte Kaufvertrag für eine […] Heizsystem-Anlage geschlossen. Bezüglich des Inhalts des Werklieferungsvertrages wird auf Anlage K 1 vollumfänglich verwiesen.

In der Folgezeit erwies sich die Wärmepumpen-Anlage als mangelhaft. Zu einem ersten Nachbesserungsversuch kam es noch im Jahr 2012. Nachdem die gelieferte Wärmepumpe weiterhin nicht genügend Leistung erbrachte, kam es zu einem abermaligen Mangelbeseitigungsversuch im März/April 2013. Dabei stellte der Techniker der Beklagten vor Ort fest, dass der Kompressor der Heizanlage nicht funktionsfähig sei. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kompressor bis zum heutigen Tage nicht funktioniert.

Mit Schreiben vom 18.07.2013 (Anlage K 2) hat der Kläger den Kaufvertrag wegen Täuschung anfechten lassen und darüber hinaus zur Mangelbeseitigung eine Frist bis zum 01.08.2013 gesetzt.

Der Kläger beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.736,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 08.08.2013 zu zahlen.

II. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den ursprünglichen Zustand der Heizungsanlage in der Immobilie des Klägers unter der Anschrift […] wiederherzustellen, insbesondere folgende Baumaßnahmen rückgängig zu machen, die die Beklagte vorgenommen hat:

a. Installation Wärmepumpe,

b. inklusive angepassten Pufferspreicher,

c. Heizungssteuerung bzw. Steuereinheit,

d. angepasster Umweltpumpe,

e. angepassten Elektroheizstab und

f. Anschlusszubehör.

III. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger die nicht festsetzbaren, außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens des Klägers verauslagten Gerichtskosten Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagte beantragt.

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet jegliche arglistige Täuschung des Klägers beim Abschluss des Kaufvertrages.

Auf die Frage, ob die Heizungsanlage Mängel aufweise, komme es nicht an, weil der Kläger keinerlei Rechte geltend gemacht habe. Mit Schriftsatz vom 22.04.2014 räumt die Beklagte allerdings ein, dass auf die erste Mängelanzeige des Klägers sofort reagiert wurde. Der Geschäftsführer der Beklagten habe einen Mitarbeiter […] zum Kläger gesandt. Der falsch eingebundene Kreislauf der Wärmepumpe sei dort korrigiert worden. Richtig sei zudem, dass der Kläger in der Folgezeit bemängelt habe, dass die Wärmepumpe nicht genügend Leistung erbringe. Im Frühjahr 2013 wurde sodann festgestellt, dass der Kompressor defekt sei. In der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2014 räumt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ein, dass der Kompressor nach wie vor nicht betriebstauglich sei.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze, so wie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückabwicklung des geschlossenen Kaufvertrages aus §§ 437 Nr. 2, 444, 323, 326 Abs. 5. 433 BGB:

1. a) Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag – Werklieferungsvertrag – über den Kauf einer Wärmepumpenanlage unter dem 22.08.2012 geschlossen worden.

b) Die streitgegenständliche Wärmepumpenanlage ist bis zum heutigen Zeitpunkt mangelhaft, da zumindest der Kompressor der vorgenannten Anlage nicht funktionsfähig ist, wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2014 auch eingeräumt hat.

c) § 323 Abs. 1 BGB verlangt grundsätzlich zur Mangelbeseitigung eine angemessene Fristsetzung. Eine solche Fristsetzung ist aber nach §§ 440 Satz 1, 323 Abs. 2 BGB dann entbehrlich, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen ist. § 440 Satz 2 BGB bestimmt hierzu weiter, dass eine Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt, wenn sich nicht, insbesondere aus der Art der Sache oder dem Mangel oder aus sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Dies ist der Fall. Besondere Umstände, die eine abweichende Beurteilung erfordern würden, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

d) Nachdem die Beklagtenseite mit Klageerwiderung noch behauptet hatte, dass der Kläger niemals Gewährleistungsrechte geltend gemacht hat, hat die Beklagte im weiteren Verlauf des Rechtsstreites, so insbesondere mit Schriftsatz vom 22.04.2014 eingeräumt, dass es unbestritten mindestens zwei Versuche der Beklagtenseite gegeben habe, Mängel zu beseitigen. Dabei spielt es nach Auffassung der Kammer keine Rolle, dass sich der erste Mangelbeseitigungsversuch durch einen Mitarbeiter der Beklagten abstrakt auf die unzureichende Leistungsfähigkeit der Anlage bezog, der zweite Beseitigungsversuch direkt einen defekten Kompressor zutage brachte.

e) Darüber hinaus wäre aber auch dem Erfordernis an eine Fristsetzung Genüge getan, da die Kammer davon ausgeht, dass der Beklagten das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17.07.2013 sehr wohl zeitnah zugegangen ist. Ein Zurückziehen auf Nichtwissen, insbesondere zur Frage wann der Beklagtenseite das Schreiben vom 18.07.2013 zugegangen ist, ist vorliegend unzulässig, da das Zugangsereignis Gegenstand der Wahrnehmung der Beklagten gewesen sein muss.

f) Das Kaufvertragsverhältnis wandelt sich somit in ein Rückgewährschuldverhältnis um (Palandt-Grüneberg, BGB, 72.Aufl., § 323 Rn.33). Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die bezahlten 11.736,95 € zurückzubezahlen. Die Einrede des § 348 Satz 2 BGB ist nicht erhoben (vgl. BGH, NJW 10, 146; Palandt-Grüneberg, BGB, 72.Aufl., § 348Rn.1).

g) Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

2. Der Klägerhat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes der Heizungsanlage als Schadenersatzanspruch aus § 281 Abs. 1, 325 BGB.

a) § 325 BGB bestimmt, dass das Rechtaus einem gegenseitigen Vertragsschadenersatz zu verlangen durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen ist (Palandt-Grüneberg, BGB, 72.Aufl., § 325 Rn.1). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die hier streitgegenständliche Heizungsanlage zumindest im Hinblick auf den Kompressor mangelhaft ist.

b) § 281 Abs. 1 BGB verlangt das Vorliegen eines Schadenersatzanspruches unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB. Diese Voraussetzungen liegen hier mit der Mangelhaftigkeit der Leistung vor, die die Beklagte insbesondere auch zu vertreten hat.

Einer Fristsetzung bedarf es hier in Anbetracht des Umstandes, dass bereits mindestens zwei Mangelbeseitigungsversuche fehlgeschlagen waren, gemäß § 281 Abs, 2 BGB nicht mehr. In jedem Fall wäre aber auch dem Erfordernis einer Fristsetzung mit Schreiben vom 18.7.2013 Genüge getan.

3. Ein Anspruch auf Erstattung der nichtfestsetzbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich als Teil des dem Klägerzustehenden Schadenersatzanspruches aus §§ 281, 325 BGB. Selbiges gilt für den geltend gemachten Feststellungsantrag. Der geltend gemachte Zinsanspruch zu Ziff. III des Tenors rechtfertigt sich aus § 291 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 91 Abs. 1 ZPO.

III.

Die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.“

LG Dresden, Urteil vom 17.10.2014 – 5 O 2645/13

Darlegungs- und Beweislast zur Eigentümerstellung bei einem Verkehrsunfall

Nach dem Berufungsurteil des Landgerichts Görlitz (LG Görlitz, Urteil vom 23.7.2014 – 2 S 91/13) können im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast sowohl durch die gesetzliche Vermutungsregel des § 1006 BGB als auch durch andere vorgetragene und unter Beweis gestellte Umstände die Eigentümerstellung über ein Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall nachgewiesen werden.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit

[…]

– Klägerin und Berufungsklägerin –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7-9, 01097 Dresden, […]

gegen

1. […]

– Beklagter und Berufungsbeklagter –

2. […] Versicherung […]

– Beklagte und Nebenintervenientin des Beklagten zu 1 und Berufungsbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 2:

[…]

wegen Schadensersatz – hier: Berufung

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz durch

Vorsitzende Richterin am Landgericht […] als Einzelrichterin

im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatznachlass bis 18.07.2014 am 23.07.2014

für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Kamenz vom 12.04.2013, Az.: 2 C 386/12, abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.939,97 Euro nebst Znsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 25.02.2012 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden weiter verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 126,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.07.2012 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen fallen den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last; die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten hat die Nebenintervenientin zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

[…]

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz aus einem Ereignis vom 02.09.2011 in Nebelschütz.

Die Klägerin behauptet, sie sei Eigentümerin des Pkw Opel Zafira Comfort mit dem amtlichen Kennzeichen […].

Dieses Fahrzeug habe sie am 02.09.2011 auf einer Parkfläche an der Hauptstraße in Nebelschütz geparkt. Auf der gegenüberliegenden Parkfläche habe – mit der Fahrzeugfront zum klägerischen Pkw – der bei der Beklagten Ziffer 2 haftpflichtversicherte, vom Beklagten Ziffer 1 gehaltene Pkw unbekannten Typs mit dem amtlichen Kennzeichen […] gestanden.

Beim Starten des beklagten Fahrzeuges sei dieses sprunghaft nach vorn gefahren und gegen die vordere Seite des klägerischen Fahrzeuges gestoßen. Die Klägerin habe sich zu diesem Zeitpunkt in ihrem Auto befunden, hatte das Fahrzeug jedoch noch nicht gestartet.

Den der Klägerin durch das Unfallereignis entstandenen Schaden beziffert diese auf insgesamt 1.939,97 Euro.

Den vorgenannten Betrag sowie vorgerichtliche Anwaltskosten macht sie im vorstehenden Verfahren geltend.

Die Beklagte Ziffer 2, gleichzeitig als Streithelferin für den Beklagten Ziffer 1, stellt in Abrede, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls Eigentümerin des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen […] gewesen sei. Zudem bestreitet sie den Unfallverlauf und behauptet, der Unfall sei nicht oder jedenfalls nicht so, wie von der Klägerin geschildert, geschehen.

Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung, die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, abgewiesen. Auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils vom 12.04.2013 wird Bezug genommen.

Die Klägerin hält dieses Urteil für unrichtig und verfolgt mit der Berufung ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie erhebt Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der amtsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen und rügt zudem die Verletzung materiellen Rechts durch das Amtsgericht.

Zur Berufung beantragt die Klägerin, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 1.939,97 Euro nebst Znsen hieraus in Höhe von 4 % aus 1.494,49 Euro für die Zeit vom 03.09.2011 bis zum 24.02.2012 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 1.939,97 Euro seit dem 25.02.2012 zu zahlen,

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 126,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz daraus seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Die Beklagte Ziffer 2 beantragt, gleichzeitig als Streithelferin für den Beklagten Ziffer 1,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Das Berufungsgericht hat die Klägerin zum Hergang des streitgegenständlichen Unfalls angehört sowie Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 14.08.2013 durch Vernehmung der Zeugen […] sowie gemäß Beweisbeschluss vom 09.10.2013 durch Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die gerichtliche Protokollniederschrift vom 02.10.2013 und auf das Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. […] vom 03.04.2014 Bezug genommen.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat – bis auf einen Teil der als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen- auch in der Sache Erfolg.

Der Klägerin steht aus dem Unfallereignis vom 02.09.2011 gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gemäß §§ 823 BGB, 7 StVG, 115 WG ein Schadensersatz in Höhe von 1.939,97 Euro zu.

1.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist die Klägerin zur Erhebung von Ansprüchen wegen Beschädigung des Pkw Opel Zafira mit dem amtlichen Kennzeichen […] aktiv legitimiert. Unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Klägerin Eigentümerin des beschädigten Pkw ist. Sie hat das Fahrzeug käuflich erworben und dazu die an sie adressierte Kaufpreisrechnung des Autohauses […] vom 21.08.2003 vorgelegt. Am Tage der Rechnungslegung ist die Klägerin auch im Kfz-Brief eingetragen worden. Diesen hielt sie auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz noch in den Händen. Zwar belegt die Eintragung im Kfz-Brief nicht die Eigentümerstellung, weil entsprechend § 952 BGB das Eigentum am Fahrzeugbrief dem Eigentum am Fahrzeug folgt. Aus diesem Umstand darf aber nicht geschlossen werden, die Eintragungen im Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein seien bei der Beweiswürdigung ohne Bedeutung. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass in aller Regel der Eigentümer des Fahrzeugs und derjenige, der im Fahrzeugbrief eingetragen ist und ihn in den Händen hält, identisch ist (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 04.05.1977, NJW 1977, 1240). Weitere Unterlagen, um sein Eigentum nachzuweisen, hat in aller Regel kein Fahrzeugeigentümer.

Zudem spricht für die Klägerin die Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB, die die Beklagten nicht widerlegt haben.

Die gesetzliche Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache, dass er Eigentümer der Sache sei, enthebt den Besitzer im Grundsatz nicht nur der Beweis-, sondern auch der Darlegungslast dafür, dass und auf welcher Grundlage er oder derjenige, von dem er sein Besitzrecht ableitet, mit dem Besitzerwerb Eigentum erworben hat (BGH NJW 2002, 2101).

Derjenige, der sich – wie hier die Klägerin – auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 BGB beruft, muss die Vermutungsbasis beweisen, das heißt er muss seinen unmittelbaren Besitz nachweisen, und darüber hinaus muss er die Rechtsbehauptung aufstellen, Eigentümer zu sein (Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, § 1006 BGB Rn. 9). Zwar haben die Beklagten die Behauptung, die Klägerin sei zum Unfallzeitpunkt Besitzerin des in Rede stehenden Pkw, bestritten. Für die tatsächliche Sachherrschaft und damit den Besitz an dem Auto spricht jedoch, dass die Klägerin – wie die Beweisaufnahme ergeben hat – zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kollision „im Begriff war“ auf der Fahrerseite in den Pkw einzusteigen, sowie das Indiz, dass sie das beschädigte Fahrzeug später beim Kfz-Sachverständigen Dipl.-Ing. […] zur Begutachtung vorgeführt hat. Im Übrigen war die Klägerin auch über zwei Jahre nach dem Unfalldatum noch im Besitz des Fahrzeugs, denn sie stellte dieses dem Gerichtssachverständigen zum Ortstermin am 18.02.2014 zur Nachbesichtigung zur Verfügung.

Allein der Umstand, dass die Rechnung für die Kosten der Reparatur des Fahrzeugs an den Ehemann der Klägerin adressiert wurde, genügt bei Würdigung der Gesamtumstände gemäß § 286 ZPO zur Widerlegung der Eigentumsvermutung nicht.

2.

Die Beklagten haften der Klägerin gesamtschuldnerisch für den an ihrem Fahrzeug aufgrund des Unfallereignisses vom 02.09.2011 entstandenen Schaden. Die Haftung der Beklagten setzt voraus, dass der Betrieb des bei der Beklagten Ziffer 2 versicherten Kraftfahrzeugs adäquat kausal zu dem streitgegenständlichen Schaden geführt hat. Für diesen Kausalzusammenhang ist die Klägerin mit dem Beweismaßstab des § 286 ZPO beweispflichtig (BGHZ71, 339).

Das Gericht ist im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass das von der Klägerin vorgetragene Unfallereignis tatsächlich stattgefunden hat und es sich nicht – wie die Beklagte Ziffer 2 meint – um einen manipulierten Unfall handelt.

Bei ihrer Parteianhörung durch das Landgericht schilderte die Klägerin den eigentlichen Unfall als auch das Randgeschehen plausibel und detailreich. Diese Schilderung wurde durch die glaubhaften Aussagen der Zeugen […] bestätigt. Das Gericht hält es für ausgeschlossen, dass sich sowohl die Klägerin als auch die Zeugen den Unfall nur ausgedacht haben. Allein der Umstand der persönlichen Nähe der Zeugen zur Klägerin rechtfertigt es nicht, deren Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen.

Der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Ing. […] hat in seinem von Fachkunde geprägten, detaillierten und gut verständlichen Gutachten vom 03.04.2014 dargestellt, dass sich die Beschädigungen am Fahrzeug der Klägerin der geschilderten Kollision zuordnen lassen.

Das Gericht verkennt nicht, dass der Sachverständige den vorgetragenen Unfallhergang aus technischer Sicht nur als möglich bezeichnet hat, und die bloße Möglichkeit der Kompatibilität für sich betrachtet zur Überzeugungsbildung nicht ausreicht. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Fakten, insbesondere der Unfallschilderung der Klägerin und der Zeugen, ergeben sich aber keine Zweifel daran, dass die Kollision wie vorgetragen stattgefunden hat.

3.

Der in Höhe von 1.939,97 Euro geltend gemachte Schaden ist der Klägerin vollumfänglich zu ersetzen.

Der Klägerin steht zunächst ein Anspruch auf Ersatz von Reparaturkosten in Höhe von 1.494,49 Euro gemäß Rechnung der Kfz-Werkstatt […] vom 17.10.2011 zu. Dass es sich hierbei um unfallbedingte Reparaturkosten handelt, ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. […] vom 07.09.2011; die Rechnungspositionen betreffen ausschließlich die Reparatur der in diesem Gutachten beschriebenen, nach der Unfallschilderung der Klägerin und den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. […] kompatibel auf die streitgegenständliche Kollision zurückzuführenden Schäden.

Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer, in der sie ihr Fahrzeug unfallbedingt nicht nutzen konnte. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH und ist gewohnheitsrechtlich anerkannt (Palandt/Grüneberg, BGB, § 249 Rn. 40).

Der Privatsachverständige Dipl.-Ing. […] hat in seinem Gutachten für die Durchführung der Reparatur einen Arbeitszeitaufwand von zwei Arbeitstagen für erforderlich erachtet.

Anhaltspunkte für eine Verkürzung der Reparaturdauer sind weder von den Beklagten vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Mithin kann die Klägerin Nutzungsausfallentschädigung für zwei Tage verlangen.

Der Ansatz von 34,00 Euro pro Tag ist angemessen.

Für die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung hält das Gericht die Tabellen von Sanden/Danner für eine geeignete Schätzungsgrundlage.

Das Fahrzeug der Klägerin war zum Unfallzeitpunkt bereits 11 Jahre alt. Fahrzeuge über 10 Jahre sind um zwei Tabellengruppen herabzustufen, so dass der Pkw der Klägerin in die Gruppe C einzuordnen ist.

Die Ersatzpflicht der Beklagten erstreckt sich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung der Schadensersatzansprüche verursachten Kosten. Insoweit sind die der Klägerin für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der Schadenshöhe entstandenen Kosten in Höhe von 352,48 Euro als Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens (Palandt/Grüneberg, BGB, § 249 Rn. 58).

Ferner war der Klägerin die Kostenpauschale von 25,00 Euro zuzusprechen.

Die in der Klageschrift berechneten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geeignete Aufwendungen gemäß § 249 Abs. 1 BGB bei einem Verkehrsunfall auch ohne vorangegangene Inverzugsetzung regelmäßig erstattungsfähig (verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung gemäß § 7 StVG).

Die zuerkannten Zinsen beruhen auf Verzugsgesichtspunkten.

Zinsen ab dem Unfallzeitpunkt aus § 849 BGB kann die Klägerin hingegen nicht beanspruchen, da ihr das Fahrzeug nicht entzogen wurde und auch keine Wertminderung vorliegt.

Deshalb war die Klage bezüglich der ab dem Unfallzeitpunkt bis zum Zeitpunkt des Zahlungsverzuges geltend gemachten Zinsen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2,100 Abs. 4, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Zudem erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

LG Görlitz, Urteil vom 23.7.2014 – 2 S 91/13

Ein Leasingnehmer kann seine Forderungsansprüche gegenüber dem zum Rückkauf verpflichteten Autohaus nicht mit den Zahlungsansprüche des Leasinggebers aufrechnen

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 27.5.2014 – 22 C 1123/13) kann ein Leasingnehmer seine Ansprüche gegenüber dem zum Rückkauf des Leasingsfahrzeugs verpflichteten Autohaus nicht mit den Zahlungsansprüchen der Leasinggeberin aufrechnen.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

1. […]

Unterbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, […]

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

2. Autohaus […]

– Nebenintervenientin –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

gegen

[…]

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Bautzen durch

Richter am Amtsgericht […]

im schriftlichen Verfahren, in welchem Schriftsätze bis zum 22.04.2014 eingereicht werden konnten, am 27.05.2014

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.192,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 12.09.2013 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Nebenintervention hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 1.192,52 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Restforderung aus einem Darlehensvertrag.

Die Klägerin gewährte dem Beklagten mit Vertrag vom 11.09.2008 ein Darlehen zur Finanzierung eines vom Beklagten bei der Nebenintervenientin erworbenen Kraftfahrzeuges VW Passat. Die Darlehensbedingungen […] enthalten folgende Ziffer:

“ 8. Verwertung des Fahrzeuges


b)
Nimmt die Bank das Fahrzeug zur Verwendung zurück, so wird schon jetzt vereinbart, dass sie dem Darlehensnehmer den gewöhnlichen Verkaufswert des Fahrzeuges im Zeitpunkt der Rücknahme vergütet und damit die Rücknahme des Fahrzeuges nicht als Ausübung des Rücktrittsrechts gilt. Als gewöhnlicher Verkaufswert wird der am Markt zu erzielende Preis (Händlereinkaufspreis ohne Mehrwertsteuer) vereinbart. Zur Festlegung desselben holt die Bank ein Sachverständigengutachten ein, auf dessen Grundlage die Verwertung betrieben wird. Der Darlehensnehmer kann innerhalb von 14 Tagen nach Mitteilung des im Gutachten ermittelten Schätzpreises einen Dritten benennen, der das Fahrzeug zum Schätzpreis oder zu einem höheren Preis abzunehmen verbindlich bereit ist.“

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages und der zwischen den Parteien vereinbarten Darlehensbedingungen wird auf die Vertragsurkunde nebst Anlagen […] verwiesen. Gemäß des zwischen den Parteien vereinbarten Zahlungsplanes war am 20.03.2013 eine Schlussrate von 6.762,13 € zur Zahlung fällig. Zur Absicherung der Zahlung der Schlussrate hatte der Kläger mit der Nebenintervenientin ein verbrieftes Rückgaberecht […] vereinbart, in welchem die Nebenintervenientin sich zum Rückkauf des finanzierten Fahrzeuges zum Preis in Höhe der Schlussrate vorbehaltlich eines Abzuges wegen eines möglichen zustandsbedingten Minderwertes verpflichtete. Die zwischen der Nebenintervenientin und dem Beklagten getroffene Vereinbarung enthält folgende Ziffern:

„2. Der Rückkaufpreis beträgt € 6762,13. Bei der Rückgabe darf das Fahrzeug eine Kilometerleistung von nicht mehr als 248.176 km aufweisen. Es muss sich in einem dem Alter und der Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand befinden, frei von Schäden sowie Verkehrs- und betriebssicher sein. Normale Verschleißspuren gelten nicht als Schaden. Ist die Kilometerleistung überschritten, vermindert sich der Rückkaufpreis um Ct 7,31 je Kilometer. Ist die Kilometerleistung unterschritten, erhöht sich der Rückkaufpreis um Ct 4,38 je Kilometer. Bei der Berechnung bleiben 2.500 km ausgenommen. Der Rückkaufpreis vermindert sich ebenfalls um einen zustandsbedingten Minderwert. Über den Zustand des Fahrzeuges wird bei Rückgabe ein gemeinsames Protokoll angefertigt und von beiden Vertragsparteien unterzeichnet. Können sich die Firma und der Kunde über den Minderwert nicht einigen, wird der Minderwert auf Veranlassung der Firma mit Zustimmung des Kunden durch einen öffentlich bestellten vereidigten Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigen-Unternehmen ermittelt. Die Kosten tragen die Firma und der Kunde je zur Hälfte. Durch das Sachverständigengutachten wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. Nachträgliche Änderungen, zusätzliche Einbauten sowie Lackierungen und Beschriftungen an dem Fahrzeug sind mit der Firm im Voraus abzustimmen. Dabei ist gleichzeitig ein voraussichtlich entstehender Mehr- oder Minderwert für den Zeitpunkt der Rückgabe festzulegen.

3. Die Rückgabe des Fahrzeuges an die Firma hat spätestens am Tage der Fälligkeit der Schlussrate zu erfolgen. Zur Ermittlung des Rückkaufpreises wird der Kunde das Fahrzeug der Firma spätestens 14 Tage vor der Fälligkeit des Schlussrate zur Bewertung vorführen.“

Bereits Wochen vor der Fälligkeit der Schlussrate am 20.03.2013 nahm der Kläger Kontakt zur Nebenintervenientin zur Klärung der Rückgabemodalitäten des Fahrzeuges auf. Da sich Meinungsverschiedenheiten über einen zustandsbedingten Minderwert des Fahrzeuges zwischen der Nebenintervenientin und dem Beklagten ergaben, ließ die Nebenintervenientin ein Gutachten zum Fahrzeugzustand anfertigen. Dieses Gutachten kam zu einem geschätzten Minderwert des Fahrzeuges in Höhe von 1.742,80 € netto. Dennoch erzielten die Nebenintervenientin und der Beklagte keine Einigung über die Höhe des Minderwertes. Zum Zeitpunkt der Endfälligkeit des Darlehens am 20.0.2013 stellte der Beklagte das Fahrzeug auf dem Betriebsgelände der Nebenintervenientin ab. Diese zahlte an die Klägerin 5.058,53 € aus, was dem vereinbarten Rückkaufspreis in Höhe von 6.762,13 € abzüglich des Nettominderwertes in Höhe von 1.742,80 € unter Berücksichtigung einer Gutschriftvon 39,20 € wegen Unterschreitung der vereinbarten Kilometerfahrleistung entsprach.

Im September 2013 bezahlte der Beklagte an die Klägerin auf die noch ausstehende Darlehensforderung in Höhe von 1.742,80 € einen Betrag von 511,08 €.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe gegenüber der Nebenintervenientin von seinem verbrieften Rückkaufsrecht Gebrauch gemacht und mit dieser einen Rückkaufvertrag über das finanzierte Auto geschlossen. Zu einer Verwertung des Fahrzeuges durch die Klägerin entsprechend den Darlehensbedingungen vom 11.09.2008 sei es nicht gekommen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte Einwendungen aus der Ausübung des verbrieften Rückkaufsrechtes gegen die Klägerin nicht geltend machen könne, da es sich hier nicht um verbundene Geschäfte handele.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt, zu erkennen

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 1.192,52 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seitdem 12.09.2013 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, das Fahrzeug am 20.03.2013 an die Nebenintervenientin zur Verwertung durch die Klägerin zurückgegeben zu haben. Er ist der Auffassung, die Beauftragung des Gutachtens am 21.02.2013 entspreche nicht dem zwischen den Parteien im Darlehensvertrag, dort Ziffer 8 b vereinbarten Prozedere. Der Beklagte behauptet, der gewöhnliche Verkaufswert des Fahrzeuges am 20.03.2013 habe 6.251,05 € betragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2014 den Beklagten angehört.

Der Beitritt der Nebenintervenientin zum Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin mit Schriftsatz vom 22.04.2014 bot keinen Anlass zur Wiedereröffnung der Hauptverhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Rückzahlungsanspruch aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB aus dem Darlehensvertrag vom 11.09.2008 in Höhe der Klageforderung (1). Einwendungen hiergegen stehen dem Beklagten weder aus dem Darlehensvertrag selbst (2.) noch aus einem verbundenen Geschäft zu (3.).

1. Aus dem unstreitig zwischen den Parteien zustandegekommenen Darlehensvertrag war am 20.03.2013 eine Schlussrate in Höhe von 6.762,13 € zur Zahlung fällig. Diese minderte sich um die von der Nebenintervenientin hierauf geleistete Zahlung in Höhe von 5058,53 € und die vom Beklagten geleisteten Zahlung von 511,08 € auf 1.192,52 €.

2. Einwendungen aus dem Darlehensvertrag -insbesondere aus der beklagtenseits behaupteten Verwertung des Fahrzeugs durch die Klägerin- stehen dem Beklagten nicht zu. Eine Verwertung des Fahrzeuges durch die Klägerin hat nicht stattgefunden. Die Anhörung des Beklagten ergab, dass dieser im Zusammenhang mit der Rückgabe des Fahrzeuges niemals Kontakt zur Klägerin aufgenommen, ihr etwa mitgeteilt hat, es sei nicht zu einer Einigung zwischen ihm und der Nebenintervenientin über einen Rückkauf des Fahrzeuges gekommen, oder sie aufgefordert hat, das Fahrzeug zur Verwertung zurückzunehmen. Vielmehr ist aus dem nach §§ 133, 157 BGB auszulegenden Verhalten des Beklagten und der Nebenintervientin zu schließen, dass es zum Abschluss eines Rückkaufvertrages zwischen dem Beklagten und der Nebenintervientin gekommen ist. Mit dem Ansinnen der Ausübung seines Rückkaufsrechtes ist der Beklagte zunächst auf die Nebeninvenientin zugekommen. Entsprechend wurde auch von dieser -der Rückkaufsvereinbarung folgend- ein Gutachten zum Minderwert und nicht etwa entsprechend Ziffer 8b des Darlehensvertrages ein Gutachten zum gewöhnlichen Verkaufswert des Fahrzeuges eingeholt. Dass Beklagter und Nebenintervenientin sich nicht über einen vom vereinbarten Rückkaufs preis abzuziehenden Minderwert einig wurden, hindert nicht das Zustandekommen eines Rückkaufvertrages. Einigkeit über den Kaufpreis war mit Abschluss des Rückkaufs rechtes für den Beklagten erzielt. Die Möglichkeit, dass die Parteien sich nicht über einen Minderungsbetrag einigen können, sieht die Vereinbarung selbst nicht als Hindernis für das Zustandekommen eines Rückkaufvertrages an. Gegebenfalls sollte auch nach Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens der Rechtsweg nicht ausgeschlossen sein. Die Überlassung des Fahrzeuges an die Nebenintervenientin am 20.03.2013 konnte von dieser mangels gegenteiliger Äußerung des Beklagten nur so verstanden werden, dass der Abschluss eines Rückkaufsvertrages angeboten wurde. Dass die Nebenintervenientin das Fahrzeug für die Klägerin zur Verwertung nach dem Darlehensvertrag entgegen nehmen sollte, war weder aus den Umständen zu schließen, noch hat der Beklagte dies ausdrücklich verlangt. Das Angebot des Beklagten hat die Nebenintervenientin durch Entgegennahme des Fahrzeuges und dem weiteren Vorgehen entsprechend der Rückkaufsvereinbarung, nämlich Berechnung des angepassten Kaufpreises nach gutachterlich festgestellten Minderwert und Gutschrift der Minderkilometer, sowie Auszahlung des berechneten Betrages an die Klägerin, angenommen. Dass die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt mit Schreiben vom 26.08.2013 mitgeteilt hat, das Fahrzeug sei verwertet worden, hat auf das gefundene Ergebnis keinen Einfluss. Der Rückkauf des Fahrzeuges durch die Nebenintervenientin war bereits vollzogen.

3. Einwendungen aus dem abgeschlossenen Rückkaufvertrag kann der Beklagte nicht gemäß §§ 359 S. 1, 358 Abs. 3 BGB geltend machen, da es sich bei dem Darlehensvertrag und dem Rückkaufvertrag bzw. der diesem zugrundeliegenden Vereinbarung eines „verbrieften Rückkaufsrechtes“ nicht um verbundene Geschäfte handelt. Nach der klägerseits zitierten Rechtsprechnung des BGH und verschiedener Oberlandesgerichte […], welcher hier gefolgt wird, handelt es sich bei dem Darlehensvertrag und der hier abgeschlossenen Nebenabrede nicht um eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB. Ob von der Nebenintervenientin also zu Recht der gutachterlich festgestellte Minderwert in Abzug gebracht wurde, kann somit dahinstehen.

4. Der Zinsanspruch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da für die Leistung der Schlussrate nach dem Darlehensvertrag eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.“

AG Bautzen, Urteil vom 27.5.2014 – 22 C 1123/13