Wirksamer Kauf eines durch Unfall beschädigten, an eine Bank sicherungsübereigneten Fahrzeugs durch ein Autohaus direkt vom Halter

Das Urteil des Amtsgerichts Zittau, Zweigstelle Löbau, vom 25. Juli 2023 (Az. 8 C 193/22) behandelt den Fall des Kaufs eines durch einen Unfall beschädigten, an eine Bank sicherungsübereigneten Fahrzeugs durch ein Autohaus direkt vom Halter.

Zum einen entschied das Gericht, dass die Klägerin nicht verpflichtet war, das Restwertangebot des Beklagten anzunehmen. Es wurde klargestellt, dass eine Geschädigte grundsätzlich die vom Sachverständigen ermittelten Kosten zugrunde legen darf. Darüber hinaus muss sich die Geschädigte nur Restwertangebote zurechnen lassen, die am regionalen Markt erzielbar sind. Das Angebot des Beklagten war in diesem Fall nicht bindend, da es von einem Ankäufer aus Leipzig stammte, der nicht als regionaler Markt angesehen werden kann.

Des Weiteren wurde das beschädigte Fahrzeug wirksam an das Autohaus verkauft. Trotz der Tatsache, dass die Klägerin im Vertrag angab, Eigentümerin des Fahrzeugs zu sein, was nicht der Fall war, da das Fahrzeug sicherungsübereignet war, bleibt die Wirksamkeit des Kaufvertrages unberührt. Das Gericht stellte fest, dass es der Klägerin erlaubt war, auch fremde Sachen zu verkaufen. Zudem wurde der Kaufvertrag vom tatsächlichen Eigentümer, der finanzierenden Bank, genehmigt.

Schließlich hat die Klägerin das Fahrzeug ohne Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht zu dem vom Sachverständigen ermittelten Restwert am regionalen Markt verkauft. Das Restwertangebot des Beklagten hatte mangels Fehlens des regionalen Marktes keinen Einfluss.

Aufgrund dieser Entscheidungsgründe wurde der Beklagte verurteilt, die Klägerin gegenüber dem Autohaus von einer restlichen Kaufpreisforderung in Höhe von 2.350,00 € aus der Neufahrzeugrechnung freizustellen.

Aus den Entscheidungsgründen:

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

[…]

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7/9, 01097 Dresden, […]

gegen

[…]

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Zittau […]

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2023 am 25.07.2023

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin gegenüber dem Autohaus […] von einer restlichen Kaufpreisforderung in Höhe von 2.350,00 € aus der Neufahrzeugrechnung […] freizustellen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 2.350,00 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin macht restliche Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 14.07.2021 gegen 19.15 Uhr auf der B 96, Höhe Erntekranzbaude in Oppach, geltend.

Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Halterin des an die […] Bank […] sicherungsübereigneten Pkw Suzuki Ignis […]. Der Beklagte bearbeitete in seiner Funktion als behandelndes Büro zu Lasten des ausländischen zahlenden Büros die Ersatzansprüche, die sich gegen einen ausländischen Schadensverursacher richten.

Der Beklagte hat daher die Pflichten eines Haftpflichtversicherers für das am Verkehrsunfall beteiligte Schädigerfahrzeug, Typ Pkw Toyota Proace […] der tschechischen Halterin […].

Die Einstandspflicht sowie die alleinige Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die Klägerin beauftragte das Sachverständigenbüro […] mit der Erstellung eines Gutachtens. Mit Gutachten vom 19.07.2021 ermittelte der Sachverständige eine Wertminderung i.H.v. 1.100,00 €. Der Wiederbeschaffungswert betrug 17.625,00 €; der Sachverständige ermittelte darüber hinaus einen Restwert von 6.270,00 €. Die Klägerin rechnete auf Neuwagenbasis ab. Das beschädigte Fahrzeug der Klägerseite wurde am 07.07.2021 erstmals auf die Klägerin zugelassen. Die Kilometerlaufleistung war 429 Kilometer. Die Klägerin hatte am 05.07.2021 das beim Unfall beschädigte Fahrzeug zu einem Gesamtkaufpreis i.H.v. 17.950,00 € inklusive Kosten für Transport und Überführung i.H.v. 750,00 € gekauft.

Am 30.07.2021 wurde durch die Klägerin mit Einverständnis der darlehensgebenden […] Bank […] das beschädigte Fahrzeug zu einem Kaufpreis 6.270,00 € entsprechend des vom Sachverständigen […] ermittelten Restwertes veräußert. In dem Kaufvertrag vom 30.07.2021 ist vermerkt, dass die Verkäuferin (die Klägerin) Eigentümerin des Fahrzeugs ist und dass das Fahrzeug bis zum 30.07.2021 eine Gesamtlaufleistung von maximal 629 Kilometern hat.

Mit Schreiben vom 10.08.2021 unterbreitete der Beklagte der Klägerin ein Restwertangebot i.H.v. 9.070,00 €. Der von dem Beklagten benannte Restwertaufkäufer stammt aus der Region um Leipzig.

Mit Neufahrzeugrechnung vom 07.12.2021 erwarb sie am 08.12.2021 ein gleichwertiges Neufahrzeug zum einem Kaufpreis von 17.500,00 € brutto.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Regulierung des Beklagten I.H.v. 8.880,00 € und der vorgenannten Gutschrift aus der Veräußerung des verunfallten Fahrzeuges i.H.v. 6.270,00 € verbleibt ein Restschaden i.H.v. 2.350,00 €, den die Klägerin mit der Klage verfolgt.

Die Klägerin beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin gegenüber dem Autohaus […] von einer restlichen Kaufpreisforderung in Höhe von 2.350, Euro aus der Neufahrzeugrechnung […] freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Meinung, dass kein gültiger Vertrag zustandegekommen sei, da am 30.07.2021 die Klägerin nicht Eigentümerin des beschädigten Fahrzeuges gewesen sei und auch die Kilometerlaufleistung überschritten worden war. Darüber hinaus meint der Beklagte, dass sich die Klägerin auf das höhere Restwertangebot des Restwertankäufers aus Leipzig hätte verweisen lassen müssen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einvernahme des Geschäftsführers des Autohauses, Herrn […] R[…]. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.

1. Die Klägerin war nicht gehalten, sich auf das Restwertangebot des Beklagten einzulassen bzw. dieses anzunehmen. Eine Geschädigte darf grundsätzlich die vom Sachverständigen ermittelten Kosten zugrunde legen {vgl. BGH, Urteil v. 06.03.2007, Az: VI ZR 120/06; OLG Hamm, Urteil v. 11.11.2020, Az: 11 U 5/20; jeweils zitiert nach Beck-Online). Darüber hinaus muss sich die Geschädigte ohnehin nur Restwertangebote zurechnen lassen, die am regionalen Markt erzielbar sind (vgl. BGH, Urteil v. 13.10.2009, Az: VI ZR 318/08). Das von dem Beklagten genannte Angebot resultierte von einem Ankäufer, der in Leipzig ansässig ist. Es handelte sich damit zweifelsfrei nicht mehr um einen am regionalen Markt ansässigen Käufer.

Damit war das Angebot ohnehin für die Klägerseite nicht bindend.

Überdies – aus Sicht des Gerichts kommt es hierauf schon nicht an – war zum Zeitpunkt das beschädigte Fahrzeug auch wirksam an das Autohaus Roschk verkauft worden. Zwar hat die Klägerin in dem Vertrag angegeben, Eigentümerin des Fahrzeugs zu sein. Dies war offensichtlich nicht der Fall gewesen, da das Fahrzeug sicherungsübereignet war. Bereits dieser Aspekt lässt jedoch die Wirksamkeit des Kaufvertrages unberührt, weil es der Klägerin freistand, auch fremde Sachen zu verkaufen. Darüber hinaus wurde der Kaufvertrag auch durch den tatsächlichen Eigentümer, die finanzierende Bank, genehmigt. Hierbei war es, wie das Gericht vom Zeugen R[…] weiß, auch üblich und bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sicher, dass die Bank dies genehmigen würde, weil das Autohaus in stetiger Geschäftsbeziehung mit dieser steht.

Auch hinsichtlich eventuell zuviel gefahrener Kilometer war dies – wie auch der Zeuge R[…] bestätigte – für die Vertragsparteien nicht „festgeschrieben“. Ein Verstoß oder eine Abänderung ließe im Übrigen ebenfalls das schuldrechtliche Verhältnis und damit die Wirksamkeit des Vertrages unberührt.

Zusammenfassend hat die Klägerin das Fahrzeug ohne Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht zu dem von dem von ihr beauftragten Sachverständigen ermittelten Restwert am regionalen Markt veräußert. Das Restwertangebot des Beklagten hatte ohnehin mangels Fehlens des regionalen Marktes keinen Einfluss.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.“

AG Zittau, Zweigstelle Löbau, Urteil vom 25.7.2023 – 8 C 193/22

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