Unzulässiger Verweis auf kostengünstigere Werkstatt, erstattungsfähige Beilackierungskosten und UPE-Aufschläge im Rahmen einer fiktiven Abrechnung

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 29.3.2019 – 20 C 623/18) muss sich ein aufgrund eines Verkehrsunfalls Geschädigter im Rahmen einer fiktiven Abrechnung nicht auf eine kostengünstigere Reparaturwerkstatt verweisen lassen. Zudem sind die von einem Sachverständigen im Schadengutachten aufgeführten Kosten für eine Beilackierung und die UPE-Ersatzteilaufschläge im Rahmen einer fiktiven Abrechnung erstattungsfähig.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

„Der Kläger hat die erforderlichen Kosten für die Reparatur seines Fahrzeugs auch hinreichend dargelegt und mit der Vorlage eines privaten Sachverständigengutachtens nachgewiesen.
Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass die geltend gemachten 3.907,65 € zur Wiederherstellung des Fahrzeugs erforderlich sind.

a)
Der Kläger muss sich nicht, wie von der Beklagten dargelegt, auf eine vermeintlich günstigere Werkstatt verweisen lassen. Grundsätzlich hat nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtsghofs der Geschädigte auch bei fiktiver Abrechnung einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die in einer markengebundenen Fachwerkstatt in seinem Wohnbereich entstehen. Ziel des Schadesersatzes ist die Totalreparatur. Zwar ist der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Doch genügt im Allgemeinen, dass er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens berechnet, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, den konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Die Schadensrestitution darf nicht beschränkt werden auf die kostengünstigste Wiederherstellung der beschädigten Sache. Der Geschädigte ist in den durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Verbot der Bereicherung gezogenen Grenzen grundsätzlich frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung.
Das gilt auch bei fiktiver Abrechnung. Er ist weder dazu verpflichtet, sein Fahrzeug zu reparieren noch es zur Reparatur in eine bestimmte Werkstatt zu geben. Es bleibt ihm überlassen, ob und auf welche Weise er sein Fahrzeug tatsächlich instandsetzt. Diesen Grundsätzen widerspräche es, wenn der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung letztlich auf bestimmte Stundenverrechnungssätze der Billigsten, von der Versicherung ausgesuchten Werkstatt in der Region beschränkt wäre, weil dies in die freie Dispositionsbefugnis des Geschädigten eingreift, etwa wenn er sein Fahrzeug gar nicht repariert, sondern veräußert. Der zur Schadensbeseitigung erforderliche Betrag im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB wird nicht durch die besonders günstigen Stundenverrechnungssätze einer von der Versicherung ausgesuchten Werkstatt bestimmt, sondern bemisst sich auch bei fiktiver Abrechnung danach, welche Reparaturkosten anfallen und maßgeblich sind, insoweit die durchschnittlichen ortsüblichen Sätze in seiner Wohngemeinde. Der Geschädigte ist nicht gehalten, die billigste Werkstatt zu wählen (OLG München vom 13.09.2013, AZ 10 O 859/13). Der Kläger hat mit dem Gutachten der DEKRA Automobil GmbH eine dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechende Reparaturkostenkalkulation vorgelegt. Zwar geht aus dem Gutachten hervor, dass als Stundenverrechnungssätze die in dieser Werkstratt üblichen angenommen wurden. Die Beklagtenseite hat die Ortsüblichkeit dieser aber letztlich nicht bestritten, sondern lediglich darauf verwiesen, dass eine von ihr ausgesuchte Werkstatt hier günstigere Stundenverrechnungssätze anbietet.

b)
Das Gericht erachtet auch die in dem Gutachten aufgeführten Beilackierungskosten für ersta tungsfähig. Die Kosten einer Beilackierung sind im Rahmen einer fiktiven Abrechnung ersatzfähig, wenn diese zur sach- und fachgerechten Reparatur als erforderlich anzusehen sind.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Frage, ob eine Beilackierung angrenzender Bauteile erforderlich ist, sich oftmals erst bei der Reparatur herausstellt. Für Umstände, die darauf schließen lassen, dass eine Beilackierung bei dem verunfallten Fahrzeug erforderlich wird, trifft den Geschädigten die Darlegungslast. Der Verweis auf ein privates Sachverständigengutachten, das diesbezüglich keine näheren Ausführungen enthält, ist nicht ausreichend (LG Köln vom 10. Mai 2016, AZ 11 S 360/15). Der hier vorliegende Fall unterscheidet sich aber insofern wesentlich von dem vom Landgericht Köln entschiedenen Sachverhalt, als dass das seitens des Klägers vorgelegte Sachverständigengutachten sich ausdrücklich auf Seite 5 dazu verhält, dass bei dem Farbton des Fahrzeugs eine entsprechende Lackangleichung erforderlich sein wird. Dementsprechend sind im hier zu entscheidenden Fall auch die Beilackierungskosten auf Grundlage einer fiktiven Abrechnung erstattungsfähig.

c)
Gleiches gilt für UPE-Aufschläge und Verbringungskosten. Bei fiktiver Abrechnung auf Gutachtenbasis ist von einer Erstattungsfähigkeit der entsprechenden Aufschläge auszugehen, wenn ein öffentlich bestellter und vereidigter Kfz-Sachverständiger unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle einer Reparatur in der Region bei markengebundenen Fachwerkstätten typischerweise UPE-Aufschläge erhoben werden (OLG Frankfurt vom 21. April 2016, AZ 7 U 34/15).

d)
Rechtsanwaltskosten stellen nach ständiger Rechtsprechung einen ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 249 BGB dar. Die Rechnung ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die geltend gemachte Auslagenpauschale schätzt das Gericht ebenso wie die Klägerseite gemäß § 287 ZPO auf 25,00 ê. Der geltend gemachte Znsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.“

AG Bautzen, Urteil vom 29.3.2019 – 20 C 623/18

Erstattungsfähigkeit von Reparaturkosten im Rahmen der 130%-Grenze bei Verwendung von Gebrauchtteilen

Durch das Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 7.2.2019 – 20 C 545/18) wurde entschieden, dass ein Geschädigter im Rahmen der Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall im Rahmen der 130%-Grenze unter Verwendung von Gebrauchtteilen nach einer durchgeführten Reparatur die Erstattung der hierfür tatsächlich angefallen Reparaturkosten fordern kann. Zudem kann ein Geschädigter die Erstattung der Mietwagenkosten für einen längeren Zeitraum bis zur erfolgten Reparatur des Fahrzeugs nach einer Zahlung der Reparaturkosten durch den Schädiger verlangen, wenn der Geschädigte aufgrund seiner wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse nicht selbst für diese Kosten aufkommen kann und kein Darlehen erhält.

Im Übrigen sind die Streitwerte für die Festsetzung des Streitwerts für die anwaltlichen Gebühren nach einer Erledigung und anschließenden Klageerweiterung zu addieren.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit

[…]

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]

gegen

A[…] Versicherung AG, […]
v.d.d. Vorstand

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte […]

wegen Schadensersatz aufgrund Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht Bautzen durch Richterin […]
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2019 am 07.02.2019

für Recht erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.263,87 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.10.2018 zu bezahlen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.244,83 EUR festgesetzt.
Der Streitwert für die anwaltliche Terminsgebühr beträgt 2.263,87 €.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, für welchen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners der Klägerin unstreitig zu 100 % einzustehen hat. Die Klägerin begehrte ursprünglich mit ihrer Klage 2.100,00 €, welche sich aus dem Wiederbeschaffungswert ihres Kfz abzüglich des gutachtlich festgestellten Restwertes zusammensetzte. Darüber hinaus begehrte sie Gutachterkosten in Höhe von 536,15 €, Abschleppkosten in Höhe von 319,81 € sowie eine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 €. Die Klage ging am 17.08.2018 beim Gericht ein. Die Beklagte zahlte vor Zustellung der Klage an die Klägerin, so dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klage bis auf die auch geltend gemachten Zinsen zurücknahm. Die Klägerin ließ anschließend das Fahrzeug unter Verwendung von Gebrauchtteilen reparieren und wendete einen Betrag in Höhe von 2.972,87 € hierfür auf. Darüber hinaus mietete sie für den Zeitraum des Nutzungsausfalls ihres Kfz einen Ersatzwagen an, wofür ihr Kosten in Höhe von 1.666,00 € in Rechnung gestellt wurden. Die Klägerin erweiterte daraufhin die rechtshängige Klage. Nach einem weiteren Zahlungseingang seitens der Beklagten erklärten die Parteien den Rechtsstreit in Höhe der geltend gemachten Zinsen übereinstimmend für erledigt.

Die Klägerin begehrt weiteren Schadensersatz in Höhe von 2.263,87 €. Sie habe das Fahrzeug ordnungsgemäß mit Gebrauchtteilen reparieren lassen, wofür sie über den von der Beklagten bereits erstatteten Betrag weitere 597,87 € aufgewendet habe. Sie sei wirtschaftlich und finanziell auch nicht in der Lage gewesen, die Reparaturkosten vorzustrecken und habe entsprechende Hinweise an die Beklagte erteilt. Darüber hinaus sei sie zwingend auf ein Fahrzeug angewiesen gewesen, so dass sie für die Dauer der Reparatur einen Ersatzwagen anmieten haben müssen. Hierfür seien ihr 1.666,00 € in Rechnung gestellt worden.

Sie beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.263,87 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie ist der Auffassung, der Klägerin stünde kein weiterer Schadensersatz über den bereits erstatteten Betrag zu. Die Reparaturkosten würden den Wiederbeschaffungsaufwand überschreiten, welcher durch die Beklagte ausgeglichen worden sei. Sie bestreite, dass die erfolgte Reparatur sach- und fachgerecht durchgeführt wurde. Darüber hinaus stünden der Klägerin Mietwagenkosten nur für einen vom Gutachten ausgewiesenen Zeitraum der Wiederbeschaffung zu, und das Gutachten ginge lediglich von 14 Tage aus. Von Beginn an sei die Wirtschaftlichkeit der Reparatur zweifelhaft gewesen, so dass sich die Klägerin für den Nutzungsausfall an die im Gutachten ausgewiesene Wiederbeschaffungsdauer halten müsse.

Hinsichtlich des weiteren Vorbingens der Parteien wird auf den Inhalt der gegenseitig gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

I.

Das Amtsgericht ist trotz der Festsetzung des Gebührenstreitwerts oberhalb von 5.000,00 € sachlich für den Rechtsstreit zuständig. Die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts richtet sich nach § 5 Halbsatz 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift werden mehrere in der Klage geltend gemachte Ansprüche zusammengerechnet. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Ansprüche nebeneinander, also gleichzeitig verfolgt werden (vgl. Zöller, Herget, ZPO 32. Auflage, § 5 Seite 3Rdnr. 3 m. w. N.). Im vorliegenden Fall wurden die Ansprüche jedoch nacheinander geltend gemacht, denn die ursprüngliche, auf eine Hauptforderung von 2.980,00 € nebst Zinsen bezifferte Klage war bis auf die nur wenige Euro betragenden Zinsen bereits zurückgenommen, als die Klägerin die nun zunächst auf diese Zinsen beschränkte Klage um 2.263,87 € nebst Zinsen hieraus erweitert hat.

II.

Die Klage ist auch begründet, denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz aus den §§ 7, 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 BGB in Verbindung mit § 115 Abs. 1 VVG zu. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien nicht streitig.

1. Die Klägerin kann die weiter angefallenen Reparaturkosten in Höhe von 597,87 € von der Beklagten erstattet verlangen. Dabei ist unschädlich, dass die aufgewendeten Reparaturkosten über dem mit dem Gutachten festgestellten Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs liegen. Mit den schadensrechtlichen Grundsätzen ist es vereinbar, dass einem Geschädigten, der sich zu einer Reparatur entschließt und diese nachweislich auch durchführt, Kosten der Instandsetzung zuerkannt werden, die den Wiederbeschaffungswert bis zu 30 % übersteigen (BGH vom 15.02.2005, Aktenzeichen VI ZR 70/04). Dies ist hier der Fall. Der mit dem Gutachten festgelegte Wiederbeschaffungswert beträgt 2.300,00 €. Damit liegt die 130 % Grenze für eine Reparatur bei 2.990,00 €, welcher durch die tatsächlichen Reparaturkosten entsprechend der klägerisch vorgelegten Rechnung vom 24.08.2018 in Höhe von 2.972,87 € brutto übersteigt Dabei ist im vorliegenden Fall auch unerheblich, dass die Reparaturkosten nur durch die Verwendung von Gebrauchtteilen unterhalb der 130 % Grenze bleiben. Grundsätzlich können bei einer Reparatur Gebrauchtteile Verwendung finden, wenn eine sach- und fachgerechte Reparatur entsprechend dem im Gutachten durchgeführten Reparaturmaßnahmen vorgenommen wird. Dem steht auch die Entscheidung des BGH vom 14.12.2010, Aktenzeichen VI ZR 231/09 nicht entgegen. Im dort entschiedenen Fall begehrte der Kläger über tatsächlich angefallene Reparaturkosten hinaus eine fiktive Erstattung von Reparaturkosten bis zur 130 % Grenze, weil es ihm gelungen war, die Reparaturkosten unterhalb dem vom Sachverständigen geschätzten Aufwand zu halten. Die Kosten lagen dort aber auch unterhalb des Wiederbeschaffungswertes. so dass der Kläger letztlich fiktiv oberhalb des Wiederbeschaffungswertes abrechnete. Dem hat der BGH eine Absage erteilt. Im hier zugrundeliegenden Sachverhalt werden aber Reparaturkosten oberhalb des Wiederbeschaffungswertes verlangt, weiche tatsächlich auch angefallen sind. Der BGH hat diesbezüglich in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert liegen, bis zur sogenannten 130 % Grenze verlangt werden können, wenn sie tatsächlich angefallen sind und die Reparatur fachgerecht und zumindest wertmäßig in einem Umfang durchgeführt wird, den der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Die Beklagte hat lediglich einfach bestritten, dass die Reparatur vollständig und fachgerecht durchgeführt wurde. Dies ist nicht ausreichend. Die Klägerseite hatte die Reparaturrechnung vorgelegt, so dass es Angelegenheit der Beklagten gewesen wäre, konkret zu bestreiten, welche durchgeführten Arbeiten nicht denen des Sachverständigengutachtens entsprechen. Hierzu hat sie trotz erteilten Hinweises des Gerichts nicht weiter vorgetragen.

2. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf die angefallenen Kosten für die Inanspruchnahme eines Ersatzwagens. Nach ständiger Rechtsprechung gehören Mietwagenkosten zum ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 249 BGB. Die Angemessenheit der Kosten der Höhe nach ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die Klägerin kann Erstattung der Mietwagenkosten auch für den gesamten Zeitraum verlangen. Die Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin, dass sie mehrfach darauf hingewiesen habe, zur Vorfinanzierung einer Wiederbeschaffung oder Reparatur wirtschaftlich nicht in der Lage zu sein, nicht entgegengetreten. Eine erste Zahlung der Beklagten erfolgte trotz unstreitiger Haftung zu 100 % erst nach Ablauf der Mietzeit für den Ersatzwagen. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin zur Reparatur berechtigt war. Darüber hinaus erfolgte kein Vortrag der Beklagten dahingehend, dass die Dauer der Reparatur der Klägerin anzulasten wäre. Im Ergebnis ist daher nicht ersichtlich, wie die Klägerin auf die Dauer der Reparatur hätte weiter Einfluss nehmen können, um ihrer Schadensminderungspflicht hier gerecht zu werden. Die Beklagte hat daher die vollständigen Kosten für die Inanspruchnahme eines Ersatzwagens zu tragen.

III.

Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ergibt sich aus den §§ 288, 291 BGB.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 91a, 269 Abs. 3 ZPO. Hinsichtlich des erledigenden Teils liegt die Kostentragungspflicht bei der Beklagten, da die Klage bei Erhebung zulässig und begründet war. Letztlich hat die Beklagte den geltend gemachten Zinsanspruch auch ausgeglichen. Für den zurückgenommenen Teil der Klage richtet sich die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO und die Kosten sind ebenfalls der Beklagten aufzuerlegen. Sie hat durch Nichtzahlung des geschuldeten Schadensersatzes Anlass zur Klageerhebung gegeben. Die Zahlung erfolgte nach Anhängigkeit, aber vor Rechtshängigkeit der Klage, so dass die Klägerin gezwungen war, die Klage zurückzunehmen. Gemäß § 269 Abs. 3 ZPO können die Kosten in einem solchen Fall der Beklagten auferlegt werden.

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

VI.

Der Gebührenstreitwert war nach den §§ 39, 63 Abs. 1 GKG auf 5.244,38 € festzusetzen.

Streitwerte bei teilweiser Klagerücknahme und anschließender Erweiterung sind zu addieren (AG Siegburg, Beschluss vom 29.03.2010, Aktenzeichen 118 C 192/09). Hiervon ausgenommen ist aber die anwaltliche Terminsgebühr, da über den zurückgenommenen Klagegegenstand nicht verhandelt wurde. Der Streitwert für die anwaltliche Terminsgebühr war daher gesondert auf 2.263,87 € festzusetzen. Die erfolgte Erledigungserklärung ist für den Streitwert unbeachtlich (vgl. BGH NJW-RR 95, Seite 1089).“

AG Bautzen, Urteil vom 7.2.2019 – 20 C 545/18

Anspruch auf Erstattung der zusätzlichen Transportkosten für nicht mehr betriebsbereites Fahrzeug zum Händler des Leasinggebers nach Ende des Leasingvertrages

Durch das Amtsgericht Dresden (AG Dresden, Urteil vom 9.4.2018 – 105 C 6011/17) wurde entschieden, dass durch den Schädiger im Rahmen der Schadensregulierung auch die Kosten für einen zusätzlichen Transport des nicht mehr betriebsbereiten Fahrzeugs zum vom Leasinggeber benannten Händler nach dem Ende eines Leasingvertrages erstattet werden müssen.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit
G[…] GmbH, […]

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7-9, 01097 Dresden, Gz.: […]

gegen

[…] Versicherung AG, […]

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:
[…]

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Dresden durch
Richterin am Amtsgericht […]
ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO am 09.04.2018
für Recht erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 303,45 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 09.09.2017 zu zahlen,
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:
Der Streitwert wird auf 303,45 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Danach hat die Klägerin Anspruch auf Ausgleich des offenen Schadensersatzanspruches aus dem Verkehrsunfall vom 13.08.2017 […] in Görlitz, §§ 823 Abs. 2, 1 StVG, 115 WG.
Nachdem die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 164,35 EURO unter dem 05.12.2017 reguliert wurden, wurde der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt und war nur noch über die streitige Position Transportkosten zu befinden.
Auch insoweit haben die Beklagten für die zusätzlichen Kosten für die Verbringung des Fahrzeuges aufzukommen. Ausweislich des als Anlage K1 vorgelegten Schadensgutachtens vom 21.08.2017 war das Fahrzeug nicht mehr betriebsbereit. Da der Leasingvertrag für das beschädigte Fahrzeug zeitnah nach dem Verkehrsunfall ausgelaufen ist und der Kläger Rückgabe des Fahrzeuges beim Autohaus […], verpflichtet war, sind auch die Kosten für die weitere Verbringung des Fahrzeuges erforderlich und daher zu erstatten. Die von der Beklagtenseite zitierte Rechtssprechung steht dem nicht entgegen, da sich diese vom hier zu entscheidenden Fall unterscheidet, wonach die Klägerin zur Herausgabe des nicht mehr fahrbereiten Fahrzeuges an den Eigentümer verpflichtet ist. Eine Reparatur des beschädigten Fahrzeuges vor dem Termin zur Rückgabe des Fahrzeuges wäre der Klägerin nicht mehr möglich gewesen. Zudem wurde erst nach der Rückgabe des Fahrzeuges an das Autohaus […] durch das als Anlage
K1 vorgelegte Schadensgutachten vom 21.08.2017 der Eintritt des wirtschaftlichen Totalschadens festgestellt. Dies hat die Klägerin durch Vorlage der Schreiben Anlage K8, K9 sowie des Gutachtens (Anlage K1) substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Das pauschale Bestreiten der Beklagten insoweit ist somit unerheblich.
Soweit die Beklagte die Kostentragung bezüglich des teilweise für erledigt erklärten Betrages negiert, kann sie ebenfalls nicht durchdringen. Bereits mitschreiben vom 02.10.2017 (Anlage K8) wurde die als Anlage K11 vorgelegte Bescheinigung der Steuerberatungsgesellschaft der Klägerin vom 24.10.2017 übersandt, aus der sich die fehlende  Vorsteuerabzugsberechtigung ergibt. Mt dem Ausgleich der Mehrwertsteuer war die Beklagte folglich in Verzug, sodass auch
hinsichtlich des erledigt erklärten Teils die Kosten von Beklagtenseite zu tragen sind, gem. §§ 91, 269 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 ZPO.
Der Zinsanspruch folgt §§ 280, 286, 288 BGB.“

AG Dresden, Urteil vom 9.4.2018 – 105 C 6011/17

Erstattungsanspruch der eigenen Rechtsanwaltskosten bei der Schadensregulierung eines Verkehrsunfalls eines Rechtsanwalts

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 1.9.2015 – 21 C 348/15) hat ein Rechtsanwalt gegenüber dem Schädiger einen Erstattungsanspruch für die eigenen Rechtsanwaltskosten bei der Schadensregulierung eines eigenen Verkehrsunfalls.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

[…]

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]

gegen

[…] Versicherung AG, […]

vertreten durch d. Vorstand

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigter:

[…]

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Bautzen durch

[…]

ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO am 01.09.2015

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 124,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 08.08.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens des Klägers verauslagten Gerichtskosten Zinsen i.H.v. 4 Prozent seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf bis 500,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Entfälltgemäß § 313a ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Form von Rechtsanwaltskosten gemäß §§7, 18 StVG, 823, 249 BGB, 115 VVG.

I.

a) Unstreitig wurde das Fahrzeug des Klägers am 15.07.2014, gegen 11.20 Uhr, auf der […]straße in Bautzen durch einen Lkw, welcher am Unfalltag bei der Beklagten haftpflichtversichert war, beschädigt. Insoweit ist die Beklagte zu 100% einstandspflichtig.

b) Gemäß § 249 BGB sind Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts in der konkreten Situation erforderlich und auch zweckmäßig war.

Dabei ist der Beklagtenseite zuzustimmen, dass in einfach gelagerten Schadensfällen, in welchen die Haftung nach Grund und Höhe derart klar Ist, dass aus der Sicht des Geschädigten kein Anlass zu zweifeln an der Ersatzpflicht des Schädigers steht, die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs durch Einschaltung eines Rechtsanwalts nur dann erforderlich ist, wenn der Geschädigte selbst hierzu aus besonderen Gründen nicht in der Lage. Jedoch ist nach Ansicht des Gerichts aufgrund der Komplexität heutiger Schadensregulierungen ein einfacher Fall im Straßenverkehr nur in absoluten Ausnahmefällen vorhanden. Es sind dann insbesondere Missbrauchskonstellationen denkbar, bei denen die Beauftragung eines Rechtsanwalts geradezu als unvernünftige oder bloß schikanöse Ausnutzung von Ersatzansprüchen erfolgt (vgl. Wagner, NJW 2006, 3244, 3248). Außerdem ergibt sich die Berechtigung zur Einschaltung eines Rechtsanwalts auch aus dem Grundsatz der Waffengleichheit, da die Beklagte als Haftpflichtversicherer über eine Rechtsabteilung und entsprechend über ein juristisch geschultes und erfahrenes Personal bzgl. der Abwicklung von Schadensfällen verfügt (AG Darmstadt. ZfS 2002, 71; AG Kassel, NJW 2009, 2898).

Ebenso ist der Beklagtenseite zuzugestehen, dass ein Ersatz für aufgewandte Zeit nicht verlangtwerden kann. Allerdings handelt es sich hier nicht um einen Schadensersatz wegen aufgewandter Zeit, sondern um die Ersatzpflicht für die Beauftragung eines Rechtsanwalts. Die Ersatzpflicht entfällt auch nicht, wenn der Klägerselbst als Rechtsanwalt tätig wurde (vgl. Palandt, § 249 Rdnr. 57). Dabei ist nicht ersichtlich, weswegen ihm eine entsprechende und übliche Vergütung nicht zugesprochen werden sollte. Seine durch den Beruf erworbenen Fähigkeiten können ihn nicht derart zum Nachteil ausgelegt werden, dass ihm eine anwaltliche Tätigkeit im eigenen Interesse unvergütet bleibt. Allein die persönlichen Verhältnisse beim Schädiger oder Geschädigten begründen keinen Anspruch auf Ermäßigung des Schadensersatzes. Insoweit ist es dem Geschädigten nicht zuzumuten, seine besonderen beruflichen Fähigkeiten in den Dienst des Schädigers zu stellen (vgl. AG Halle, Urteil vom 28.04.2010, Az; 2 C 876/09).

Außerdem geht das Gericht davon aus, dass hier kein derartig einfach gelagerter Fall vorliegt, so dass die Abrechnung der Rechtsanwaltskosten sich als rechtsmissbräuchlich darstellen würde. Laut Vortrag des Klägers wurde durch die Beklagtenseite nur auf der Grundlage einer Haftungsquote von 75 zu 25 abgerechnet, da sich das Fahrzeug des Klägers zu nah an einem Kreuzungsbereich befunden habe. Dieser Vortrag wurde schließlich auch von der Beklagtenseite nicht bestritten. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass die vollständige Einstandspflicht der Beklagtenseite gerade nicht bereits zu Beginn der Schadensregulierung unstreitig war.

c) Auch die Höhe der Klageforderung ist begründet. Sie ergibt sich aus einem Gegenstandswert i.H.v. 638,37 € sowie einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG sowie der Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 W RVG. Substantiierte Einwände gegen die Höhe wurde auch von der Beklagtenseite nicht erhoben.

d) Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I BGB. Auch wenn eine Haftpflichtversicherung einer Prüfungspflicht von 4 – 6 Wochen einzuräumen ist, so hat dies allerdings keinen späteren Eintritt der Fälligkeit zur Folge. Einerseits wäre das Abstellen auf den Prüfungszeitraum, weicher je nach Einzelfall 4 – 6 Wochen umfassen kann, zu unbestimmt, um einen Zeitpunkt zur Verzinsung festzulegen und andererseits ergeben sich die Verzugszinsen aus den gesetzlichen Regelungen und können durch einen Prüfungszeitraum nicht umgangen werden.

e) Der Ausspruch zum Feststellungsantrag ergibt sich ebenfalls aus Verzugsgesichtspunkten (vgl. LG Görlitz, Urteil vom 07.07.2014, Az: 12 82/14). Die Gerichtskosten sind Teil des Schadens, der infolge des Verzugs mit der der Klage zugrunde liegenden Hauptforderung entstanden und als solcher mit seinem Eintritt während des Verzugs gemäß § 288 IBGB zu verzinsen ist (vgl. AG Bad Segeberg, Urteil vom 08.11.2012, Az; 17 a C 256/10).“

AG Bautzen, Urteil vom 1.9.2015 – 21 C 348/15

Anspruch eines Autohauses auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren

Nach dem Urteil des Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 31.7.2015 – 21 C 24/15) hat grundsätzlich auch ein Autohaus einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Schadensregulierung.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

Autohaus […]

vertreten durch den Geschäftsführer […]

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]

gegen

[…] Versicherung[…]

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Bautzen durch

Richter […]

im schriftlichen Verfahren, in welchem Schriftsätze bis zum 05.06.2015 eingereicht werden konnten,

am 31.07.2015

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 630,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 630,80 € seit dem 06.08.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist. auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Znsen in Höhe von 4% seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Soweit der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € nicht übersteigt, wird die Berufung nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 630,80 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin macht weitergehende Schadensersatzansprüche in Form von Honorarkosten aus einem Verkehrsunfall vom 10.07.2014, gegen 10:30 Uhr beim Unfallort […] geltend.

Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Halterin des Pkw Typ VW Caddy mit dem amtlichen Kennzeichen […] und der Fzg.ldent,-Nr. […]. Die Beklagte war die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen […]. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte dem Grunde nach vollumfänglich haftet.

Die Beklagte hat die geltend gemachten Schadensersatzansprüche bis auf die geltend gemachten anwaltlichen Honorarkosten erstattet. Mit anwaltlichen Schreiben vom 22.07.2014, vom 18.08.2014, vom 09.09.2014 und vom 30.09.2014 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Schadensersatzansprüche geltend und setzte jeweils entsprechende Zahlungsfristen. Insgesamt wurden für Fahrzeugschaden, Kosten für Schadengutachten, Unkostenpauschale, Nutzungsausfallentschädigung und die Akteneinsichtspauschale für die Ermittlungsakte eine Forderung in Höhe von 7.614,00 € geltend gemacht. Aus diesem Gegenstandswert berechnete die anwaltliche Vertretung der Klägerin eine 1,3-fache Geschäftsgebühr und eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 W RVG sowie eine Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 W RVG. Somit ergibt sich eine Kostennote in Höhe von 630,80 €. 

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass Anwaltskosten auch für Autohäuser, Leasing- und Mietwagenunternehmen erstattungsfähig seien. Aufgrund der wachsenden Komplexität und der unübersichtlich gewordenen Rechtsprechung zum Ansatz und zur Angemessenheit einzelner Schadenspositionen bei Verkehrsunfällen seien Rechtsanwaltsgebühren grundsätzlich erstattungsfähig. Seltene Ausnahmen hierzu bestünden nur in Fällen, wenn ein Unternehmen bei spielsweise eine eigene Rechtsabteilung besitze. Die Klägerin habe unstreitig keine eigene Rechtsabteilung. Weiterhin gebe es für den Rechtsunkundigen keinen einfach gelagerten Verkehrsunfall. Dies gelte auch dann, wenn es sich bei den Geschädigten um eine mittelständige gewerbliche Autovermietung ohne eigene Rechtsabteilung handele.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 630,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 630,80 € seit dem 06.08.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 4% seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass aufgrund der Besonderheiten des Schadensfalles die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nicht in Betracht komme.

Bereits am 22.07.2014 sei der Klägerin eine Reparaturkostenübernahmeerklärung für das streitgegenständliche Fahrzeug übersandt worden. Es liege hier eine eindeutige Haftungsfrage vor. Die Geschädigte ist ein Autohaus, so dass diese geschäftlich gewandt sei und Erfahrungen in der Abwicklung von Verkehrsunfällen besitze. Schließlich habe bereits 12 Tage nach dem Unfall eine Reparaturkostenübernahmeerklärung vorgelegen. Daher seien die Anwaltskosten nicht ersetzbar, da die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes hier nicht erforderlich gewesen sei. Der Sachverhalt sei von vornherein klar und unstreitig gewesen, der Geschäftsführer der Klägerin oder ein anderer Mitarbeiter habe über die geschäftliche Gewandtheit verfügt, eine entsprechende Unfallregulierung selbst vorzunehmen.

Die Klägerin repliziert darauf, dass es richtig sei, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.07.2014 sich gemeldet habe. Allerdings habe sie darin nicht ihre Zahlungswilligkeit signalisiert. Gerade mit diesem Schriftsatz sei die Ursache fürdie Einschaltung eines Rechtsanwaltes durch die Klägerin gesetzt worden. Denn darin sei lediglich die Zahlung eines geringeren Reparaturkostenbetrages in Aussicht gestellt und auf erfolgte Abzüge verwiesen sowie die Vornahme weiterer Abzüge ausdrücklich vorbehalten worden. Außerdem dürfe nach der aktuellen Rechtsprechung bis zum vollständigen Ausgleich sämtlicher berechtigter Forderungen des Geschädigten dieser sich zu jeder Zeiteines Rechtsanwaltes bedienen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat einen weitergehenden Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 630,80 € gemäß §§ 7,17 StVG, §§ 823. 249 BGB, § 115 WG.

I.

a) Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist vorliegend unstreitig.

b) Gemäß § 249 Abs. 1 und 2 BGB muss derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Hierzu kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Hierzu schließt sich das Gericht der Ansicht an, dass grundsätzlich zu den erforderlichen Kosten auch die außergerichtlichen Kosten eines Anwaltes zur Durchsetzung der Schadensersatzforderungen gehören. Angesichts der Komplexität heutiger Schadensregulierungen unter mannigfaltigen Regulierungserschwernissen benötigt der Geschädigte anwaltliche Hilfe bei der Beurteilung der Haftungslage, für das Wissen um die ersatzfähigen Schadenspositionen und zur sachgerechten Durchsetzung seiner Ansprüche.

Ausnahmsweise kann dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht entgegengehalten werden, dass er sich keines Rechtsanwaltes bedienen musste, wenn er beispielsweise eine eigene Rechtsabteilung hat. Ebenso spricht Einiges dafür, dass sich der Geschädigte keines Anwaltes bedienen muss, wenn die Haftungslage derart eindeutig ist, dass die Haftpflichtversicherung sofort die Haftung dem Grunde nach und der Höhe nach anerkennt.

Jedoch kann dies vorliegend dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein rechtlich einfach gelagerter Verkehrsunfall vorlag, da die Beklagte in ihrem Schreiben vom 22. Juli 2014 gerade nicht den Anspruch der Höhe nach vollumfänglich anerkannt hat. Vielmehr heißt es in dem Schreiben, welches von der Beklagtenseite als Anlage B 1 vorgelegt wurde, dass die unfallbedingten Reparaturkosten von maximal 5.540,80 € brutto übernommen würden. Nach unstreitigen Vortrag der Klägerseite entstanden jedoch Reparaturkosten in Höhe von 6.147,85 € netto. Außerdem wurden Abzüge, welche der Anlage zu entnehmen waren, gemacht. Weitere Abzüge wurden vorbehalten; Verbringungskosten wurden gekürzt. Somit lag gerade kein vollumfängliches Anerkenntnis vor. Mit außergerichtlichen sowie gerichtlichen Auseinandersetzungen durfte daher die Klägerin rechnen. In einem solchen Fall ist dann die Klägerin als Geschädigte berechtigt, sich anwaltlicher Beratung zu bedienen. Dies giltauch, wenn es sich bei der Geschädigten um eine Autovermietung und Reparaturwerkstatt handelt (vgl. AG Bernkastel – Kues, ZfS 2003, 201). Dies ergibt sich unter anderem aus dem Grundsatz der Waffengleichheit, da die Beklagte als Haftpflichtversicherer über eine Rechtsabteilung und entsprechend über ein juristisch geschultes und erfahrenes Personal bezüglich der Abwicklung von Schadensfällen verfügt (AG Darmstadt, ZfS 2002, 71). Dass die Klägerin als Geschädigte jedoch nicht über eine Rechtsabteilung verfügt, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Insofern durfte sich die Klägerin eines Rechtsanwaltes zur Durchsetzung ihrer Forderungen bedienen.

c) Einwände gegen die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren in Form einer 1,3 Gebühr aus dem Gegenstandswert von 7.614,00 € sowie der Auslagenpauschale und der Dokumentenpauschale wurden von der Beklagten nicht erhoben.

d) Die Entscheidung zu den Verzugszinsen und den Feststellungsantrag (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Urteil vom 01.03.2012, Az.: 26 U 11/11, zitiert nach Juris) ergeben sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB.“

AG Bautzen, Urteil vom 31.7.2015 – 21 C 24/15