Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten: BVSK-Honorartabelle unabhängig von Verbandszugehörigkeit

Das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 25.06.2024 (Az. 121 C 573/24) behandelt einen Rechtsstreit zwischen einem Ingenieurbüro und einer Haftpflichtversicherung zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall. Die Klägerin hatte die Ansprüche des Geschädigten aus abgetretenem Recht geltend gemacht.

Das Gericht hat entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten hat. Die Entscheidung stützt sich dabei auf § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 VVG und den Regelungen des BGB.

Wesentlich in der Entscheidung ist die Frage der Angemessenheit und Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten. Das Gericht hat anerkannt, dass der Geschädigte grundsätzlich das Recht hat, die Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen ersetzt zu bekommen, jedoch unterliegt dieser Anspruch dem sogenannten Wirtschaftlichkeitsgebot. Das bedeutet, dass die Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zur Schadenshöhe stehen müssen und der Geschädigte nicht automatisch jeden Preis ersetzt verlangen kann, den der Sachverständige in Rechnung stellt.

Ein zentraler Punkt war die Bewertung der einzelnen Kostenpositionen, wie z.B. Grundhonorar, Fahrtkosten, Fotokosten und Schreibkosten. Das Gericht hat hier die BVSK-Honorartabelle 2022 als Schätzgrundlage herangezogen und festgestellt, dass die in Rechnung gestellten Beträge größtenteils angemessen waren, mit Ausnahme der Fahrtkosten, die teilweise als überhöht angesehen wurden.

Besonders bemerkenswert ist die Entscheidung des Gerichts, dass eine Mitgliedschaft im BVSK (Berufsverband der Sachverständigen) nicht Voraussetzung für die Heranziehung der BVSK-Honorartabelle als Schätzgrundlage ist. Das Gericht hat die Verwendung dieser Tabelle als repräsentativ und geeignet bewertet, um die Angemessenheit der Sachverständigenhonorare zu bestimmen.

Das Gericht betrachtet die BVSK-Honorartabelle als einen bundesweit anerkannten und repräsentativen Querschnitt der üblichen Honorare von Sachverständigen. Diese Honorartabelle wird vom Berufsverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen (BVSK) erstellt und basiert auf umfangreichen Umfragen unter Sachverständigen in Deutschland. Dadurch erlangt sie nach Auffassung des Gerichts eine hohe Aussagekraft für die Bestimmung angemessener Vergütungen in der Praxis.

Eine zentrale Argumentation des Gerichts ist, dass es nicht erforderlich ist, dass der beauftragte Sachverständige Mitglied im BVSK ist, um die BVSK-Honorartabelle als Schätzgrundlage heranziehen zu können. Diese Entscheidung beruht auf der Überlegung, dass die Tabelle selbst unabhängig von der Mitgliedschaft repräsentative Werte liefert, die den gängigen Marktbedingungen entsprechen. Wäre die Heranziehung der Tabelle auf BVSK-Mitglieder beschränkt, würde dies einen unzulässigen Druck auf Sachverständige ausüben, dem Verband beizutreten, was das Gericht als unsachgerecht ansieht.

Das Gericht argumentiert weiter, dass eine Differenzierung nach Mitgliedern und Nichtmitgliedern des BVSK zur Erhöhung der Einkommensmöglichkeiten von Sachverständigen durch eine erzwungene Mitgliedschaft führen könnte. Dies wäre nicht nur sachlich unangemessen, sondern würde auch dem Grundsatz der freien Berufsausübung widersprechen. Das Gericht stellt daher klar, dass es die BVSK-Honorartabelle auch dann als Schätzgrundlage nutzen kann, wenn der Sachverständige nicht Mitglied im BVSK ist.

Im Rahmen des § 287 ZPO hat das Gericht einen weiten Ermessensspielraum bei der Schätzung von Schadensersatzbeträgen. Es ist nicht verpflichtet, alle möglichen Schätzgrundlagen heranzuziehen, sondern kann sich auf solche stützen, die es als angemessen und praktisch durchführbar erachtet. Die BVSK-Honorartabelle erfüllt diese Anforderungen, da sie auf breiter Datenerhebung basiert und für die gängige Praxis repräsentativ ist.

Das Gericht weist zudem darauf hin, dass eine Differenzierung nach der Qualität einzelner Sachverständiger nicht erforderlich ist, da dies den Sinn und Zweck der Schätzmöglichkeit nach § 287 ZPO untergraben würde. Die Honorartabelle stellt eine durchschnittliche Vergütung dar, die typischerweise für Sachverständigenleistungen in diesem Bereich erwartet wird. Damit wird vermieden, dass im Einzelfall aufwendig geprüft werden muss, ob ein bestimmter Sachverständiger besonders qualifiziert oder erfahren ist.

Das Gericht setzt die BVSK-Honorartabelle auch in den Kontext anderer denkbarer Schätzgrundlagen und stellt fest, dass diese Tabelle eine zuverlässige und praxisnahe Grundlage bietet, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) entspricht. Der BGH hat in verschiedenen Urteilen betont, dass die Ermittlung der erforderlichen Kosten durch eine solche Honorartabelle zulässig ist, solange sie auf einer repräsentativen Datenerhebung basiert und die durchschnittlichen Marktbedingungen widerspiegelt.

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die BVSK-Honorartabelle eine geeignete Grundlage für die Schätzung der erforderlichen Sachverständigenkosten ist. Diese Entscheidung ermöglicht es, die Kostenfrage in Verkehrsunfallsachen auf eine einheitliche und nachvollziehbare Weise zu klären, ohne dass es zu einer übermäßigen Belastung der Gerichte durch individuelle Prüfungen kommt.

In dem Urteil des Amtsgerichts Braunschweig wird zudem ausführlich auf die Erstattungsfähigkeit von Nebenkosten im Rahmen der Sachverständigenhonorare eingegangen. Das Gericht befasst sich dabei mit mehreren Arten von Nebenkosten, darunter Fotokosten, Schreibkosten, Fahrtkosten und eine Pauschale für Porto und Telefon. Die Argumentation des Gerichts stützt sich dabei auf verschiedene rechtliche und praktische Überlegungen.

Das Gericht stellt zunächst fest, dass es allgemein üblich ist, dass Sachverständige neben ihrem Grundhonorar auch Nebenkosten geltend machen. Diese Nebenkosten sind als Auslagen für bestimmte Aufwendungen im Rahmen der Sachverständigentätigkeit zu verstehen und werden üblicherweise zusätzlich zum eigentlichen Entgelt für die Hauptleistung (die Erstellung des Gutachtens) in Rechnung gestellt. Das Gericht führt hierzu aus, dass es gerichtsbekannt sei, dass Sachverständige in der Regel Nebenkosten für verschiedene Posten wie Fahrten, das Anfertigen von Lichtbildern und das Erstellen von schriftlichen Gutachten gesondert abrechnen.

Im Hinblick auf die Fotokosten erkennt das Gericht eine Erstattungsfähigkeit an, da diese Kosten als notwendige Auslage für die Begutachtung des Fahrzeugs anzusehen sind. Im vorliegenden Fall wurden Kosten in Höhe von 2,00 Euro pro Foto für insgesamt 7 Fotos geltend gemacht. Das Gericht sieht diese Kosten als angemessen an. Daher wurden die Fotokosten in voller Höhe als erstattungsfähig anerkannt.

Die Schreibkosten wurden im Urteil ebenfalls als erstattungsfähig bewertet. Das Gericht führt aus, dass die abgerechneten Schreibkosten in Höhe von 10,80 Euro nicht überhöht seien. Es wurde ein Betrag von 1,80 Euro pro Seite für das schriftliche Gutachten abgerechnet, was insgesamt 6 Seiten umfasst. Das Gericht bezieht sich hierbei auf die BVSK-Honorarvereinbarung 2022, die auch eine Orientierung an den Regelungen des JVEG (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz) ermöglicht.

Das Gericht argumentiert, dass es sich bei den Schreibkosten um eine Pauschale handelt und es daher unerheblich sei, ob jede Seite des Gutachtens tatsächlich umfangreichen schriftlichen Inhalt aufweist. Entscheidend ist vielmehr, dass die Pauschale als marktüblich und angemessen anzusehen ist. Die Bemessung der Schreibkosten anhand einer Pauschale vereinfacht die Abrechnung und stellt sicher, dass die Kosten im üblichen Rahmen bleiben.

Die Fahrtkosten wurden differenziert betrachtet. Das Gericht erkennt an, dass Fahrtkosten grundsätzlich erstattungsfähig sind, legt jedoch Wert darauf, dass die Höhe der geltend gemachten Kosten angemessen ist. Im vorliegenden Fall wurden Fahrtkosten in Höhe von 0,99 Euro pro Kilometer geltend gemacht, was das Gericht als überhöht ansieht. Stattdessen hält das Gericht einen Kilometersatz von 0,70 Euro für angemessen, basierend auf verschiedenen Autokostentabellen und einer Marktanalyse, die im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz durchgeführt wurde.

Das Gericht verweist zudem darauf, dass der Geschädigte in der Lage sein muss, überhöhte Fahrtkosten zu erkennen und diese zu hinterfragen. Der Bundesgerichtshof hat in früheren Entscheidungen klargestellt, dass ein Kilometersatz von 0,70 Euro angemessen erscheinen kann, während der gesetzliche Satz nach dem JVEG von 0,30 Euro als unrealistisch niedrig bewertet wird.

Die Pauschale für Porto und Telefon in Höhe von 15,00 Euro netto wurde vom Gericht ebenfalls als erstattungsfähig anerkannt. Diese Pauschale entspricht der BVSK-Honorarvereinbarung 2022 und wurde seitens der Beklagten nicht substantiiert angegriffen. Das Gericht bewertet diese Pauschale als marktüblich und angemessen, da Sachverständige typischerweise solche Kommunikations- und Versandkosten als Teil ihrer Nebenkosten abrechnen.

Insgesamt sieht das Gericht die geltend gemachten Nebenkosten, mit Ausnahme eines Teils der Fahrtkosten, als angemessen und erstattungsfähig an. Die Entscheidung basiert auf der Praxis der freien Berufsausübung und den Prinzipien des Zivilrechts, insbesondere dem Wirtschaftlichkeitsgebot, das in Schadenersatzprozessen eine zentrale Rolle spielt. Das Gericht betont, dass der Geschädigte bei der Beauftragung eines Sachverständigen nicht zu einer umfassenden Marktforschung verpflichtet ist, um den günstigsten Anbieter zu finden.

Durch die Verwendung von Pauschalen und allgemein anerkannten Honorartabellen wird die Abrechnung der Nebenkosten vereinfacht und standardisiert, was sowohl den Gerichten als auch den Parteien eine verlässliche Grundlage bietet, um die Angemessenheit der Kosten zu beurteilen. Die Entscheidung des Gerichts zeigt, dass Nebenkosten grundsätzlich erstattungsfähig sind, solange sie sich im Rahmen des Üblichen bewegen und durch marktübliche Pauschalen oder Honorartabellen gedeckt sind.

Urteile zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten nach Honorarbefragung des BVSK:
BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13; LG Saarbrücken, Urteil vom 13.01.2022 – 10 S 64/21; AG Bautzen, Urteil vom 11.10.2024 – 23 C 348/24; AG Zittau, Urteil vom 10. September 2024 – 8 C 149/24; AG Bautzen, Urteil vom 3.7.2024 – 23 C 134/24; AG Braunschweig, Urteil vom 25.06.2024 – 121 C 573/24; AG Bautzen, Urteil vom 21.2.2024 – 23 C 518/23; AG Görlitz, Urteil vom 13.11.2023 – 9 C 159/23; AG Pirna, Urteil vom 1.9.2023 – 13 C 300/23; AG Bautzen, Urteil vom 8.2.2023 – 21 C 359/22

Angemessenheit der Sachverständigenkosten gemäß BVSK-Honorarbefragung und Honorartabelle der HUK-Coburg bei Schadengutachten nach Verkehrsunfällen

Das Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 21. Februar 2024 (23 C 518/23) betrifft die Erstattung von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall. Im Kern ging es darum, ob die geltend gemachten Kosten für ein Schadengutachten nach einem Verkehrsunfall angemessen und erstattungsfähig sind. Das Gericht bestätigte, dass die Kosten angemessen waren, da sie sich im Rahmen der Honorartabelle des BVSK und der HUK-Coburg bewegten. Es wurde entschieden, dass die beklagte Versicherung den restlichen Betrag der Sachverständigenkosten zu zahlen hat.

Urteile zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten nach Honorarbefragung des BVSK:
BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13; LG Saarbrücken, Urteil vom 13.01.2022 – 10 S 64/21; AG Bautzen, Urteil vom 11.10.2024 – 23 C 348/24; AG Zittau, Urteil vom 10. September 2024 – 8 C 149/24; AG Bautzen, Urteil vom 3.7.2024 – 23 C 134/24; AG Braunschweig, Urteil vom 25.06.2024 – 121 C 573/24; AG Bautzen, Urteil vom 21.2.2024 – 23 C 518/23; AG Görlitz, Urteil vom 13.11.2023 – 9 C 159/23; AG Pirna, Urteil vom 1.9.2023 – 13 C 300/23; AG Bautzen, Urteil vom 8.2.2023 – 21 C 359/22

Aus den Entscheidungsgründen:

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

[…]

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7/9, 01097 Dresden, Gz.: […]

gegen

[…] Versicherung[…]

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:
[…]

wegen Vergütungsforderung

hat das Amtsgericht Bautzen […] im vereinfachten Verfahren nach § 495a ZPO am 21.02.2024

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt , an den Kläger 317,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinsssatz hieraus seit dem 22.10.2023 zu zahlen
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 317,46 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 05.09.2023 in Schirgiswalde zugetragen hat. Die 100 %-ige Einstandspflicht der Beklagten für alle unfallbedingten Schäden ist unstreitig.

Gegenstand dieses Rechtsstreits sind allein restliche Sachverständigenkosten in Höhe der
Klageforderung.

In einer Vereinbarung des Geschädigten mit dem Kläger vom 06.09.2023 […] ist – auszugsweise – geregelt

„Aus Anlass des oben beschriebenen Schadenfalles beauftrage ich das oben genannte Kfz-Sachverständigenbüro, ein Gutachten zur Schadenhöhe zu erstellen. Das Sachverständigenbüro berechnet sein Honorar in Anlehnung an die Schadenhöhe gemäß Honorartabelle des BVSK und der HUK-Coburg einschließlich Nebenkosten.
Das Kfz-Sachverständigenbüro ist berechtigt, diese Abtretung den Anspruchsgegnern offen zu legen und den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten gegenüber den Anspruchsgegnern im eigenen Namen geltend zu machen. Durch diese Abtretung werden die Ansprüche des Kfz-Sachverständigenbüros aus dem Sachverständigenvertrag gegen mich nicht berührt.
Es kann die Ansprüche gegen mich geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet . Eine Inanspruchnahme meinerseits erfolgt nur Zug-um-Zug gegen Rückabtretung der noch offenen Forderung.“

Der Geschädigte beauftragte den Kläger mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Dieser fertigte das Gutachten am 13.09.2023 […] und stellte dem Geschädigten hierfür 833,24 € brutto in Rechnung. Die Rechnung beinhaltet folgende Abrechnungspositionen:

Pos Beschreibung / Einzelpreis Gesamtpreis

1. KfZ-Schadensgutachten 1 625,00 € 625,00 €
-Datenerfassung
– Fahrzeugbeschädigungen aufnehmen
– Altschäden fotografieren u. dokumentieren
– Festlegung wirtschaftlichster Reparaturweg
– Erstellung Schadenskalkulation
– Ermittlung Wiederbeschaffungswert

2. Lichtbilder 10 Stück 2,00 € 20,00 €
3. Fahrtkosten 6 Km 0,70 € 4,20 €
4. Schreibkosten (pauschal) 1 21,00 € 21,00 €
5. Porto & Telefon ( pauschal) 1 9,00 € 9,00 €
6. Restwertermittlung 1 pauschal 21,00 € 21,00 €
Gesamtbetrag ohne MwSt. 700,20 €
19 % MwSt 133,04 €
Gesamtbetrag incl. MwSt 833,24 €

Die Beklagte zahlte hierauf bislang 515,78 € .

Der Kläger geht davon aus , dass die abgerechnete Vergütung angemessen , orts- und marktüblich ist, da sowohl von dem Honorartableau der HUK -Coburg ( = 846,09 € ) sowie den Ergebnissen der Honorarbefragung 2020 des BVSK ( Korridor 710,50 € – 780,50 € zzgl. MwSt ) als maßgeblichen Orientierungshilfen gedeckt .

Der Kläger beantragt
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 317,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 22.10.2023 zu zahlen.

Die Beklagte stellt den Antrag,
die Klage abzuweisen

Die Aktivlegitimation wird bestritten: Die Abtretungsvereinbarung sei unwirksam, da gegen das Transparenzgebot verstoßend. Im übrigen seien alle berechtigten Ansprüche mit der vorprozessualen Zahlung abgegolten , der darüberhinausgehende Betrag sei nicht erforderlich iSd. § 249 BGB , wie sich aus dem eigenen Prüfbericht ergebe […] . Das Grundhonorar sei nach tatsächlich angefallenem Zeitaufwand zu ermitteln, wie es z.B. die DEKRA mache, vgl. auch die Stellungnahme der Firma Logicheck […]; hinsichtlich der Nebenkosten sei eine Orientierung am JVEG vorzuziehen. Schreibkosten und Restwertermittlung seien durch das Grundhonorar mit abgedeckt , die Schreibkosten im übrigen übersetzt.

Zum Sach- und Streitstand wird im übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen und Bezug genommen .

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der restlichen Kosten des
Sachverständigengutachtens in Höhe von weiteren 317,46 € aus den §§ 7 , 18 StVG, 398,
249 S. 2 BGB iVm. § 287 ZPO zu.

1. Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich aus der vom Geschädigten am 06.09.2023 unterschriebenen Abtretungserklärung […]. Anders als die Beklagte meint, verstößt die zur Abtretung getroffenen Regelungen nicht gegen das Transparenzgebot aus § 307 (1) S. 2 BGB. Insbesondere ist diese hinreichend bestimmt: Sie enthält Name und Anschrift des Geschädigten und des Unfallgegners, die Kennzeichennummern des Unfallgegners und die namentliche Nennung der Beklagten als Krafthaftpflichtversicherung mit Versicherungs- und Schadensnummer. Inhaltlich ist klar und an sich unmissverständlich geregelt, dass das
Sachverständigenbüro berechtigt ist , den abgetretenen Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen sowie, unter welchen Voraussetzungen der Geschädigte gleichwohl in Anspruch genommen werden kann . Das Gericht teilt im übrigen die Auffassung des Klägervertreters, dass die von der Beklagtenseite zitierten Entscheidungen nicht einschlägig sind.

2. Ob der Herstellungsaufwand erforderlich iSd. § 249 (2) S. 1 BGB ist, bemisst sich nach der gängigen Rechtsprechung zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung danach, ob im Rahmen einer Plausibilitätsbetrachtung das vereinbarte Honorar objektiv nicht deutlich überhöht ist und wenn ja, diese deutliche Überhöhung für den geschädigten Laien erkennbar ist/ sein musste.

Ausgangspunkt für den erforderlichen Herstellungsaufwand ist vorliegend die Honorarvereinbarung, die hierzu korrespondierende, vom Zedenten nicht beglichene Rechnung als auch der Parteivortrag, § 287 ZPO .

Die Parteien haben eine Honorarvereinbarung dahin geschlossen , dass das Sachverständigenbüro sein Honorar in Anlehnung an die Schadenshöhe gemäß Honorartabelle des BVSK und der HUK-Coburg zzgl. der erforderlichen Nebenkosten abrechnet […].

Das abgerechnete Grundhonorar i.H.v. 743,75 € brutto bewegt sich sowohl im Korridor der Honorartabelle des BVSK wie auch dem Honorartableau der HUK Coburg, mithin mehrerer im Rahmen des § 287 ZPO von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannter Orientierungswerte und Maßstäbe : Auch das hiesige Gericht orientiert sich hieran. Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die abgerechnete Vergütung aus Sicht des erkennenden Gerichts keine Bedenken, bereits eine deutliche Überhöhung liegt damit nicht vor. Selbst wenn man dies anders sähe: es fehlt an Vortrag, weshalb das abgerechnete Honorar dem Geschädigten als objektiv deutlich überhöht dem Geschädigten hätte subjektiv erkennbar sein müssen.

Für das erkennende Gericht besteht kein Anlass , bei der Prüfung der Höhe der Gutachterkosten im Rahmen des § 287 ZPO von diesen zulässigen und anerkannten Schätzgrundlagen abzuweichen: Ob eine andere Berechnungsgrundlage, z.B. nach Zeitaufwand, auch möglich oder sogar vorzuziehen sein könnte, kann auch deshalb dahinstehen, als die Erkennbarkeit einer objektiv deutlichen Überhöhung – die hier nicht vorliegt – auf subjektiver Ebene bei dem Geschädigten, der in der Regel abrechnungstechnischer Laie ist, allenfalls bei einem krassen, sich geradezu aufdrängenden Missverhältnis angenommen werden könnte.

3. Dem Kläger steht ferner ein Anspruch auf Ersatz der abgerechneten Nebenkosten zu .

Auch hinsichtlich der beanstandeten Nebenkosten steht einem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz insoweit zu, soweit sie objektiv nicht deutlich überhöht sind und dies für den Geschädigten subjektiv erkennbar waren. Hierzu ist nach der höchstrichterlichen Rspr. eine Orientierung auch anhand der Vorgaben des JVEG im Rahmen des § 287 ZPO anerkannt (BGH vom 26.04.2016, VI ZR 50/15). Deshalb orientiert sich auch das erkennende Gericht hieran: Die abgerechneten Nebenkosten entsprechen im Ergebnis den insoweit aus Sicht eines durchschnittlichen Unfallbeteiligten erwartbaren Sätzen . Danach ergibt sich folgendes:

a) Die Position Schreibkosten (pauschal) ist iHv. 21,00 € zzgl. MwSt. zu erstatten: Das Gutachten umfasst (ohne Lichtbilder) 12 Seiten. Bei Schreibkosten iHv 1,80 € / Seite (vgl. LG Bremen Urteil vom 02.09.2016 , 3 S 289/15) ist die Höhe der Pauschale im Ergebnis von § 12 (1) S. 2 Nr. 3 JVEG gedeckt.

b) Ebenfalls zu erstatten sind die Kosten der Restwertermittlung iHv 21,00 € zzgl. MwSt : Das Gericht teilt nicht die Rechtsauffassung der Beklagten, dass diese Kosten vom Grundhonorar mit abgedeckt sind . Der Umfang einer Restwertermittlung ist stark abhängig vom jeweiligen Einzelfall und geht über die allgemeine Feststellung eines Fahrzeugschadens hinaus . Abgesehen davon ist für einen Geschädigten nicht erkennbar , dass Restwertermittlungskosten in einem Grundhonorar enthalten sein könnten.

II.

Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus den §§ 280 , 286 , 288 BGB

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 11 , 711 , 713 ZPO.“

AG Bautzen, Urteil vom 21.2.2024 – 23 C 518/23

Zur Angemessenheit von erstattungsfähigen Sachverständigenkosten für die Erstellung eines Schadengutachtens nach einem Verkehrsunfall

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 8.2.2023 – 21 C 359/22) ist die Höhe der erforderlichen Kosten für die Erstellung eines Schadensgutachtens im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln, soweit der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen nicht vollständig beglichen und keine Honorarvereinbarung mit dem Sachverständigen geschlossen hat. Für die Schätzung ist im Rahmen der „Plausibilitätskontrolle“ die Rechnung des Sachverständigen der Ausgangspunkt für die Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 BGB, soweit das in Rechnung gestellte Honorar objektiv nicht deutlich überhöht ist und dies subjektiv für den Geschädigten erkennbar war. Ein Anknüpfungspunkt für die Feststellung einer objektiv vorliegenden deutlichen Überhöhung stellt die branchenübliche Vergütung dar, für die sich das Gericht u.a. an der aktuelle BVSK-Honorarbefragung oder dem Honorartableau der HUK-Coburg orientieren kann. Bezüglich der erstattungsfähigen Nebenkosten eines Sachverständigen kann sich für eine Schätzung nach § 287 ZPO das Gericht an den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) orientieren.

Urteile zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten nach Honorarbefragung des BVSK:
BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13; LG Saarbrücken, Urteil vom 13.01.2022 – 10 S 64/21; AG Bautzen, Urteil vom 11.10.2024 – 23 C 348/24; AG Zittau, Urteil vom 10. September 2024 – 8 C 149/24; AG Bautzen, Urteil vom 3.7.2024 – 23 C 134/24; AG Braunschweig, Urteil vom 25.06.2024 – 121 C 573/24; AG Bautzen, Urteil vom 21.2.2024 – 23 C 518/23; AG Görlitz, Urteil vom 13.11.2023 – 9 C 159/23; AG Pirna, Urteil vom 1.9.2023 – 13 C 300/23; AG Bautzen, Urteil vom 8.2.2023 – 21 C 359/22

Aus den Entscheidungsgründen:

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

[…]
als Inhaber des Kfz-Sachverständigenbüros

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7/9, 01097 Dresden, Gz.: […]

gegen

[…]versicherung […]

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:
[…]

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Bautzen […]

im schriftlichen Verfahren, in welchem Schriftsätze bis zum 31.01.2023 eingereicht werden konnten, am 08.02.2023

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 346,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.08.2022 zu zahlen.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, den Kläger gegenüber den Rechtsanwälten Frings & Höhne, Obergraben 7/9, 01097 Dresden, von der Forderung der nicht anrechenbaren außergerichtlichen Kosten in Höhe von 44,49 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen .

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Beschluss:
Der Streitwert wird auf 360,05 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der weiteren Kosten des Sachverständigengutachtens aus §§ 7, 18 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 398 BGB, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 287 ZPO in Höhe von 346,36 Euro.

Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob der erforderliche Herstellungsaufwand (konkret die Kosten eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der Reparaturkosten), den der Zedent […] aufgrund des Verkehrsunfalls vom 12.05.2022 in Kirschau von der Beklagten gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB vor der Abtretung hätte verlangen können, den von der Beklagten vorgerichtlich gezahlten Betrag übersteigt.

a),

Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet, Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. vom 24. Oktober 2017 – VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 16 mwN).

Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Dabei verbleibt für ihn allerdings das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergibt sich auch eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten bzw. später berechneten Preise.

Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinn von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB enveisen. Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, deren Höhe der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen hat. Im Fall einer Preisvereinbarung kann der Geschädigte Ersatz in Höhe der vereinbarten Preise nur verlangen, wenn diese für ihn bei seiner Plausibilitätskontrolle beim Abschluss der Vereinbarung nicht erkennbar deutlich überhöht waren. Weiter ist der In Rechnung gestellte Betrag nur erforderlich, wenn er sich aus den vereinbarten, zutreffend ermittelten Anknüpfungstatsachen herleiten lässt (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2017, Az.: VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 17 mwN; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2019, Az.: VI ZR 104/19, Rn. 100 – 22, juris).

Den Geschädigten trifft gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich die Darlegungslast hinsichtlich des oben beschriebenen erforderlichen Herstellungsaufwandes.

b)

Der Vorlage der Rechnung des Sachverständigen kommt im vorliegenden Fall keine Indizwirkung für den erforderlichen Herstellungsaufwand zu.

aa)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildet nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung tatsächlich erbrachte Aufwand einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrags im Sinn von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des vom Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwands bei der Schadensschätzung liegt darin, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrags im Sinn von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten, zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher. Grund für die Annahme einer Indizwirkung ist, dass sich in der durch den Geschädigten beglichenen Rechnung die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten niederschlagen. (BGH, Urteil vom 26. April 2016, Az.: VI ZR 50/15, VersR 2016, 1133 Rn. 12 mwN: BGH, Urteil vom 19. Juli 2016, Az.: VI ZR 491/15, NJW 2016, 3363 Rn. 19; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2017, Az.: VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 19 mwN; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2019, Az.: VI ZR 104/19 –, Rn. 100 – 22, juris).

bb)

Nach diesen Grundsätzen kann sich der Kläger, der als Sachverständiger selbst die Rechnung für seine Tätigkeit gestellt hat und der nicht selbst Geschädigter war, sondern sich dessen Schadenersatzanspruch hat abtreten lassen, nicht auf die vorbeschriebene Indizwirkung stützen. Bei dieser Sachverhaltsgestaltung ist die Zahlung nicht geeignet, einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinn von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu geben. Sie hat keine Aussagekraft im Hinblick auf die besonderen Umstände des Geschädigten und ggf. auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten. Die Abtretung, mit der der Geschädigte eine Erfüllung der Honorarforderung des Sachverständigen ohne seinen eigenen finanziellen Beitrag anstrebt und die ihn deshalb nicht unmittelbar belastet, stellt keinen der Zahlung vergleichbaren Hinweis auf seine Erkenntnismöglichkeiten dar (BGH, Urteil vom 26. April 2016, Az.: VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 Rn. 12; BGH, Urteil vom 19. Juli 2016, Az.: VI ZR 491/15, NJW 2016, 3363 Rn. 21 mwN; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2019, Az.: VI ZR 104/19, Rn. 100 – 22, juris). Sein Interesse an der Prüfung der Höhe der Forderung ist nämlich gering, wenn er darauf vertrauen kann, dass sie von einem Dritten bezahlt werden wird.

c)

Der erforderliche Herstellungsaufwand ist im vorliegenden Fall anhand des Gutachterauftrags (nur ersichtlich aus der Abtretung) und der Rechnung sowie dem näheren Vortrag zum Aufwand des Sachverständigen zu bestimmen (§ 287 ZPO).

Fehlt es – wie hier – sowohl an einer vom Geschädigten beglichenen Rechnung als auch an einer Honorarvereinbarung und einer damit korrespondierenden Rechnung, die der Geschädigte für plausibel halten durfte, so ist die Höhe der erforderlichen Kosten unabhängig von der Rechnung und Vereinbarung im Wege der Schätzung zu ermitteln, § 287 ZPO (BGH, Urteil vom 26.04.2016, Az.: VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 Rn 10; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2017, Az.: VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 28 ff.; Urteil vom 28. Februar 2017, Az.: VI ZR 76/16, DAR 2017, 316 Rn. 1; und vom 19.07.2016, NJW 2016, 3363; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2019, Az.: VI ZR 104/19, Rn. 100 – 22, juris). Bei der dann vom Tatrichter zu leistenden Bemessung der Schadenshöhe ist zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen (BGH, Urteil vom 19.07.2016, Az.: VI ZR 491/15, NJW 2016, 3363, Rn. 19-20).

Von diesen Grundsätzen ausgehend kann der Kläger vorliegend die Erstattung der gutachterlichen Grundgebühr in Höhe von 673,- € (netto), die Kostenpauschale für Telefon- und Portokosten in Höhe von 9,00 € (netto), Fahrtkosten in Höhe von 3,50 € (netto), Schreibkosten in Höhe von 21,00 € (netto) und Kosten für Lichtbilder in Höhe von 26,- € (netto) jeweils zuzüglich Umsatzsteuer verlangen.

aa) Sachverständigenhonorar

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist im Rahmen der „Plausibilitätskontrolle“ unabhängig davon, inwieweit eine Preisabrede mit dem Sachverständigen besteht, das (unbeglichene) Honorar Ausgangspunkt für die Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, wenn und soweit dieses Honorar objektiv nicht deutlich überhöht ist und dies subjektiv für den Geschädigten erkennbar ist.

Bezugspunkt der Feststellung einer objektiv vorliegenden deutlichen Überhöhung ist die branchenübliche Vergütung in der Branche der KFZ-Sachverständigen. Hierfür kann u.a. die jeweils aktuelle BVSK-Honorarbefragung herangezogen werden, nach deren Honorarkorridor HB V die Hälfte der im BVSK-Verband organisierten Sachverständigen abrechnet (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.03.2015 – 10 U 579/15, BeckRS 2015, 15458 Rn 20 ff.; Landgericht Mannheim, NJW – RR 2016, 599, 602).

Bei der Prüfung der subjektiven Erkennbarkeit einer Überhöhung des Honorars für den Geschädigten ist auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektive Schadensbetrachtung). Eine Überhöhung des Sachverständigenhonorars wird dem Laien-Geschädigten im Regelfall weder bei Vertragsschluss noch Rechnungsstellung erkennbar sein, weil ein Geschädigter regelmäßig über keine Kenntnisse über die übliche Vergütungsstruktur und -höhe auf dem Markt von KFZ-Sachverständigen verfügt und eine Überschreitung des branchenüblichen Honorars daher nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. Eine Erkennbarkeit für den Geschädigten wird man letztlich nur dann bejahen können, wenn der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen (OLG München, a.a.O.; Landgericht Mannheim, a.a.O.).

Nach diesen Parametern (deutliche Überhöhung der Vergütung auf objektiver Ebene sowie Erkennbarkeit der deutlichen Überhöhung auf subjektiver Ebene) bestehen im vorliegenden Fall gegen die abgerechnete Vergütung in Höhe von 673,00 € (netto) keine Bedenken. Er bewegt sich im Rahmen mehrerer allgemein von der Rechtsprechung anerkannter Schätzungswerte.

Zunächst ist der geltend gemachte Betrag im Honorarkorridor HB V angesiedelt (siehe: BVSK-Honorarbefragung 2020 (Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V.) im Internet abrufbar unter: BVSK-Honorarbefragung 2020 www.bvsk.de/fileadmin/download/HONORARBEFRAGUNG-2020-Gesamt.pdf) und im Hinblick darauf nicht zu beanstanden.

Allerdings ist der Einwand, dass nicht alle Sachverständige, so auch der Zessionar, in diesem Verband organisiert sind und die organisierten Sachverständigen es relativ frei in der Hand hätten, ihr Honorar festzulegen, durchaus beachtlich. Die pauschale Bemessung der Sachverständigenvergütung anhand der Schadenshöhe ist zudem nicht unproblematisch, denn der Aufwand zur Erstellung des Gutachtens ist, zumal der Schaden häufig automatisiert ermittelt wird, nicht immer hinreichend sicher korrespondierend. Hinzukommt, dass das Gericht eine quasi inflationäre Entwicklung der Kfz-Sachverständigenkosten zu Lasten der Versicherer und damit der Versichertengemeinschaft (unabhängig von der allgemeinen Inflationslage) beobachtet, weshalb die Plausibilitätskontrolle verstärkten Anforderungen durch den Abgleich mit jedenfalls einer weiteren anerkannten Tabelle, wie etwa dem Honorartableau der HUK-Coburg, oder mit einem anderen Prüfungsmaßstab erfolgen sollte.

Vorliegend bewegt sich der Sachverständige aber auch Im Rahmen der Empfehlung des Deutschen Gutachter und Sachverständigen Verbandes e.V. (DGuSV) unter Ansatz des unteren Stundensatzes von 150,00 €. Nach dem Vortrag des Sachverständigen hält das Gericht für den vorliegenden Fall einen Stundenaufwand von 4.5 Stunden für gerechtfertigt. Multipliziert man diese Stunden mit einem Stundensatz von 150,- EUR ergibt sich ein Honorar von 675,- EUR, weshalb sich das geltend gemachte Honorar von 673,- EUR auch unter diesem Vergleichsmaßstab als angemessen erweist.

Letztlich ist das hier geltend gemachte Honorar auch vom Honorartableau der HUK-Coburg „gedeckt“.

bb) Nebenkosten

Nach den vorbeschriebenen Grundsätzen steht dem Geschädigten auch ein Anspruch auf Ersatz der tatsächlich entstandenen Nebenkosten zu, wenn und soweit sie nicht deutlich überhöht sind und dies für den Geschädigten erkennbar ist.

Ob eine Nebenkostenabrechnung deutlich überhöht ist, bestimmt sich allerdings nicht durch einen Vergleich mit von Sachverständigenverbänden ermittelten Tabellen wie etwa derjenigen der BVSK-Honorarbefragung. Dass insbesondere die BVSK-Nebenkostentabelle nicht zur Feststellung der im Rahmen des § 249 BGB erforderlichen Nebenkosten geeignet ist, wird auch dadurch bestätigt, dass hierin nicht allein auf die tatsächlich entstandenen Aufwendungen abgestellt wird, sondern in den Nebenkosten in der Regel Gewinnanteile enthalten sind, die „bei anderer Betrachtung dem Grundhonorar zuzurechnen wären, das dann entsprechend höher anzusetzen wäre“ (BVSK-Honorarbefragung 2013 Nr. 8). Auch lässt sich anhand der tatsächlich erhobenen Nebenkosten der privaten Kfz-Sachverständigen kein aussagekräftiger Durchschnittswert von Nebenkosten – jedenfalls auf dem hiesigen regionalen Markt – ermitteln, der dem Geschädigten als verlässlicher Anhaltspunkt für die Überhöhung der Nebenkostenabrechnung dienen könnte (LG Saarbrücken, Urteil vom 19. Dezember 2014 – 13 S 41/13 -, Rn. 30 – 32, juris). Bei der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung kann bezüglich der Nebenkosten eine Orientierung an den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) erfolgen (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 –, Rn. 20, juris).

(1) Fotokosten sind in Höhe von 26,00 € erstattungsfähig.

Soweit für die Vorbereitung oder die Erstattung des Gutachtens Fotos erforderlich werden, sind die anfallenden Kosten nach § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 JVEG gesondert erstattungsfähig. Eine Beschränkung der Anzahl der zu erstattenden Fotos oder Farbausdrucke sieht das JVEG nicht vor, jedoch kann Aufwendungsersatz nur für solche Fotos gewährt werden, die zur Vorbereitung oder Erstattung des Gutachtens notwendig waren. Die Frage der Notwendigkeit ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig, wobei sämtliche Fotos als notwendig anzusehen sind, deren Fertigung der Sachverständige nach seinem pflichtgemäßem Ermessen im Hinblick auf den ihm erteilten Auftrag für erforderlich halten durfte (Schneider JVEG/Schneider, 3. Aufl. 2018, JVEG § 12, Rn. 56; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 Rn. 22, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 23. September 2021 – 12 U 128/20 Rn. 29. juris).

Die Berechnung der Kosten für die Anfertigung von Fotos orientiert sich an § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG, wonach für jedes zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderliche Foto 2,00 € sowie für den zweiten und jeden weiteren Abzug oder Ausdruck eines Fotos 0,50 € zu ersetzen sind (für viele; Brandenburgisches Oberiandesgericht, Urteil vom 23. September 2021 – 12 U 128/20 Rn. 29. juris; AG Dresden, Urteil vom 3. April 2017-115 0 341/16 -, Rn. 20 – 41, juris).

Es mag sein, dass Lichtbilder in einem Fotoshop deutlich günstiger zu erhalten sind. Sie müssen dennoch ausgewählt und in einem passenden Format dem Druck zugeführt werden, weshalb – unabhängig von der bei günstig zu erlangenden Kopien zu erreichenden Qualität -, nicht auf diese Preise abgestellt werden kann.

Dies ergibt im vorliegenden Fall 26,00 € für 13 Fotos ä 2,00 €

(2) Schreibkosten sind in Höhe von 21,00 € angemessen.

Schreibkosten sind in Höhe von 1,80 € pro Seite (berechnet aus 2 x 0,90 € pro angefangene 1000 Anschläge) zu ersetzen (vgl. Landgericht Bremen, Urteil vom 02.09.2016 – 3 S 289/15, zitiert nach juris unter Rn 32). Dies entspricht § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG, der im Rahmen der Schätzung der bei der Begutachtung anfallenden und erforderlichen Nebenkosten gemäß § 287 ZPO als Orientierungshilfe heranzuziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15- NJW 2016, 3092 Rn 18).

Vorliegend hat der Sachverständige pauschal 21,00 € abgerechnet. Davon ausgehend, dass das Gutachten schon ohne Lichtbilder 16 Seiten umfasst, wären nach dem JVEG sogar 28,80 € zu berücksichtigen. Infolgedessen sind die pauschal abgerechneten Schreibkosten vollumfänglich erstattungsfähig.

(3)

Die Telefon- und Portopauschale ist in Höhe von 9,00 € zu ersetzen.

Eine Pauschale für Porto- und Telefonkosten bedarf nur dann näherer Begründung, wenn sie den vom erkennenden Gericht auch ansonsten für eine Unkostenpauschale nach § 12 JVEG – ohne Einzelnachweis – noch als maximal zulässig angesehenen Betrag von 15,00 € übersteigt (vergleichbar: Landgericht Freiburg, Urteil vom 24.11.2016 – 3 S 145/16, zitiert nach juris Rn 29). Insoweit bestehen gegen die abgerechnete Pauschale in Höhe von 9,00 € keine Bedenken.

(4) Fahrtkosten sind in Höhe von 3,50 € zu erstatten.

Bezüglich der Höhe der Fahrtkosten hält das erkennende Gericht die Regelung des JVEG nicht für geeignet, da sich diese nicht an den tatsächlichen Kosten orientiert, sondern an der Höhe der steuerlichen Anerkennung privat genutzter Fahrzeuge (BT-Drucksache 15/1971, Seite 177, 232). Vielmehr ist es angemessen, diese anhand der von verschiedenen Anbietern erstellten Autokostentabellen und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung verschiedener Landgerichte (u.a. Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2014 -13 S 41/13; Landgericht Stuttgart, Urteil vom 28.07.2016 – 5 S 333/15; Landgericht Bochum, Urteil vom 31.05.2016 – 9 S 36/16, jeweils zitiert nach juris) anzusetzen, die der Bundesgerichtshof gebilligt hat (BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15, zitiert nach juris), auf 70 Cent/km zu schätzen. Infolge dessen sind Fahrtkosten in Höhe von 3,50 € (5 km x 0,70 €) erstattungsfähig; die geltend gemachte Pauschale von 15,00 € trägt angesichts dessen, dass der Sachverständige seinen Geschäftssitz im Wohnort des Kunden hat, nicht. Das Gericht nimmt hier mit dem Prozessbevollmächtigen des Klägers eine Wegstrecke von 5 km an.

cc)

Insgesamt ergibt sich damit ein noch zu ersetzender Betrag für die erforderlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 346,36 € wie folgt.

Sachverständigenhonorar 673,00 €
Lichtbilder 26,00 €
Fahrtkosten 3,50 €
Schreibkosten 21,00 €
Porto- und Telefon 9.00 €

732,50 €
zzgl. 19% Ust 139.17€
Gesamt 871, 67 €

bereits gezahlt ./. 515, 32 €
bereits gezahlt ./. 9,99 €

Offener Betrag 346, 36 €

2.

Der Kläger hat darüber hinaus gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von den nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 44,59 EUR gemäß §§ 249, 398, 257 S. 1 BGB nach einem Gegenstandswert von 346,36 EUR […].

3.

Die Zinsforderung folgt aus §§ 286 Abs. 1 8.1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich aufgrund der Mahnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 29.07.2022 ab dem 6.8.2022 in Verzug.

4.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO nicht zuzulassen.“

AG Bautzen, Urteil vom 8.2.2023 – 21 C 359/22

Zum Umfang der Erstattung von Sachverständigen- und Mietwagenkosten

Durch das Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 11.4.2019 – 21 C 790/17) wurde entschieden, dass höhere Anfahrtskosten für einen Sachverständigen nicht erstattet verlangt werden können, wenn zugleich ein deutlich näher gelegener Sachverständiger mit der Erstellung eines Schadengutachtens beauftragt werden konnte. Zugleich wurde durch das Amtsgericht Bautzen entschieden, dass bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs für die Reparaturdauer nicht die Schwacke-Liste, sondern der „Fraunhofer-Mietpreisspiegel“ Maßstab ist, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Beschädigung des Fahrzeugs und der Anmietung des Ersatzfahrzeugs ausreichend Zeit für Recherchen zu den Kosten eines Mietwagens bestand.

Urteile zu Fraunhofer-Mietpreisspiegel zzgl. 30% Aufschlag als Kostenmaßstab für Mietwagenkosten im Rahmen der Schadenregulierung:
LG Görlitz, Urteil vom 28. Februar 2024 – 5 O 502/22; AG Bautzen, Urteil vom 4.4.2023 – 20 C 212/21; ausführlich: AG Bautzen, Urteil vom 17.9.2021 – 22 C 254/21; AG Bautzen, Beschluss vom 25.6.2021 – 20 C 212/21; AG Bautzen, Urteil vom 18.6.2021 – 22 C 38/21; AG Bautzen, Urteil vom 23.4.2021 – 20 C 15/20; AG Bautzen, Urteil vom 22.4.2021 – 21 C 729/19; regionale Leitentscheidung: LG Görlitz, Urteil vom 27.03.2020 – 2 S 38/19

Abweichend hiervon mit arithmetisches Mittel aus der Schwacke-Liste und dem „Fraunhofer-Mietpreisspiegel“ als Maßstab für Mietwagenkosten:
AG Bautzen, Urteil vom 27.8.2019 – 20 C 175/19

Abweichend hiervon Fraunhofer-Mietpreisspiegel ohne Aufschlag als Kostenmaßstab für Mietwagenkosten:
AG Bautzen, Urteil vom 23.5.2019 – 22 C 98/19; AG Bautzen, Urteil vom 11.4.2019 – 21 C 790/17; AG Bautzen, Urteil vom 11.4.2019 – 21 C 250/17

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

„Die Beklagte schuldet der Klägerin gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG i.V.m. §§ 249 ff, § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 3, § 187 Abs. 1 BGB restlichen Schadensersatz für Reparaturkosten in Höhe von 117,51 €, Mietwagenkosten in Höhe von 119,04 € und vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 78,90 €, jeweils nebst Verzugszinsen. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.

1. Aus der Gutachterrechnung über 740,78 € hat die Beklagte einen Teilbetrag von 44,62 € nicht ersetzt. Zu einer entsprechenden Kürzung war sie schon wegen der von der Sachverständigen geltend gemachten Fahrtkosten berechtigt.

Bei der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schadensschätzung bedient sich das erkennende Gericht in Bezug auf die erforderlichen Nebenkosten bei einem Gutachtenauftrag der Methode des LG Saarbrücken (Urteil vom 19.12.2014 – 13 S 41/13, zitiert nach juris), die der Bundesgerichtshof (Urteil vom 26.04.2016 – Vl ZR 50/15, zitiert nach juris) ausdrücklich gebilligt hat. Hiernach kann bei der Beurteilung von Fahrtkosten eines Sachverständigen auf der Grundlage der von verschiedenen Anbietern erstellten Autokostentabellen ein Kilometersatz bis zu 0,70 € als noch erforderlich angesehen werden (LG Saarbrücken a.a.0., Rn. 40).

Das beschädigte Fahrzeug der Kläger wurde nach dem Verkehrsunfall in eine Werkstatt an ihrem Wohnsitz Kamenz verbracht. Dort erfolgte am 06.05.2015, also einen Tag nach dem Unfall, die Besichtigung durch den von der Klägerin beauftragten Sachverständigen. lm Umkreis von wenigen Kilometern zu dieser Werkstatt haben mehrere Sachverständige ihren Sitz. So liegt beispielsweise die örtliche Kfz-Prüfstelle der DEKRA Automobil GmbH ausweislich des vom Gericht benutzten Internet-Routenplaners weniger als 200 Meter von der Werkstatt entfernt. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot war die Klägerin gehalten, einen Sachverständigen in Werkstattnähe zu beauftragen, anstatt – wie geschehen – eine Sachverständige aus Wilsdruff hinzuzuziehen, die ihr Büro in einer Entfernung von rund 55 Straßenkilometern zu der Werkstatt unterhält.

Hätte sich die Klägerin eines Sachverständigen aus der Umgebung der Werkstatt bedient, so wären Fahrtkosten von bis 8,33 € brutto (2 x 5 km x 0,70 €/km x 1,19) erforderlich gewesen. Demgegenüber stellte ihr die Sachverständige aus Wilsdruff für ihre Hin- und Rückreise 59,50 € (50,00 € x 1,19) in Rechnung. Die von der Klägerin selbst verursachten Mehrkosten von 51,17 € (59,50 € – 8,33 €) übersteigen den auf restliche Sachverständigenkosten entfallenden Teil der Klageforderung von 44,62 €.

2. Wegen der ihr in Rechnung gestellten Reparaturkosten von 4.765,44 € steht der Klägerin noch ein Ersatzanspruch in Höhe von 117,51 € zu.

Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Rechnungen der Autolackiererei […], deren Echtheit die Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat, ist das Gericht davon überzeugt, dass die in der Reparaturrechnung der Werkstatt ausgewiesene Position „Fahrzeugverbringung“ (zum Lackierer) tatsächlich angefallen ist. Den insoweit angegebenen Einzelpreis schätzt der Sachverständige Dipl.-lng. (FH) […] R[…] als ortsüblich ein. Gleiches trifft nach seiner Einschätzung auf den Einzelpreis der Position „Reiniger“ zu, wobei Hilfs- und Betriebsstoffe dieser Art nicht Bestandteil der Hauptarbeiten und daher nicht in anderen Rechnungspositionen enthalten seien.

Hingegen hat der Sachverständige dem von der Klägerin vorprozessual eingeholten Gutachten zur Feststellung der Beschädigungen und Ermittlung des Reparaturaufwands keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür entnehmen können, dass die Ansetzung der Position „Anbauteile für Instandsetzung und/oder Lackierung“ in der Reparaturrechnung der Werkstatt objektiv veranlasst gewesen sei. lm beschädigten Bereich des Fahrzeugs befindliche Fremdteile, wie Antennen, Zerleisten oder ähnliches, die auszubauen und wieder einzubauen seien, seien dort nicht aufgeführt.

Gegen den die Reparaturrechnung betreffenden Teil des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-lng. (FH) […] R[…] haben weder die Klägerin noch die Beklagte Einwendungen erhoben. Auch für das Gericht sind insoweit keine Fehler erkennbar. Daher ist von den seitens der Beklagten beanstandeten Rechnungspositionen lediglich die letztgenannte Position mit einem Einzelpreis von 24,00 € netto (28,56 € brutto) zur Schadensbeseitigung nicht erforderlich gewesen. Der Klägerin stehen daher noch 117,51 € (146,07 € – 28,56 €) zu.

3. Ersatz für Mietwagenkosten kann die Klägerin noch in Höhe von 119,04 € verlangen.

a) Als Schadensersatz wegen der Beschädigung seines Kraftfahrzeugs kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand grundsätzlich den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtliche relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann (std. Rspr. des BGH, vgl. etwa Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 563/15, Rn. 6 m.w.N., zitiert nach juris). Insoweit müssen Feststellungen zur Erforderlichkeit eines „Unfallersatztarifs“, der gegenüber dem „Normaltarif“ teurer ist, (nur) dann erhoben werden, wenn der Geschädigte Umstände vorträgt, die mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Unfallsituation einen höheren Preis rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2010 – VI ZR 139/08, Rn. 10 f., zitiert nach juris). Beschränkt der Geschädigte sich hingegen – wie hier der Kläger – auf die Geltendmachung von Mietwagenkosten zum „Normaltarif“, so kann das Gericht diesen anhand geeigneter Listen oder Tabellen gemäß § 287 ZPO schätzen (vgl. BGH a. a. O., Rn. 25 m.w.N.). Zu diesen geeigneten Schätzgrundlagen gehört das gewichtete Mittel des der auf den Unfallzeitpunkt bezogenen „Schwacke-Liste“ ebenso wie der entsprechende Mittelwert des „Fraunhofer Mietpreisspiegels“ (BGH a. a. O., Urteil vom 12.04.2011 –
Vl ZR 300/09, Rn. 18, zitiert nachjuris).

b) Das erkennende Gericht zieht in seiner ständigen Verfahrenspraxis die „Schwacke-Liste“ – entsprechend der ihr zugrunde liegenden Erhebungsmethode – in denjenigen Fällen heran, in denen das Fahrzeug des Geschädigten aufgrund des Unfalls nicht mehr betriebs- und verkehrssicher war, er also zur lückenlosen Erhaltung seiner Mobilität sofort auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen war, und ein solches binnen weniger Stunden nach dem Unfall auch tatsächlich anmietete. lm Streitfall hingegen ereignete
sich der Unfall am 05.05.2015, während die Anmietung und Übergabe des Ersatzfahrzeugs erst am 16.05.2015 erfolgte. Die Klägerin halte somit ausreichend Zeit, sich über das Internet oder per Telefon nach Vermietungsangeboten in Kamenz oder im benachbarten Bautzen zu erkundigen. Hierzu war sie als Geschädigte schon im eigenen Interesse im Hinblick auf die durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogene Grenze der Erstattungsfähigkeit auch gehalten (vgl. BGH Urteil vom 14.10.2008 – VI ZR 308/07, Rn. 17, zitiert nach juris). In solchen Fällen stellt das erkennende Gericht – ebenfalls entsprechend der zugrundeliegenden Erhebungsmethode – auf den „Fraunhofer-Mietpreisspiegel“ ab. Dabei zieht es die dortigen Ergebnisse der lnterneterhebung (nach Schwacke-Klassifikation) – statt der Ergebnisse der telefonischen Erhebung – heran. Zum einen kommt der zweistellige Postleitzahlbereich den tatsächlichen Verhältnissen am Wohnsitz des Geschädigten und in dessen Umgebung näher, als der einstellige Postleitzahlbereich, an den die Ergebnisse der telefonischen Erhebung anknüpfen. Zum anderen muss dem Geschädigten der Nachweis möglich bleiben, dass ihm im Zeitpunkt der Anmietung kein günstigerer Tarif als der von ihm in Anspruch genommene zugänglich war; dieser Nachweis kann von ihm anhand einer dokumentierten lnternet-Recherche einfacher geführt werden als mit Hilfe von selbst erstellten Telefonprotokollen und/oder der Vernehmung der Telefongesprächspartner als Zeugen.

c) In der „Schwacke-Liste“ sind bestimmte Nebenkosten, die über die dort ausgewiesenen Mietpreise hinaus anfallen können, gesondert ausgewiesen. In den Mietpreisen, die im „Fraunhofer-Mietpreisspiegel“ ausgewiesen sind, ist zwar die „marktübliche Haftungsreduzierung“ enthalten. Den Erläuterungen hierzu ist jedoch zu entnehmen, dass damit eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von mindestens 750,00 € bezeichnet ist. Hat der Geschädigte bei der Anmietung des Ersatzfahrzeugs für eine Vollkaskoversicherung mit einer niedrigeren oder gar ohne Selbstbeteiligung optiert, so ist auch auf den Mietpreis nach dem „Frauenhofer-Mietpreisspiegel“ ein entsprechender Zuschlag vorzunehmen. Denn ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen Vollkaskoschutz besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob das Fahrzeug des Geschädigten in gleicher Weise versichert war, wenn er während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2005 – Vl ZR 74/04, zitiert nach juris). Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ergibt sich ein erhöhtes wirtschaftliches Risiko schon daraus, dass der Geschädigte mit den Eigenschaften des angemieteten Ersatzfahrzeugs, wenn nicht ausnahmsweise typengleich, nicht in der gleichen Weise vertraut ist, wie mit denjenigen seines eigenen Fahrzeugs. Angefallene Nebenkosten für die Vereinbarung einer Haftungsbefreiung sind daher grundsätzlich – so auch hier bei der Anmietung eines PKW Mini One vom 16.05. bis 22.05.2015 und eines PKW BMW X1 1.8i vom 22.05. bis 26.052015, bei denen es sich um andere Fahrzeugtypen handelte – erstattungsfähig. Als Vergleichsmaßstab sind insoweit die Werte aus der Nebenkostentabelle der „Schwacke-Liste“ heranzuziehen, da der „Fraunhofer- Mietpreisspiegel“ solche nicht ausweist.

d) Auch in Bezug auf die Nebenkosten, die die Autovermieterin der Klägerin für die Gestattung eines Zweitfahrers in Rechnung stellte, wendet das erkennende Gericht bei der Vergleichsbetrachtung die Nebenkostentabelle der „Schwacke-Liste“ an.

e) Vom Grundpreis (Fahrzeugmiete ohne Nebenkosten) ist- ebenfalls im Wege der Schätzung (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2010 – \/I ZR 139/08, Rn. 20 m.w.N., zitiert nach
juris) – eine Eigenersparnis des Geschädigten i.H.v. 10 % abzusetzen.

f) Das Gericht sieht die von der Klägerin geltend gemachte Mietdauer von 11 Tagen als
erforderlich an.

Die Reparatur wurde unstreitig vom 18.05.2015, einem Montag, bis zum 23.05.2015, dem Samstag vor Pfingsten, ausgeführt. Diese sechs Tage lässt die Beklagte als erforderlich gegen sich gelten. Das Gericht schenkt jedoch den Angaben der Klägerin, wonach ihr eine Abholung des reparierten Fahrzeugs erst nach Pfingsten, mithin am 26.05.2015, möglich war, Glauben. Plausibel ist ferner, dass die Klägerin das beschädigte Fahrzeug bereits am Samstag, dem 16.05.2015, in der Werkstatt abgeben musste, um am Montag, dem 18.05.2015, ohne Umweg über die Werkstatt zu ihrer Arbeitsstätte in Dresden fahren zu können.

g) Nach den vorstehenden Grundsätzen ergibt sich für den Streitfall folgende Vergleichsberechnung:

Die tatsächliche (und notwendige) Mietdauer betrug 11 Tage. Deshalb ist der durchschnittliche Tagespreis dem Mittelwert der Ergebnisse der lnterneterhebungen für den – dort längsten – Zeitraum von sieben Tagen zu entnehmen. Das beschädigte Fahrzeug des Klägers ist der Fahrzeugklasse 5 nach der Schwacke-Klassifikation zuzuordnen. Daraus ergibt sich, bezogen auf den „Fraunhofer-Mietpreisspiegel“ für das (Unfall-)Jahr 2015 – die Beklagte bezieht sich hingegen unzutreffender Weise auf denjenigen für das Jahr 2016 – im Postleitzahlgebiet 01 ein Grundpreis von 32,97 € pro Tag. Bei 11 Tagen beträgt der Grundpreis somit 362,67 €. Hiervon ist eine Eigenersparnis von 36,27 € (362,67 € x 10 %) abzusetzen. Hinzu treten wiederum Nebenkosten für die Haftungsreduzierung in Höhe von 242,00 € (22,00 € pro Tag x 11 Tage) und für einen Zusatzfahrer in Höhe von 132,00 € (12,00 € pro Tag x 11 Tage), mithin von insgesamt 374,00 €. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten betragen demnach 700,40 € (362,67 € – 36,27 + 374,00 €). Dem steht eine Zahlung der Beklagten von 581,36 € gegenüber, so dass sich ein offener Anspruch von 119,04 € ergibt.

h) Den Nachweis, dass ihr ein günstiger Tarif als die in Rechnung gestellten 1.463,70 €
nicht zugänglich war, hat die Klägerin nicht geführt.

Mangels eigener Erkundigungen im Zeitraum zwischen dem Verkehrsunfall und der Anmietung des Ersatzfahrzeugs hat die Klägerin im Rechtsstreit weder mit einer dokumentierten Internet-Recherche noch mit Telefonprotokollen und/oder einem Antrag auf Vernehmung von Telefongesprächspartnern als Zeugen aufwarten können. Das Gericht hat daher den Sachverständigen Dipl.-lng. (FH) […] R[…] damit beauftragt, bei gewerblichen Autovermietern sowie Autowerkstätten in den Städten Bautzen und Kamenz Auskunft darüber einholen, zu welchen Preisen sie im (Unfall-)Jahr 2015 Mietfahrzeuge der Mietwagenklasse 5 (nach der Schwacke-Klasseflkation), einschließlich Zusatzfahrergestattung und Haftungsreduzierung (CDW), bei einer Mietdauer von 11 Tagen angeboten haben.

Der Sachverständige hat zunächst eine Erhebungsmethode angewandt, die derjenigen
gleicht, die der „Schwacke-Liste“ zugrunde gelegt ist: Er hat unter Offenlegung des Anlasses der Erhebung elf Autovermieter in Kamenz und Bautzen schriftlich um Auskunft zu entsprechenden Vermietungsangeboten gebeten. Hiervon haben sieben Autovermieter geantwortet. Keiner von diesen konnte (oder wollte) auf das Jahr 2015 bezogene Angaben machen. Einheitlich war jedoch ihre Einschätzung, dass die Mietpreise aufgrund der vorhandenen Vertragsbindungen zu einzelnen Versicherern tendenziell gleich geblieben oder eher gesunken seien. Die gemeldeten Gesamtpreise wiesen eine Spannbreite von 618,76 € bis 1.475,10 € auf. Der Mittelwert aus allen Meldungen betrug 1.044,50 €. Es wäre der Klägerin also möglich gewesen, ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug mit entsprechender Ausstattung zu einem Mietpreis zu erhalten, der unterhalb des ihr in Rechnung gestellten Preises lag.

Freilich geht der auf die vorbezeichnete Weise ermittelte Mittelwert von 1.044,50 € über die vorstehend anhand des „Fraunhofer-Mietpreisspiegels“ und der Nebenkostentabelle der „Schwacke-Liste“ ermittelten erforderlichen Mietwagenkosten, bestehend aus einem Grundpreis von 362,67 € und Nebenkosten von 374,00 €, hinaus. Daher hat das Gericht den Sachverständigen auch damit beauftragt, über das Internet aktuelle Angebote zu den gleichen Bedingungen einzuholen. Die insoweit angestellten Ermittlungen haben Vermietungsangebote hervorgebracht, die bei 552,92 € beginnen und bis zu 714,37 € reichen. Selbst das höchste Angebot bleibt also hinter der Summe aus den zwei vorbezeichneten Preiskomponenten zurück. Dass sich auf das Unfalljahr 2015 bezogene Vermietungsangebote, die möglicherweise höher lagen, über das Internet heute nicht mehr recherchieren lassen, geht zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin.“

AG Bautzen, Urteil vom 11.4.2019 – 21 C 790/17