Zur Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens, wenn im Mietvertrag ein nicht mehr existenter Index benannt wird

Durch das Landgericht Görlitz (LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14) wurde entschieden, dass eine Wertsicherungsklausel in einem gewerblichen Mietvertrag, die eine Mietzinsanpassung mit einem nicht mehr existenten Index verknüpft wirksam bleibt und durch Auslegung anstelle des nicht mehr existenten Index auf den passenden Index abzustellen ist.
Zudem ist nach der Entscheidung des Landgerichts Görlitz bei einer Klage aller Gesellschafter einer GbR auf Erfüllung eines Anspruchs der GbR das Aktivrubrum auf den Namen der GbR abzuändern, da diese aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst klagen und verklagt werden kann.

Urteile zur Auslegung einer Mietindexklausel (=Wertsicherungsklausel), welche auf einen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages weggefallenen Lebenshaltungskostenindex verweist, bei der im Wege der Vertragsauslegung auf den Verbraucherpreisindex abzustellen ist:
BGH, Urteil vom 7. November 2012 – XII ZR 41/11; BGH, Urteil vom 4.3.2009 – XII ZR 141/07; LG Görlitz, Urteil vom 24.9.2021 – 5 O 115/20; LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

in dem Rechtsstreit

[…] GbR, […]

– Klägerin und Berufungsbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, […]

gegen

[…]

– Beklagte und Berufungsklägerin –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

wegen Forderung – hier: Berufung

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz durch

Vorsitzende Richterin am Landgericht […] als Einzelrichterin

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2014 am 29.10.2014

für Recht erkannt:

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 26.03.2014, Az.: 20 C 1076/12, wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 1.635,48 Euro.

Gründe:

I.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 26.03.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bautzen, Az.: 20 C 1076/12, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte Ist der Auffassung, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft der auf die Zahlung erhöhter Gewerberaummiete gerichteten Klage stattgegeben habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 25.07.2014 verwiesen.

Zur Berufung beantragt die Beklagte, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Klägerseits wird die angefochtene Entscheidung verteidigt.

Die Einzelheiten des klägerischen Vorbringens in der Berufungsinstanz ergeben sich aus den Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 08.08.2014 und vom 25.09.2014, auf die Bezug genommen wird.

II.

Der statthaften und auch im Übrigen zulässigen Berufung der Beklagten bleibt in der Sache der Erfolg versagt.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens sind Entscheidungen des ersten Rechtszuges nach § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf überprüfbar, ob das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruht, oder ob die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist grundsätzlich von den durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen auszugehen. Das Berufungsgericht hat nur zu überprüfen, ob ernstliche Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Beides ist hier nicht der Fall.

Die Klägerin kann für den streitgegenständlichen Zeitraum nach § 3 Nr. 4 des Mietvertrages vom 28.10.2004 die von ihr geltend gemachte erhöhte Gewerberaummiete beanspruchen.

1.

Der Berufung Ist nicht darin zu folgen, dass die Klage mangels Aktivlegitimation der als Kläger aufgetretenen Gesellschafter der […] GbR“ abzuweisen sei. Vielmehr war das Rubrum dahin zu berichtigen, dass nicht die Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Kläger aufzuführen sind, sondern die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst Klägerin ist.

Seit dem Urteil des BGH vom 29.01.2001 (II ZR 331/00 – BGHZ146, 341) ist anerkannt, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, und dass sie in diesem Rahmen im Prozess aktiv- und passiv parteifähig ist. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 08.11.2007, IX ZR 191/06) können Forderungen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur von der Gesellschaft eingeklagt werden, nicht von den Gesellschaftern selbst.

Wird jedoch – wie hier – in Verkennung dieser Rechtslage eine Klage von sämtlichen Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit erhoben, führt dies nicht dazu, dass die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation abzuweisen ist oder ein Parteiwechsel in Gestalt einer (zulässigen) Klageänderung erforderlich wäre; vielmehr ist das Aktivrubrum dahingehend zu berichtigen, dass die aus den in der Klageschrift aufgeführten Personen bestehende Gesellschaft die Klägerin ist (BGH, Urteil vom 14.09.2005, VIII ZR 117/04). Denn auch bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich das Rechtssubjekt als Partei anzusehen, das durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektiven Sinn betroffen werden soll; diese Grundsätze gelten auch, wenn sich die klagende Partei selbst fehlerhaft bezeichnet hat.

Eine bloße Rubrumsberichtigung dürfte zwar dann ausscheiden, wenn nicht alle Gesellschafter Klage erhoben haben oder einzelne Gesellschafter sich als Alleinberechtigte gerieren.

So liegt der Fall hier aber nicht.

Die GbR, die den erhöhten Mietzins beansprucht, besteht nur aus den beiden zunächst als Kläger auftretenden Gesellschaftern. Diese beiden Gesellschafter wollten von vornherein eine Forderung geltend machen, die sie aufgrund ihres Zusammenschlusses in der GbR gemeinsam erworben hatten.

Selbst wenn die klägerische GbR – wie die Beklagte vorbringt – zwischenzeitlich aufgelöst sein sollte, hätte dies auf die streitgegenständlichen Ansprüche und die Berechtigung der Klägerin, diese geltend zu machen, keinen Einfluss. Die Auflösung der Gesellschaft führt nicht zu deren Vollbeendigung; vielmehr besteht diese bis zum Abschluss der Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens fort (Palandt/Sprau, BGB, vor § 723 Rn 2).

Laut Grundbuchauszug befindet sich das Mietobjekt im Eigentum der Klägerin, mithin gehört es zum Gesellschaftsvermögen. Mit Erwerb des Eigentums an dem Mietobjekt ist die Klägerin auf Vermieterseite in das ursprünglich mit Frau […] begründete Mietverhältnis eingetreten (§ 566 BGB). Eine Auflösung der Vermieter-GbR ändert nichts an deren Vermieterstellung, weil der Mietvertrag in diesem Fall mit der Liquidationsgesellschaft fortgeführt wird.

2.

Der Mieterhöhungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 3 Nr. 4 des Mietvertrages vom 28.10.2004.

a)

Die dort vereinbarte Preisanpassungsklausel ist wirksam.

Zunächst ist festzustellen, dass eine Inhaltskontrolle der Wertsicherungsklausel nach §§ 305 ff. BGB nicht angezeigt ist. Dem In Rede stehenden Mietvertrag liegen schon keine allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB zugrunde. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich nämlich nicht, dass die damalige Vermieterin eine Vielzahl von Mietverhältnissen mit verschiedenen Mietern abgeschlossen hätte. Ebensowenig wurde dargelegt, dass sie dabei auf dieselben Mietvertragsformulare zurückgegriffen hätte. Soweit der Mietvertrag als AGB von der Beklagten „gestellt“ worden sein sollte, kann sie sich als Verwender nicht auf die Klauselverbote nach § 307 ff BGB berufen.

Die Preisanpassungsklausel ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

Zwar existierte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages die in der vereinbarten Preisanpassungsklausel enthaltene Bezugsgröße des Lebenshaltungskostenindex nicht mehr; dennoch liegt insoweit kein Dissens vor. Dies ergibt sich zweifelsfrei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Unabhängig davon, auf welche Bezugsgröße die Parteien bei der Mietzinserhöhung abstellen wollten, zielt die Wertsicherungsklausel allein darauf ab, die jeweils vereinbarte Miethöhe in ihrem Wert zu erhalten. Einziger Sinn und Zweck der Klausel bestand also darin, das Preis-/Leistungsverhältnis zwischen Mietgegenstand und Mietzins aufrecht zu erhalten. Dies war offensichtlich die übereinstimmende Vorstellung der Parteien, die der Aufnahme der Mietanpassungsklausel in den Vertrag zugrunde lag. Die Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Fortschreibung des Lebenshaltungskostenindex schon eingestellt worden und an Stelle des Lebenshaltungskostenindex der Verbraucherpreisindex getreten war, führt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dazu, dass es dem Interesse der Vertragsparteien entspricht, für die automatische Anpassung der Miethöhe auf den allgemeinen Verbraucherpreisindex abzustellen (so auch BGH, XIIZR 141/07). Hätten die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewusst, dass der für die Lebenshaltung allerprivaten Haushalte in Deutschland geltende Index nunmehr als „Verbraucherpreisindex“ bezeichnet wird, so hätten sie diesen Index als Maßstab für künftige Anpassungen des Mietzinses vereinbart (vgl. BGH, XII ZR 141/07). Dieser ist inhaltlich und sachlich identisch mit dem „Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte in Deutschland“ und misst die durchschnittliche Preisveränderung aller Waren und Dienstleistungen in Deutschland, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden; er bildet die Verbraucherpreise umfassend ab (Statistisches Bundesamt, FamRZ2005, 1406). Die Beklagte muss sich deshalb redlicherweise am Grundsatz der automatischen Anpassung des Mietzinses unter Bezugnahme auf den Verbraucherpreisindex festhalten lassen.

b)

Auch der Einwand der Beklagten, die Berechnung der Mieterhöhung beruhe auf einem anderen, als dem vereinbarten Index vermag hier weder gegen die Berechnung der Mieterhöhung noch gegen die Wirksamkeit der gewählten Vertragsklausel durchzugreifen.

Zwar haben die Parteien – wie unter Buchstabe a) ausgeführt – einen Index gewählt, der vom Statistischen Bundesamt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nämlich im Oktober 2004, nicht (mehr) erhoben wurde. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die Preisanpassungsklausel nach dem tatsächlichen Willen der Parteien ausgelegt hat. Im Zusammenhang mit der Umbenennung des „Lebenshaltungskostenindex“ in den „Verbraucherpreisindex“ durch das Statistische Bundesamt ist dies ausdrücklich in der Literatur und höchstrichterlichen Rechtsprechung bejaht worden (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, Rn. 413). Eine Wertsicherungsklausel in einem nach dem 01.01.2003 geschlossenen Vertrag, die sich an einen der früher geführten Indizes anlehnt, lasse zweifelsfrei den Willen der Parteien erkennen, die Mietanpassung an einem vom Statistischen Bundesamt geführten Index auszurichten.

Diesem Gedanken folgt das Berufungsgericht mit dem Amtsgericht auch in dem vorliegenden Fall (siehe unter Buchstabe a).

c)

Die Mietzinserhöhung scheitert auch nicht an der Nichtbeibringung eines „Negativattests“.

Hierzu ist Folgendes auszuführen:

Bis zum 13.09.2007 waren Wertsicherungsklauseln mit Anpassungsautomatik grundsätzlich durch die Deutsche Bundesbank genehmigungsbedürftig. Allerdings galten nach § 4 PrKV a. F. Preisklauseln in Miet- und Pachtverträgen (vertragsspezifische Klauseln i. S. von § 4 PrKV) unter den dort aufgeführten – hier zweifelsfrei vorliegenden – Voraussetzungen, als genehmigt.

Zum 14.09.2007 ist durch das 2. Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (BGBI. 12046 ff.) das „neue“ Preisklauselgesetz in Kraft gesetzt worden. Danach sind Indexmieten auf dem Gebiet der Geschäftsraummiete weiterhin zwar nur in eingeschränktem Umfange zulässig, insoweit allerdings auch nicht mehr genehmigungsbedürftig. Für Preisklauseln werden weder Genehmigungen erteilt, noch als erteilt fingiert: auch Negativatteste, durch deren Beantragung die Zulässigkeit problematischer Klauseln bislang schnell geklärt werden konnte, werden nicht mehr erteilt.

Genehmigungsbedürftige Vereinbarungen, deren Genehmigungen bis dahin nicht unanfechtbar abgelehnt worden waren, gelten, falls es sich – wie hier – um vertragstypische Klauseln im Sinne von § 4 Preisklauselverordnung handelt, als von Anfang an genehmigt (Erman/Dickersbach, BGB, § 557b Rn 9 ff).

d)

Die Klägerin hat die Erhöhung der Grundmiete richtig berechnet. Insoweit wird auf das erstin-stanzlich eingeholte Sachverständigengutachten der Dr. Dana Uhlig vom 31.07.2013 und die Ausführungen des Amtsgerichts dazu in den Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen sich das Berufungsgericht vollumfänglich anschließt, Bezug genommen.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.“

LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14

siehe auch:

Erklärungswirkung einer Unterschrift mit Firmenstempel

Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden (OLG Dresden, Beschluss vom 6.12.2011 – 5 U 1062/11) bildet die Unterschrift eines Vertrages im Zusammenspiel mit einem Firmenstempel zwar grundsätzlich eine Vermutung dafür, dass der Unterzeichnende als Vertreter der Firma handelte, jedoch kann dies wiederlegt werden.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„1. Die angefochtenen Urteile sind nicht zu beanstanden, soweit das Landgericht davon ausgeht, dass der Beklagte persönlich Vertragspartner der Klägerin geworden ist.

a. Nach dem Offenheitsgrundsatz kann eine Willenserklärung nur dann wirksam für einen anderen abgegeben werden, wenn der Wille, im fremden Namen zu handeln, entweder ausdrücklich erklärt oder aus den Umständen ersichtlich ist (§ 164 Abs. 1 BGB). An einer ausdrücklichen und eindeutigen Erklärung fehlt es hier insoweit, als die Beifügung des Firmenstempels der […] GmbH in Anbetracht der weiteren Angaben im Mietvertrag vom […].2005 nicht ausschließt, dass der Beklagte mit seiner Unterschrift zugleich im eigenen und im Namen der Gesellschaft handelte. Denn isoliert betrachtet genügt ein Stempelabdruck zwar in der Regel, um einen Vertretungswillen kundzutun (vgl. Ulmer/Paefgen, GmbHG, § 35 Rn. 43) , durch die Bezeichnung der Vertragsparteien im Rubrum des Mietvertrages wird dieses Ergebnis jedoch in Frage gestellt. Soweit man hier der mit dem Firmenstempel versehenen Unterschrift des Beklagten eine Vermutungswirkung zuschreibt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 164 Rn. 18), ist diese Vermutung durch das Vertragsrubrum erschüttert.

b. Es ist daher durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln, inwieweit die Umstände des Vertragsschlusses im Sinne des § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben, dass der Beklagte die Willenserklärung ausschließlich in fremdem Namen abgegeben hat (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 4). Darlegungs- und beweisbelastet ist insoweit der Beklagte (Palandt/Ellenberger, § 164 Rn. 18; Ulmer/Paefgen, GmbHG, § 35 Rn. 44). Maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB). Abzustellen ist darauf, wie ein verständiger Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte die Erklärung verstehen musste (Palandt/Ellenberger, BGB, § 133 Rn. 9) . Vor diesem Hintergrund ist dem Beklagten nicht der Beweis gelungen, mit seiner Unterschrift allein im Namen der […] GmbH gehandelt zu haben.

Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, dass es grundsätzlich nicht der Verkehrssitte entsprechen dürfte, dass ein Geschäftsführer einer GmbH ohne Weiteres die persönliche Haftung übernehmen will. Anders verhält es sich aber, wenn es hierfür einen Anlass gibt und die Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen eine abweichende Interpretation zulässt. So ist es hier.

Aus Empfängersicht kann die Unterschrift des Beklagten nur im direkten Zusammenhang mit dem Vertragsrubrum betrachtet werden. Dort wird die […] GmbH in gleicher Weise aufgeführt wie der Name des Beklagten und der des Zeugen F[…]; ein Vertretungszusatz – wie er nach § 164 Abs. 1 BGB erforderlich und im allgemeinen Geschäftsverkehr üblich ist – fehlt. Dies spricht dafür, dass die drei genannten Personen jeweils als Vertragspartner der Klägerin anzusehen sind.

Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass unstreitig nicht nur die […] GmbH als Mieter auftreten sollte, sondern auch der bisherige Nutzer der Mieträume, der Zeuge F[…]. Sofern für den Beklagten etwas anderes gelten sollte, wäre zu erwarten gewesen, dass sein Name durch einen seinen Vertretungswillen verdeutlichenden Zusatz von den Namen der anderen Mieter abgesetzt würde.

Dies gilt auch dann, wenn der Zeuge G[…], wie er erstinstanzlich ausgesagt hat, zu diesem Zeitpunkt noch annahm, dass der Zeuge F[…] neben dem Beklagten Geschäftsführer der […] GmbH sei. Denn er hat weiterhin ausgesagt, dass er beide ihm als solche vermeintlich bekannten Geschäftsführer in die persönliche Haftung aufnehmen wollte. Der Senat sieht keine Veranlassung, an dem Ergebnis der Beweiswürdigung durch das Landgericht Bautzen zu zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat bei seiner Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen bereits berücksichtigt, dass seine Interessen denen der Klägerin nahe stehen. Zu Recht hat es weiterhin berücksichtigt, dass die Angaben des Zeugen G[…] mit dem Inhalt des Mietvertrages in Übereinstimmung stehen. Für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage spricht auch, dass die Klägerin einen nachvollziehbaren Anlass für die Aufnahme der Geschäftsführer in den Mietvertrag hatte, denn sie hatte keine Veranlassung, den Zeugen F[…] aus seiner persönlichen Haftung zu entlassen und einen Nachfolgevertrag allein mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abzuschließen. Zwar hätte es unter Umständen auch genügt, wenn allein der Zeuge F[…] neben der GmbH haftete. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, dass dies so vereinbart wurde und wie es dennoch zu der unterschiedslosen Aufnahme seines Namens in den Mietvertragstext kam. Der Zeuge F[…] und […] haben keine zur Aufklärung des Sachverhalts dienenden Informationen beisteuern können. Der Beklagte selbst, der vor dem Landgericht persönlich angehört wurde, hat letztlich eingeräumt, dass die Vertragsverhandlungen zumindest weit überwiegend von den Zeugen G[…] und F[…] geführt wurden, und die Schilderungen des Zeugen G[…] über die Hintergründe der Formulierung des Mietvertrages nicht in Abrede stellen können.

Die Nebenkostenabrechnungen vom […].2006 […] und vom […].2008 […] sprechen dafür, dass die Klägerin bzw. der sie vertretende Zeuge G[…] sowohl die […] GmbH als auch den Beklagten und den Zeugen F[…] als Mieter angesehen hat, da sie an alle drei Personen adressiert sind.

Dadurch werden die Angaben des Zeugen G[…] bestätigt.

c. Es liegt hier keine Ausnahme vor, wie sie die Rechtsprechung für Geschäfte für den, den es angeht, annimmt, da kein Bargeschäft des täglichen Lebens gegeben ist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 164, Rn. 8).

Auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäftes ändern an dem aufgezeigten Ergebnis nichts. Denn auch hier ist Voraussetzung, dass der Wille des Erklärenden, im Namen des Unternehmers zu handeln, hinreichend zum Ausdruck kommt (Palandt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 2; Ulmer/Paefgen, § 35 Rn. 43 jeweils m.w.N.).

Wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass auch eine persönliche Haftung des Erklärenden gewollt sein kann, wird eine persönliche Haftung des Geschäftsführers auch bei unternehmensbezogenen Geschäften in der Regel bejaht (vgl. BGH,  Urteil vom 13.10.1994 – IX ZR 25/94; Pa-landt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 2) . Diese objektiven Umstände ergeben sich hier – wie dargestellt – zum einen aus dem Vertragstext (Vertragsrubrum) und zum anderen aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach die Klägerin Wert auf die persönliche Haftung der vermeintlichen Geschäftsführer der […] GmbH legte. Soweit unter diesen Umständen vorliegend überhaupt noch von einem unternehmensbezogenen Geschäft gesprochen werden kann, ist die sich hieraus ergebende Vermutung des Handelns für das Unternehmen erschüttert.

Auf die Frage einer etwaigen Rechtsscheinshaftung des Beklagten (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 3) kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

d. Soweit der Beklagte mit seiner Berufung geltend macht, es habe ihm der Wille gefehlt, die persönliche Haftung zu übernehmen, ist dies hier unerheblich. Für die Auslegung seiner Willenserklärung ist allein auf die Perspektive eines objektiven Empfängers abzustellen. Der Beklagte hat einen solchen Willensmangel der Klägerin gegenüber auch nicht unverzüglich (vgl. § 121 BGB) geltend gemacht, obwohl er spätestens im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits erfahren hat, wie seine Erklärung verstanden wurde. Im Übrigen ist eine Anfechtung seiner Willenserklärung mit der Begründung, sein Handeln im eigenen Namen sei nicht von seinem Erklärungswillen gedeckt gewesen, nach § 164 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Der Beklagte muss sich insoweit an die objektive Wirkung seiner Erklärung halten lassen (Palandt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 15 und 16; Ulmer/Paefgen, § 35 Rn. 48) . Auch die Voraussetzungen des § 123 Abs. 2 BGB sind nicht gegeben.

2. Der Beklagte ist somit neben der […] GmbH und dem Zeugen F[…] persönlich Vertragspartner der Klägerin geworden. Sie haften ihr nach § 17 des Mietvertrages vom […].2005 als Gesamtschuldner (§ 426 BGB). Dies gilt auch für die mit Schreiben vom […].2008 abgerechneten Nebenkosten für die Zeit vom […].2006 bis zum […].2007.

a. Soweit der Beklagte auf die „Zustellung“ oder den Zugang der Nebenkostenabrechnung an ihn abstellt, geht seine Berufung ins Leere. Der Zugang der Abrechnung ist nicht Voraussetzung für die Entstehung des Erstattungsanspruchs.

b. Auch der Zeitpunkt des Zugangs ist hier nicht maßgeblich.

aa. Der Beklagte hat die Abrechnung der Klägerin vom […].2008 spätestens im vorliegenden Rechtsstreit zur Kenntnis genommen. Damit war auch der gegen ihn gerichtete Erstattungsanspruch der Klägerin zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Bautzen fällig.

Da er die Richtigkeit der Abrechnung nicht in Frage stellt, war der Beklagte zur Zahlung des abgerechneten Betrages zu verurteilen.

bb. Im Gewerberaummietrecht erlischt der Erstattungsanspruch nicht, wenn die Nebenkosten nicht rechtzeitig berechnet werden. Lediglich die Geltendmachung des Vorauszahlungsbetrages ist nach Ablauf eines Jahres nach Abrechnungsreife nicht mehr möglich (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 535 Rn. 94). Der Anspruch des Vermieters auf Zahlung von Verzugszinsen auf die vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung entfällt aber nicht. Dies hat das Landgericht berücksichtigt.

cc. […]

dd. Die Frage des Zugangs der Abrechnungserklärung könnte im Hinblick auf den Eintritt der Fälligkeit nur für die von der Klägerin ebenfalls geltend gemachten entsprechenden Verzugszinsen von Bedeutung sein. Zwar bewirkt der Zugang der Abrechnungserklärung – entgegen der Ansicht der Klägerin -auch im Gesamtschuldverhältnis den Eintritt der Fälligkeit und ggf. des Verzuges nur gegenüber dem jeweiligen Schuldner, der die Abrechnung empfangen hat (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, § 425 Rn. 3; vgl. auch das von der Klägerin zitierte Urteil des BGH vom 28.04.2010 VIII ZR 263/09, juris Rn. 12) . Im vorliegenden Fall hatten der Beklagte und die anderen Mieter jedoch mit der Klägerin vereinbart, dass Erklärungen des Vermieters für alle Mieter wirksam werden, auch wenn sie nur einem Mieter gegenüber abgegeben werden. Die Mieter haben sich insoweit nach § 17 Satz 2 u. 3 des Mietvertrags vom […].2005 […] gegenseitig bevollmächtigt. Hierauf hat bereits das Landgericht in seinen angefochtenen Urteilen abgestellt. DerSenat hat auch unter Berücksichtigung der §§ 305 ff. BGB keine Zweifel an der Wirksamkeit dieser Vertragsklausel (vgl. jeweils noch zum ABG-G: KG, Rechtsentscheid vom 25.10.1984 – 8 RE-Miet 4148/84, juris Rn. 38 ff.; Schleswig-Holsteinisches OLG, Rechtsentscheid vom 22.03.1983 – 6 RE-Miet 4/82, juris Rn. 20 ff.). Der Beklagte muss sich die Fälligstellung der mit Schreiben vom […].2008 abgerechneten Nebenkosten durch Zugang an den Zeugen F[…] somit zurechnen lassen. Er haftet daher auch für die insoweit geltend gemachten Verzugszinsen.“

OLG Dresden, Beschluss vom 6.12.2011 – 5 U 1062/11