Keine Ausnahme vom Rauchverbot für Spielhallen in Brandenburg

Nach dem Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgericht (Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 17.11.2011 – 53 Ss-OWi 404/10 (204/10)) verstößt eine fehlende Ausnahmeregelung für abgetrennte Nebenräume für Raucher nicht gegen die verfassungsrechtlichen Grundrechte. 

Leitsatz:

Für Spielhallen besteht nach dem Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetz (BbgNiRSchG) auch nicht durch analoge Anwendung der Regelung für Gaststätten eine Ausnahmeregelung vom Rauchverbot durch die Einrichtung von Nebenräumen für Raucher. Das totale Rauchverbot in Spielhallen verstößt nicht gegen die Grundrechte des Spielhallenbetreibers.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss

In der Bußgeldsache
gegen                      […]
Verteidiger:          Rechtsanwalt Stephan M. Höhne,
                                Wallstraße 15, 02625 Bautzen,

wegen Verstoß gegen das Brandenburgische Nichtrauchendenschutzgesetz

hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Senat für Bußgeldsachen
durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Pisal,
den Richter am Oberlandesgericht Thies und
den Richter am Oberlandesgericht Heck

am  17. November 2011

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 14. April 2010 wird als unbegründet verworfen.

Der Betroffene trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

I.
Das Amtsgericht Eisenhüttenstadt hat gegen den Betroffenen wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Brandenburgische Nichtrauchendenschutzgesetz eine Geldbuße von 300 Euro verhängt, weil er in der von ihm betriebenen Spielhalle einer Person in einem abgetrennten Raum das Rauchen gestattet habe. Nach den getroffenen Feststellungen führte die Stadt Eisenhüttenstadt am 23. Juni 2009 gegen 17.00 Uhr eine Kontrolle über die Einhaltung der Vorschriften des Nichtrauchendenschutzgesetzes durch, bei der im hinteren Raum der Spielhalle eine rauchende Person festgestellt wurde. Ein Gespräch mit der aufsichtsführenden Person der Spielhalle ergab, dass der Inhaber dort das Rauchen erlaubt hatte.

Das Amtsgericht hat in den Urteilsgründen weiter ausgeführt, der Betrieb der Spielhalle unterfalle gemäß §2 Abs. 1Nr. 8, §4 Abs. 2 Satz 1BbgNiRSchG dem Anwendungsbereich des Nichtrauchendenschutzgesetzes, weil der Betroffene alkoholische Getränke und Fastfood anbiete und damit ein Gaststättengewerbe betreibe (§ 1Abs. 1 GastG). Bei dem als Raucherbereich ausgewiesenen hinteren Raum der aus insgesamt zwei Räumen bestehenden Spielhalle handele es sich nicht um einen Nebenraum der Gaststätte im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 BbgNiRSchG, bei dem eine Ausnahme vom Rauchverbot gelte, denn zehn von insgesamt zwölf Spielgeräten seien in diesem Raum aufgestellt worden, der zudem auch größer als der vordere Raum sei. Da der Betroffene von der Stadtverwaltung bereits am […] 2009 auf die Geltung des Rauchverbotes auch für Nebenräume der Spielhalle hingewiesen worden sei, liege vorsätzliche Verhalten vor.

Gegen dieses Urteil hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Er greift u.a. die zum Vorliegen eines Nebenraums getroffenen Feststellungen an und beanstandet ferner, dass das Landgericht die Verfassungswidrigkeit der für Spielhallenbetreiber ausnahmslos geltenden landesgesetzlichen Regelungen über das Rauchverbot verkannt habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.


II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Verfahrensbeanstandungen greifen aus den in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom […] 2010 dargelegten Gründen nicht durch.

Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.

Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das Brandenburgische Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit vom 18. Dezember 2007 (Brandenburgisches Nichtrauchendenschutzgesetz,GVBl.1/07; zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. Juli 2010, GVB1.1/10).

Das Verbot des Tabakrauchens in Spielhallen folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 8, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 3 Nr. 9 BbgNiRSchG.

Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, ob der in der Spielhalle des Betroffenen als Raucherbereich bestimmte Raum die Voraussetzungen eines Nebenraums erfüllt, die § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG vorgibt. Ausnahmeregelungen für Nebenräume von Spielhallen sind – anders z.B. als bei Hotels und Gaststätten (§ 4 Abs. 2 BbgNiRSchG) – gesetzlich nicht vorgesehen. Auch der Umstand, dass der Betroffene in der Spielhalle Getränke und Snacks anbietet, begründet nicht die Anwendung des Ausnahmetatbestandes. Er betreibt damit zwar neben der Spielhalle auch eine Gaststätte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 8, § 3 Nr. 8 BbgNiRSchG, § 1 GastG (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 5. Juni 2009 – OVG 1 S 8-09, zit. nach Juris). Gleichwohl findet die für Gaststätten geltende Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG keine Anwendung. Sie gilt nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht für Betriebe mit dem Hauptzweck einer Spielhalle, in denen zusätzlich auch Getränke und Snacks ausgeschenkt werden (VG Cottbus, Beschl. v. 25. Oktober 2011 – 3 L 251/11, zit. nach Juris; Dürr, GewArch 2009, 286, 289 und Anmerkung zu OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 5. Juni 2009 – 1 S 8.09, zit. nach Juris). Anderenfalls könnte jeder Betreiber einer Einrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 BbgNiRSchG durch einen zusätzlichen Getränkeausschank die Geltung der Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG für sich herbeiführen. Dies widerspricht ersichtlich dem Regelungszweck der Norm, die nur für Nebenräume von Hotels, Gaststätten, Kultureinrichtungen im Sinne von § 2 Abs. 1Nr. 3 BbgNiRSchG und Diskotheken Ausnahmeregelungen vorsieht, und dem Willen des Gesetzgebers, der ausweislich der Gesetzesbegründung (LT-Drucks. 4/7371 v. 19. März 2009) für Spielhallen keine Ausnahme zulassen wollte (VG Cottbus, Dürr, aaO.).

Diese gesetzliche Regelung ist auch nicht verfassungswidrig, soweit sie – anders als z.B. bei Gaststätten, Hotels und Diskotheken – für den Betrieb von Spielhallen keine Ausnahmen vom Rauchverbot zulässt.

Die Vorschriften zum Rauchverbot in Spielhallen stellen einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Betreiber dar (Art. 12 Abs. 1GG, Art. 49 Abs. 1 BbgVerf), weil diese nicht mehr selbst darüber bestimmen können, ob ihren Kunden das Rauchen gestattet oder untersagt ist, und weil sie daran gehindert werden, ihre Leistungen an diejenigen zu erbringen, die zu einem Verzicht auf das Rauchen beim Besuch der Spielhalle nicht bereit sind. Dabei ist der Gesetzgeber wegen des überragenden Schutzgutes der Gesundheit der Bevölkerung von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht daran gehindert, ein absolutes Rauchverbot zu verhängen (BVerfG, Urt. v. 30. Juli 2008 – 1BvR 3262/07 – zit. nach Juris). Entscheidet sich der Gesetzgeber indes wie hier für eine Konzeption des Nichtraucherschutzes, die mit Rücksicht auf kollidierende Interessen Ausnahmetatbestände vorsieht, hat er entsprechend dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1GG, Art. 12 Abs. 1BbgVerf) bei der Ausgestaltung des Gesetzes zu beachten, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe nur anders behandelt werden darf, wenn zwischen beiden Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewichtbestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss darstellt, wenn gesetzlich in Gaststätten zugelassene Raucherräume in Diskotheken untersagt sind (BVerfG, aaO.).

Der Landesgesetzgeber hat bei seiner Gesetzeskonzeption hinsichtlich der unterschiedlichen Reichweite der Geltung des Rauchverbotes in Hotels, Gaststätten und Diskotheken einerseits und Spielhallen andererseits jedoch Gründe für eine Differenzierung herangezogen, die von solcher Art und solchem Gewicht sind, dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 12 Abs. 1, Art. 49 Abs. 1 BbgVerf nicht vorliegt (vgl. Gesetzesbegründung LT-Drucks. 4/7371 v. 19. März 2009): Das Gaststättengewerbe und das Spielhallengewerbe unterscheiden sich nach Art der Nutzung und der gesellschaftlichen Bedeutung erheblich. Der Gaststättenbesuch dient gemeinhin dem geselligen Beisammensein und der Pflege sozialer Kontakte. Durch Ausnahmeregelungen soll auch Rauchern ermöglicht werden, dieses sozial erwünschte Verhalten zu pflegen, ohne auf das Rauchen verzichten zu müssen. Für Hotels und Diskotheken gilt Entsprechendes. Das Aufsuchen von Spielhallen demgegenüber erfüllt typischerweise keine geselligen Zwecke. Darüber hinaus ist das Spiel an Automaten mit erheblichen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Risiken verbunden und kann zur Spielsucht führen. Der Landesgesetzgeber hat im Übrigen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative berücksichtigt, dass die Besucher von Spielhallen überwiegend bereits tabakabhängig sind und bei Spielsüchtigen häufig weitere Abhängigkeiten hinzutreten, was auch der Bundesgesetzgeber bei den besonderen Regelungen für den Ausschank von Alkohol berücksichtigt hat (§ 3 Abs. 3 SpielV). Der Gesetzgeber hat weiterhin im Rahmen seines Beurteilungsspielraums ohne erkennbaren Einschätzungsfehler zugrunde gelegt, dass im Hinblick auf die festgestellten Umsatzsteigerungen der Unterhaltungsautomatenwirtschaft seit 2005, die auch im Jahr 2008 nach der Einführung der Rauchverbote anhielten, für eine Abwanderung der Spielhallennutzer in Gaststätten mit Raucherräumen nichts ersichtlich sei.

Das Amtsgericht hat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Betroffene gemäß § 7 Abs. 1Nr. 2, § 6 Abs. 2 BbgNiRSchG ordnungswidrig und dabei auch vorsätzlich gehandelt habe, weil er das Rauchen in der von ihm betriebenen Spielhalle zugelassen hat, obwohl ihn die Stadtverwaltung bereits zuvor auf die Geltung des Rauchverbotes hingewiesen hatte. Auch die Rechtsfolgenentscheidung weist keine den Betroffenen benachteiligende Rechtsfehler auf.“

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 17.11.2011 – 53 Ss-OWi 404/10 (204/10)

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