Durch das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal (AG Hohenstein-Ernstthal, Urteil vom 11.5.2011 – 4 C 39/11) wurde entschieden, dass ein Immobilienmakler bei der Vermittlung in einer Zwangsversteigerung nicht ohne weiteres seine Maklerprovision verwirkt, wenn er sowohl für den Gläubiger als auch den Bieter tätig ist.
Auszug aus den Entscheidungsgründen:
„Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch nicht verwirkt.
Eine Verwirkung des Provisionsanspruches nach § 654 BGB ist in Betracht zu ziehen, wenn ein an seinen Kunden gebundener Makler auch für den anderen Vertragsteil als Vermittlungsmakler tätigwird. Das entspricht im Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Daraus folgt jedoch nicht ohne weiteres, dass der Makler mit jeder vermittelnden Tätigkeit nach beiden Seiten seinen Provisionsanspruch gewissermaßen automatisch verwirkt. Entscheidend muss hierfür vielmehr sein, ob der Makler mit seiner Tätigkeit das Vertrauen und die Interessen seiner Auftraggeber verletzt. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn er ihnen seine Tätigkeit für die jeweils andere Seite offenlegt und sich darauf beschränkt, als „ehrlicher Makler“ zwischen ihren Interessen zu vermitteln (BGH NJW-RR 2000, 430 f.).
Diese Rechtsprechung gilt grundsätzlich für Immobilienmakler im Zusammenhang mit dem Kauf/Verkauf einer Immobilie. Streitgegenständlich ist jedoch die vermittelnde Tätigkeit der Klägerin für den Beklagten im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens einerseits und einer grundsätzlich generell bestehenden vermittelnden Tätigkeit der Klägerin für die im Zwangsversteigerungsverfahren führenden Gläubigerin, der […] Bank.
Diese Doppeltätigkeit war dem Beklagten von Anfang an bekannt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Interessen des Beklagten mit ihrer Tätigkeit verletzte, vermag das Gericht nicht zu erkennen.
[…]
Der Beklagte handelte bei der Unterzeichnung der Maklerprovisionsvereinbarung als Verbraucher und nicht als Unternehmer.
Diesbezüglich ist die Klägerin beweisbelastet. Zur Begründung des erhöhten Verzugszinsensatzes trägt sie lediglich vor, dass der Beklagte mindestens weitereacht Immobilen erworben hat, infolgedessen zu schlussfolgem sei, dass im Hinblick auf dieVerwaltung derartiger Immobilien ein geschäftsähnlicher Aufwand erforderlich sei, um diese Vermögenswerte adäquat zu verwalten.
Rechtsgeschäfte im Sinne des Absatz 2 des § 288 sind solche zwischen Unternehmen im Sinne § 14 BGB. Die Verwaltung und Anlage eigenen Vermögens (Anlage von Geld in Miethäusern, Wertpapieren) erfüllt dagegen grundsätzlich nicht den Unternehmerbegriff (Ellenberger in Palandt, BGB-Kommentar, 70. Aufl., Rz. 2 zu § 14).
Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist vielmehr der Umfang der mit ihrverbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGH NJW 2002, 368 ff.).
Vorliegend genügt dem Gericht der Umstand, dass der Beklagte mindestens acht weitere Immobilien erworben hat, noch nicht, um zu der Überzeugung zu gelangen, dass zum Zwecke der Vermögensverwaltung nunmehr die Unterhaltung eines Büros oder eines planmäßigen Geschäftsbetriebes erforderlich ist und deshalb der Beklagte als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB zu betrachten ist. Auch der Umstand, dass der Beklagte die Beräumung und gegebenenfalls auch Vermietung durch die Firma, deren Geschäftsführer er ist, erledigen lässt, mithin ein Auftragsverhältnis besteht, führt zu keiner anderen Wertung. Die Verzugszinsenhöhe war deshalb gemäß § 288 I BGB auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz festzusetzen und im Übrigen die Klage abzuweisen.“
AG Hohenstein-Ernstthal, Urteil vom 11.5.2011 – 4 C 39/11)