Keine Fristsetzung zur Schadensbeseitigung durch den Vermieter bei Substanzschäden an der Mietsache erforderlich

Nach dem Beschluss des Landgerichts Görlitz mit Außenkammern Bautzen vom 28. Februar 2024 (Az. 5 S 10/23), mit dem die Berufung der Mieterin gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 02.02.2023 (Az. 21 C 160/22) zurückgewiesen wurde, besteht bei Substanzschäden an einer Mietsache, die durch Verletzung der Obhutspflicht des Mieters entstanden sind, kein Erfordernis einer vorherigen Fristsetzung durch den Vermieter (so auch BGH, Urteil vom 27.06.2018 – XII ZR 79/17).

Aus den Entscheidungsgründen:

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

[…]

– Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7/9, 01097 Dresden, Gz.: […]

gegen

[…]

– Beklagte, Widerklägerin und Berufungsklägerin –

Prozessbevollmächtigte:
[…]

wegen Schadensersatz

erlässt die 5. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz […]

am 28.02.2024

nachfolgende Entscheidung:

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 02.02.2023, Az. 21 C 160/22 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
  3. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Bautzen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
  4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.473,08 € festgesetzt.

Gründe

Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 02.02.2023, Az. 21 C 160/22, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung der Kammer das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Die Berufung ist offensichtlich unbegründet. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die Kammer hat die Parteien mit einstimmigen Beschluss vom 20.12.2023 insoweit bereits auf folgendes hingewiesen:

Die zulässig eingelegte und begründete Berufung verspricht nach übereinstimmender Auffassung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil ist frei von Rechtsfehlern. Der Sachvortrag der Berufung bietet keinen Ansatz für eine hiervon abweichende rechtliche Beurteilung.

Aus Sicht der Kammer hat das Amtsgericht im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei entschieden.

In dem auch vom Amtsgericht zitierten Urteil des BGH Az. XII ZR 79/17 vom 27.6.2018 hat der Bundesgerichtshof die Frage nach einer Fristsetzung auch bei Substanzschäden entschieden. Hier heißt es, dass Schäden an der Sachsubstanz der Mietsache, die durch eine Verletzung von Obhutspflichten des Mieters entstanden sind, auch nach Beendigung des Mietverhältnisses nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB als Schadensersatz neben der Leistung nach Wahl des Vermieters durch Wiederherstellung oder durch Geldzahlung vom Mieter zu ersetzen sind, ohne dass es einer vorherigen Fristsetzung des Vermieters bedarf. Für die Abgrenzung zwischen dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung nach §§ 281 Abs. 1 Satz 1, 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB und dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB kommt es nur darauf an, ob die Verletzung einer zur Anwendbarkeit der §§ 281 Abs. 1, 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB führenden Leistungspflicht oder die Verletzung einer in § 241 Abs. 2 BGB geregelten vertraglichen Nebenpflicht, bei
der sich die Anspruchsvoraussetzungen allein nach § 280 Abs. 1 BGB bestimmen, in Rede steht. Unerheblich ist dabei hingegen, ob der Schadensersatz vor oder nach Rückgabe der Mietsache geltend gemacht wird (BGH Urteil vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17 – NZM 2018, 320 Rn. 19). Im Falle eines Mietverhältnisses entstehen solche Schäden zwar an dem Mietgegenstand, sie beruhen aber auf einer Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs und sind damit außerhalb des mietrechtlichen Leistungsprogramms verursacht worden. Bei der Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassene Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch nach Maßgabe von § 538 BGB entsprechenden Zustand zu halten, insbesondere die Räume aufgrund der aus der Besitzübertragung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer von § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann, handelt es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB, deren Verletzung allein nach den in § 280 Abs. 1 BGB geregelten Voraussetzungen eine Schadensersatzpflicht begründet. Daher hat der Vermieter in solchen Fällen ein Wahlrecht zwischen der in § 280 Abs. 1 vorgesehenen Naturalrestitution und dem in Abs. 2 Satz 1 geregelten Zahlungsanspruch auf den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag.

Dies vorangestellt kommt es also darauf an, ob die hier behaupteten Schäden eine Substanzverletzung darstellen, welche über den ordnungsgemäßen Gebrauch hinausgehen. Dies bejaht die Kammer. Insbesondere die sehr anschaulich dargestellten Tapetenablösungen können einen vertragsgemäßen Gebrauch nicht mehr darstellen und es scheint auch lebensfremd, dass es sich hier um Materialermüdung handelt. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die eindrucksvollen Kratzer auf dem Fußbodenbelag. Die Beklagte überspannt nach Auffassung der Kammer die Anforderung an die Feststellung des Schadens. Es muss nicht festgestellt werden, dass es sich um von der Katze verursachte Schäden handelt auch wenn dies mehr als wahrscheinlich ist. Fakt ist, dass die Tapete an einigen Stellen wie abgerissen aussieht, so dass die Mauer darunter zum Vorschein kommt. Dies stellt keinen vertragsgemäßen Gebrauch mehr dar.

Die erfolgte Schätzung des Schadens ist aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden.

Die Parteien haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, eine solche jedoch nicht abgegeben.

Aus den oben aufgeführten Gründen war die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 97 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gegründet auf § 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

Den Streitwert hat das Gericht gemäß §§ 47 GKG, 3 ZPO festgesetzt.“

LG Görlitz Außenkammern Bautzen, Beschluss vom 28. Februar 2024 – 5 S 10/23

Zur Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens, wenn im Mietvertrag ein nicht mehr existenter Index benannt wird

Durch das Landgericht Görlitz (LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14) wurde entschieden, dass eine Wertsicherungsklausel in einem gewerblichen Mietvertrag, die eine Mietzinsanpassung mit einem nicht mehr existenten Index verknüpft wirksam bleibt und durch Auslegung anstelle des nicht mehr existenten Index auf den passenden Index abzustellen ist.
Zudem ist nach der Entscheidung des Landgerichts Görlitz bei einer Klage aller Gesellschafter einer GbR auf Erfüllung eines Anspruchs der GbR das Aktivrubrum auf den Namen der GbR abzuändern, da diese aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst klagen und verklagt werden kann.

Urteile zur Auslegung einer Mietindexklausel (=Wertsicherungsklausel), welche auf einen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages weggefallenen Lebenshaltungskostenindex verweist, bei der im Wege der Vertragsauslegung auf den Verbraucherpreisindex abzustellen ist:
BGH, Urteil vom 7. November 2012 – XII ZR 41/11; BGH, Urteil vom 4.3.2009 – XII ZR 141/07; LG Görlitz, Urteil vom 24.9.2021 – 5 O 115/20; LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

in dem Rechtsstreit

[…] GbR, […]

– Klägerin und Berufungsbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, […]

gegen

[…]

– Beklagte und Berufungsklägerin –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

wegen Forderung – hier: Berufung

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz durch

Vorsitzende Richterin am Landgericht […] als Einzelrichterin

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2014 am 29.10.2014

für Recht erkannt:

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 26.03.2014, Az.: 20 C 1076/12, wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 1.635,48 Euro.

Gründe:

I.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 26.03.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bautzen, Az.: 20 C 1076/12, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte Ist der Auffassung, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft der auf die Zahlung erhöhter Gewerberaummiete gerichteten Klage stattgegeben habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 25.07.2014 verwiesen.

Zur Berufung beantragt die Beklagte, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Klägerseits wird die angefochtene Entscheidung verteidigt.

Die Einzelheiten des klägerischen Vorbringens in der Berufungsinstanz ergeben sich aus den Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 08.08.2014 und vom 25.09.2014, auf die Bezug genommen wird.

II.

Der statthaften und auch im Übrigen zulässigen Berufung der Beklagten bleibt in der Sache der Erfolg versagt.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens sind Entscheidungen des ersten Rechtszuges nach § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf überprüfbar, ob das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruht, oder ob die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist grundsätzlich von den durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen auszugehen. Das Berufungsgericht hat nur zu überprüfen, ob ernstliche Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Beides ist hier nicht der Fall.

Die Klägerin kann für den streitgegenständlichen Zeitraum nach § 3 Nr. 4 des Mietvertrages vom 28.10.2004 die von ihr geltend gemachte erhöhte Gewerberaummiete beanspruchen.

1.

Der Berufung Ist nicht darin zu folgen, dass die Klage mangels Aktivlegitimation der als Kläger aufgetretenen Gesellschafter der […] GbR“ abzuweisen sei. Vielmehr war das Rubrum dahin zu berichtigen, dass nicht die Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Kläger aufzuführen sind, sondern die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst Klägerin ist.

Seit dem Urteil des BGH vom 29.01.2001 (II ZR 331/00 – BGHZ146, 341) ist anerkannt, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, und dass sie in diesem Rahmen im Prozess aktiv- und passiv parteifähig ist. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 08.11.2007, IX ZR 191/06) können Forderungen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur von der Gesellschaft eingeklagt werden, nicht von den Gesellschaftern selbst.

Wird jedoch – wie hier – in Verkennung dieser Rechtslage eine Klage von sämtlichen Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit erhoben, führt dies nicht dazu, dass die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation abzuweisen ist oder ein Parteiwechsel in Gestalt einer (zulässigen) Klageänderung erforderlich wäre; vielmehr ist das Aktivrubrum dahingehend zu berichtigen, dass die aus den in der Klageschrift aufgeführten Personen bestehende Gesellschaft die Klägerin ist (BGH, Urteil vom 14.09.2005, VIII ZR 117/04). Denn auch bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich das Rechtssubjekt als Partei anzusehen, das durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektiven Sinn betroffen werden soll; diese Grundsätze gelten auch, wenn sich die klagende Partei selbst fehlerhaft bezeichnet hat.

Eine bloße Rubrumsberichtigung dürfte zwar dann ausscheiden, wenn nicht alle Gesellschafter Klage erhoben haben oder einzelne Gesellschafter sich als Alleinberechtigte gerieren.

So liegt der Fall hier aber nicht.

Die GbR, die den erhöhten Mietzins beansprucht, besteht nur aus den beiden zunächst als Kläger auftretenden Gesellschaftern. Diese beiden Gesellschafter wollten von vornherein eine Forderung geltend machen, die sie aufgrund ihres Zusammenschlusses in der GbR gemeinsam erworben hatten.

Selbst wenn die klägerische GbR – wie die Beklagte vorbringt – zwischenzeitlich aufgelöst sein sollte, hätte dies auf die streitgegenständlichen Ansprüche und die Berechtigung der Klägerin, diese geltend zu machen, keinen Einfluss. Die Auflösung der Gesellschaft führt nicht zu deren Vollbeendigung; vielmehr besteht diese bis zum Abschluss der Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens fort (Palandt/Sprau, BGB, vor § 723 Rn 2).

Laut Grundbuchauszug befindet sich das Mietobjekt im Eigentum der Klägerin, mithin gehört es zum Gesellschaftsvermögen. Mit Erwerb des Eigentums an dem Mietobjekt ist die Klägerin auf Vermieterseite in das ursprünglich mit Frau […] begründete Mietverhältnis eingetreten (§ 566 BGB). Eine Auflösung der Vermieter-GbR ändert nichts an deren Vermieterstellung, weil der Mietvertrag in diesem Fall mit der Liquidationsgesellschaft fortgeführt wird.

2.

Der Mieterhöhungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 3 Nr. 4 des Mietvertrages vom 28.10.2004.

a)

Die dort vereinbarte Preisanpassungsklausel ist wirksam.

Zunächst ist festzustellen, dass eine Inhaltskontrolle der Wertsicherungsklausel nach §§ 305 ff. BGB nicht angezeigt ist. Dem In Rede stehenden Mietvertrag liegen schon keine allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB zugrunde. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich nämlich nicht, dass die damalige Vermieterin eine Vielzahl von Mietverhältnissen mit verschiedenen Mietern abgeschlossen hätte. Ebensowenig wurde dargelegt, dass sie dabei auf dieselben Mietvertragsformulare zurückgegriffen hätte. Soweit der Mietvertrag als AGB von der Beklagten „gestellt“ worden sein sollte, kann sie sich als Verwender nicht auf die Klauselverbote nach § 307 ff BGB berufen.

Die Preisanpassungsklausel ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

Zwar existierte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages die in der vereinbarten Preisanpassungsklausel enthaltene Bezugsgröße des Lebenshaltungskostenindex nicht mehr; dennoch liegt insoweit kein Dissens vor. Dies ergibt sich zweifelsfrei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB. Unabhängig davon, auf welche Bezugsgröße die Parteien bei der Mietzinserhöhung abstellen wollten, zielt die Wertsicherungsklausel allein darauf ab, die jeweils vereinbarte Miethöhe in ihrem Wert zu erhalten. Einziger Sinn und Zweck der Klausel bestand also darin, das Preis-/Leistungsverhältnis zwischen Mietgegenstand und Mietzins aufrecht zu erhalten. Dies war offensichtlich die übereinstimmende Vorstellung der Parteien, die der Aufnahme der Mietanpassungsklausel in den Vertrag zugrunde lag. Die Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Fortschreibung des Lebenshaltungskostenindex schon eingestellt worden und an Stelle des Lebenshaltungskostenindex der Verbraucherpreisindex getreten war, führt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dazu, dass es dem Interesse der Vertragsparteien entspricht, für die automatische Anpassung der Miethöhe auf den allgemeinen Verbraucherpreisindex abzustellen (so auch BGH, XIIZR 141/07). Hätten die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewusst, dass der für die Lebenshaltung allerprivaten Haushalte in Deutschland geltende Index nunmehr als „Verbraucherpreisindex“ bezeichnet wird, so hätten sie diesen Index als Maßstab für künftige Anpassungen des Mietzinses vereinbart (vgl. BGH, XII ZR 141/07). Dieser ist inhaltlich und sachlich identisch mit dem „Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte in Deutschland“ und misst die durchschnittliche Preisveränderung aller Waren und Dienstleistungen in Deutschland, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden; er bildet die Verbraucherpreise umfassend ab (Statistisches Bundesamt, FamRZ2005, 1406). Die Beklagte muss sich deshalb redlicherweise am Grundsatz der automatischen Anpassung des Mietzinses unter Bezugnahme auf den Verbraucherpreisindex festhalten lassen.

b)

Auch der Einwand der Beklagten, die Berechnung der Mieterhöhung beruhe auf einem anderen, als dem vereinbarten Index vermag hier weder gegen die Berechnung der Mieterhöhung noch gegen die Wirksamkeit der gewählten Vertragsklausel durchzugreifen.

Zwar haben die Parteien – wie unter Buchstabe a) ausgeführt – einen Index gewählt, der vom Statistischen Bundesamt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nämlich im Oktober 2004, nicht (mehr) erhoben wurde. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht die Preisanpassungsklausel nach dem tatsächlichen Willen der Parteien ausgelegt hat. Im Zusammenhang mit der Umbenennung des „Lebenshaltungskostenindex“ in den „Verbraucherpreisindex“ durch das Statistische Bundesamt ist dies ausdrücklich in der Literatur und höchstrichterlichen Rechtsprechung bejaht worden (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, Rn. 413). Eine Wertsicherungsklausel in einem nach dem 01.01.2003 geschlossenen Vertrag, die sich an einen der früher geführten Indizes anlehnt, lasse zweifelsfrei den Willen der Parteien erkennen, die Mietanpassung an einem vom Statistischen Bundesamt geführten Index auszurichten.

Diesem Gedanken folgt das Berufungsgericht mit dem Amtsgericht auch in dem vorliegenden Fall (siehe unter Buchstabe a).

c)

Die Mietzinserhöhung scheitert auch nicht an der Nichtbeibringung eines „Negativattests“.

Hierzu ist Folgendes auszuführen:

Bis zum 13.09.2007 waren Wertsicherungsklauseln mit Anpassungsautomatik grundsätzlich durch die Deutsche Bundesbank genehmigungsbedürftig. Allerdings galten nach § 4 PrKV a. F. Preisklauseln in Miet- und Pachtverträgen (vertragsspezifische Klauseln i. S. von § 4 PrKV) unter den dort aufgeführten – hier zweifelsfrei vorliegenden – Voraussetzungen, als genehmigt.

Zum 14.09.2007 ist durch das 2. Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (BGBI. 12046 ff.) das „neue“ Preisklauselgesetz in Kraft gesetzt worden. Danach sind Indexmieten auf dem Gebiet der Geschäftsraummiete weiterhin zwar nur in eingeschränktem Umfange zulässig, insoweit allerdings auch nicht mehr genehmigungsbedürftig. Für Preisklauseln werden weder Genehmigungen erteilt, noch als erteilt fingiert: auch Negativatteste, durch deren Beantragung die Zulässigkeit problematischer Klauseln bislang schnell geklärt werden konnte, werden nicht mehr erteilt.

Genehmigungsbedürftige Vereinbarungen, deren Genehmigungen bis dahin nicht unanfechtbar abgelehnt worden waren, gelten, falls es sich – wie hier – um vertragstypische Klauseln im Sinne von § 4 Preisklauselverordnung handelt, als von Anfang an genehmigt (Erman/Dickersbach, BGB, § 557b Rn 9 ff).

d)

Die Klägerin hat die Erhöhung der Grundmiete richtig berechnet. Insoweit wird auf das erstin-stanzlich eingeholte Sachverständigengutachten der Dr. Dana Uhlig vom 31.07.2013 und die Ausführungen des Amtsgerichts dazu in den Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen sich das Berufungsgericht vollumfänglich anschließt, Bezug genommen.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.“

LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14

siehe auch:

Zur Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens, wenn im Mietvertrag ein nicht mehr existenter Index benannt wird

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 26.3.2014 – 20 C 1076/12) ist eine vertraglich vereinbarte Mieterhöhung anhand eines Indexes bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum auch dann zulässig, wenn dieser Index zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mehr existiert. Im Weiteren hält die Klausel zur Mietpreisanpassung der Inhaltskontrolle entsprechend den Bestimmungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stand, auch wenn diese nur eine Erhöhung vorsieht.

Berufungsinstanz: LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit

1. […]

– Kläger –

2. […]

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]

gegen

[…]

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte:
[…]

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Bautzen durch

Richter am Amtsgericht […] aufgrund der von den Parteien bis zum 14.03.2014 eingereichten Schriftsätze

für Recht erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.635,48 € nebst Zinsen i.H.v. 64,74 € für die Zeit vom 04.01.2012 – 29.11.2012 und weitere Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus 1.635,48 € seit dem 30.11.2012 zu zahlen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten den Rechtsstreits.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des jeweils bei zutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  4. Streitwert: 1.635,48 €.

Tatbestand:

Die Kläger verlangen von der Beklagten die Zahlung erhöhter Gewerberaummiete.

Die Rechtsvorgängerin der Kläger […] und die Beklagte schlossen einen schriftlichen Geschäftsraum-Mietvertrag vom 28.10.20104 über Gewerberäume im Erdgeschoss des Hauses […]. In den vermieteten Räumlichkeiten betreibt die Beklagte ein Optikerfachgeschäft. Der schriftliche Mietvertrag enthält in § 3 „Höhe und Zahlung der Miete einschließlich Betriebskostenvorauszahlungen“ unter Nr. 4 folgende Bestimmungen: „a) Erhöht sich der vom Statistischen Bundesamt jeweils festgestellte Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte in Deutschland, Basis 1995 = 100 Punkte, gegenüber dem beim Abschluss des Mietvertrages bestehenden Lebenshaltungskostenindex um 10 Punkte, so erhöht sich die oben vereinbarte Kaltmiete im gleichen (prozentual umgerechneten) Verhältnis, ohne dass es einer Mietänderungserklärung des Vermieters bedarf. Die Änderung wird jeweils zum 01.01. des Folgejahres nach Eintritt der Erhöhung fällig, und zwar auch dann, wenn dies dem Vertragspartner erst später mitgeteilt wird. Die Regelung ist wiederholt anwendbar, wenn die oben beschriebenen Voraussetzungen auf der Basis der jeweils vorausgegangenen Mietänderung entsprechend vorliegen. Eine erstmalige Anpassung der Miete ist frühestens nach dem 01.12.2005 möglich.

b) Der Vermieter hat die Erhöhung mitzuteilen und dabei eine Berechnung vorzulegen, wobei eine nicht rechtzeitige Mitteilung keinen Verzicht bedeutet.

c) Die Parteien gehen davon aus, dass die vorstehende Klausel nicht der Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft bedarf. Vorsorglich verpflichtet sich aber der Vermieter, ein Negativattest einzuholen. Falls dies verweigert wird, weil die Klausel genehmigungsbedürftig ist, so holt der Vermieter die Genehmigung ein. Wird diese verweigert, sind sich die Parteien darüber einig, dass die Wertsicherungsklausel als Leistungsvorbehalt im Sinne einerAnpassungsklausel umgedeutet wird.

d) Sollten die Indizes vom Statistischen Bundesamt nicht fortgeführt werden, so wird ein vergleichbarer Index des Statistischen Amtes der Europäischen Union zugrunde gelegt“.

Bei Abschluss des schriftlichen Mietvertrages vom 28.10.2004 hatte das Statistische Bundesamt den Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte in Deutschland nicht mehr fortgeschrieben. Das Statistische Bundesamt hatte am 01.01.2000 den Verbraucherpreisindex eingeführt und die Vorgängerindizes, u.a. auch den Lebenshaltungskostenindex, ab 31.12.2002 nicht mehr veröffentlicht.

Mit Schreiben vom 14.12.2011 ihrer Prozessbevollmächtigten verlangten die Kläger von der Beklagten die Bezahlung eines monatlichen Nettokaltmietzinses ab dem 01.01.2012 von 1.652,41 €. Dabei berechneten sie in diesem Schreiben die Erhöhung des Mietzinses anhand des Verbraucherpreisindexes und der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Anleitung für die Berechnung von Schwellenwerten und Veränderungsraten für Wertsicherungsklauseln […].

Den sich aus dieser Berechnung ergebenden Mietrückstand bis einschließlich November 2012 i.H.v. 1.635,48 € zahlte die Beklagte nicht.

Die Kläger sind der Auffassung, dass § 3 Nr. 4 des schriftlichen Mietvertrages dahin auszulegen sei, dass anstelle des nicht mehr fortgeführten Lebenshaltungskostenindexes der Verbraucherpreisindex trete. Dies ergebe eine entsprechende Auslegung des Parteiwillens, die nach der einschlägigen Rechtsprechung des BGH zu dem Ergebnis führe, dass an die Stelle des Lebenshaltungskostenindexes der Verbraucherpreisindex trete. Die Bestimmungdes § 3 Nr. 4 des schriftlichen Mietvertrages sei auch nichtals von ihnen, den Klägern verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung einzuordnen und unwirksam. Als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Mietvertrag vom 28.10.2004 sei vielmehr die Beklagte anzusehen.

Die Kläger beantragen daher,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.635,48 €nebst ausgerechneten Zinsen für die Zeit vom 04.01.2012 – 29.11.2012 i.H.v. 64,74 € sowie weitere Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.635,48 € seit dem 30.11.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass den Klägern die Aktivlegitimation fehle. Die GbR der Kläger existiere nicht mehr. Die Rechte am streitbefangenen Mietobjekt habe der Kläger zu 2) durch Übertragung allein erworben. Außerdem seien die Kläger nicht Eigentümer des Grundstücks […] geworden. Ihr, der Beklagten, stünde ein Zurückbehaltungsrecht zu, weil die Vermieterin ein Negativattest, wie in § 3 Nr. 4 des Mietvertrages vereinbart, nicht eingeholt habe. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe es den Lebenshaltungskostenindex nicht mehr gegeben. Es sei daher von einem offenen Wissens auszugehen. Außerdem sei die Preisanpassungsklausel nicht eindeutig formuliert. Sie lasse nämlich nicht erkennen, ob die Berechnung nach Kalendermonaten oder nach Kalenderjahren erfolgen solle. Gleichwohl seien die Kläger von einer Monatsregelung ausgegangen. Die Klausel sei unwirksam.

Auch sei die Berechnung der Klägerin im Übrigen inhaltlich falsch.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat zu der Frage der korrekten Umrechnung der im Mietvertrag vereinbarten Punkteregelung ein mathematisches Gutachten eingeholt. Auf das Gutachten vom 31.07.2013 der Mathematikerin Dr. […] wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des erhöhten Mietzinses ab 01.01.2012 – 30.11.2012 in tenorierter Höhe. Der Mieterhöhungsanspruch der Kläger ab 01.01.2012 ergibt sich aus § 3Nr. 4 des schriftlichen Mietvertrages vom 28.10.2004.

Die Kläger sind anspruchsberechtigt. Ihre Eigentümerstellung ergibt sich aus den von ihnen vorgelegten Grundbuchauszug […]. Demgegenüber hat die Beklagte in erheblicher Weise nicht vorgetragen, wann die Gesellschaft zwischen den Klägern aufgelöst worden sein soll und wann das Eigentum am Grundstück […] auf den Kläger zu 2) übertragen worden sein soll. Der Beweisantritt auf Parteivernehmung der Kläger stellt sich unter diesen Umständen als Ausforschungsbeweis dar.

Die Bestimmung des § 3 Nr. 4 des schriftlichen Mietvertrages ist auch nicht wegen Dissenses (§ 154 BGB) nichtig. Ein (offener oder versteckter) Einigungsmangel setzt zunächst voraus, dass die beiden Vertragsparteien eines Vertrages verschiedene Vorstellungen über bestimmte Punkte, hier also die verfahrensgegenständliche Anpassungsklausel, hatten. Ein Einigungsmangel setzt ferner voraus, dass es zu keiner Einigung gekommen ist. Es fehlt bereits an einem erheblichen Sachvortrag der Beklagten, dass die Parteien beim Abschluss des Mietvertrages, in den die Kläger nach § 578 BGB eingetreten sind, über die Preisanpassungsklausel verschiedene Vorstellungen hatten. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass ihre eigene Vorstellung über eine Preisanpassung verschieden war von der Preisanpassungsvorstellung der damaligen Vermieterin. Auch nach dem Vortrag der Beklagten war es vielmehr so, dass beide Vertragsparteien seinerzeit zwar eine Mietzinsanpassungsregelung wollten, ihnen jedoch entgangen war, dass der Index, nach dem sich die Mietpreisanpassung richten sollte, nämlich der Lebenshaltungskostenindex, beim Vertragsabschluss am 28.10.2004 nicht mehr publiziert wurde, sondern vom Verbraucherpreisindex ersetzt wurde. Eine solche Situation beim Abschluss des Vertrages stellt keinen Dissens dar, sondern ist eine bei beiden Vertragspartnern existierende falsche Vorstellung über (angeblich vorhandene) Indizes. Solche bei beiden Vertragspartner identisch vorhandenen falschen Annahmen sind nach gefestigter Rechtsprechung des BGH zunächst durch Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB), ggf. auch im Wege der Anpassung der Geschäftsgrundlage zu korrigieren.

Die Bestimmung in § 3 Nr. 4 des schriftlichen Mietvertrages ist auch nicht deswegen unwirksam, weil sie als Allgemeine Geschäftsbedingung die Beklagte unangemessen benachteiligt (307 BGB). Dabei kann dahinstehen, wer der Verwender der Bestimmung des § 3 des Mietvertrages ist. Denn auch wenn unterstellt wird, dass – was die Kläger bestreiten – der Vermieter Klauselverwender ist, hält die Klausel einer Inhaltskontrolle stand. Die Klausel benachteiligt die Beklagte nicht unangemessen dadurch, dass nach dem Klauselinhalt die Miete nur bei Indexerhöhungen, nicht jedoch bei Indexsenkungen angepasst werden soll. Denn dieser – wahrscheinlich ohnehin nur theoretische – Nachteil wird dadurch ausgeglichen, dass in § 2 des schriftlichen Mietvertrages der Beklagten das Recht eingeräumt wird, die Beendigung des Mietvertrages dadurch herbeizuführen, dass sie eine Mietvertragsfortsetzung nicht verlangt.

Die Auslegung der danach wirksamen Vertragsklausel in § 3 Nr. 4 des schriftlichen Mietvertrages führt zu dem Ergebnis, dass an die Stelle des Lebenshaltungskostenindexes der Verbraucherpreisindex tritt. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 04.03.2009, Az: XII ZR 141/07; Urteil vom 07.11.2012, Az: XII ZR 41/11) entsteht bei einer Mietanpassungsklausel, die die Änderung der Methöhe von einer Veränderung des Index für die Lebenshaltung eines 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushaltes abhängig macht, eine Regelungslücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden müsse. Nach der Rechtsprechung entspricht es dabei dem Interesse der Vertragsparteien, für die automatische Anpassung der Miethöhe ab der Einstellung der Fortschreibung des Preisindex für die Lebenshaltung eines 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushaltes mit mittlerem Einkommen auf den allgemeinen Verbraucherpreisindex abzustellen. Diese Rechtsprechung geht zutreffend davon aus, dass die Vertragsparteien, wenn sie den Fortfall des Verbraucherpreisindex bedacht hätten, nicht auf jede automatische Anpassung der Miete verzichtet und stattdessen vereinbart hätten, den Mietzins jeweils neu auszuhandeln. Anderseits haben die Parteien in § 3 Nr. 4 des verfahrens gegenständlichen Mietvertrages nicht eindeutig bestimmt, was im Fall des Indexfortfalls gelten soll. Diese Regelungslücke ist nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien auszulegen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut aus § 3 Nr. 4 des schriftlichen Mietvertrages, dass die Parteien bei Fortfall des von ihnen gewählten Index nicht auf eine Anpassungsklausel verzichten wollten. Denn in § 3 Nr. 4 c) und d) des schriftlichen Mietvertrages haben sie Regelungen für den Fall getroffen, dass eine etwa erforderliche Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft verweigert wird und „die Indizes“ vom Statistischen Bundesamt nicht forgeführt werden. Letzterenfalls sollte ein vergleichbarer Index des Statistischen Amtes der EU zugrunde gelegt werden. Diese Bestimmung in § 3 Nr. 4d) des schriftlichen Mietvertrages ist als Auffangregelung für den Fall zu verstehen, dass nationale Indizes nicht mehr geführt werden. Sie kommt im vorliegenden Streitfall daher nicht zum Tragen, weil nationale Indizes für Deutschland noch immer existieren. Hätten die Parteien dabei bedacht, dass der Verbraucherpreisindex den Lebenshaltungskostenindex ersetzt, dann hätten sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der beidseitigen Interessen diesen Index gewählt. Denn dieser Index misst die durchschnittliche Preisveränderung aller Waren und Dienstleistungen in Deutschland, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden. Er bildet die Verbraucherpreise umfassend ab. Jeder der beiden Vertragsparteien hätte sich deshalb redlichweise nicht nur am Grundsatz der automatischen Anpassung festhalten lassen müssen. Die Vertragsparteien hätten auch mangels geeigneter Alternativen der Bezugnahme auf den Verbraucherpreisindex als neuen Maßstab für die künftige automatische Anpassung des Mietzinses zustimmen müssen (BGH, Urteil vom 04.03.2009). Demgegenüber kann nicht mit Aussicht auf Erfolg eingewendet werden, dass sich die genannte Rechtsprechung des BGH auf Dauerschuldverhältnisse bezieht, bei denen der Lebenshaltungskostenindex bei Abschluss des Vertrages vom Statistischen Bundesamt noch geführt wurde, jedoch dann im Laufe des Dauerschuldverhältnisses weggefallen ist. Denn eine durch Auslegung zu füllende Vertragslücke ergibt sich gleichermaßen auch dann, wenn die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss irrtümlich davon ausgegangen sind, das der Index für die Lebenshaltung eines 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushaltes noch veröffentlicht wird. Auch bei dieser fehler haften Annahme der vertragsschließenden Parteien kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien – hätten sie den Fortfall dieses Index gekannt – auf eine Anpassung des Mietzinses verzichtet hätten. Gerade die von den Parteien getroffenen Bestimmungen in § 3 Nr. 4 c) und d) des schriftlichen Mietvertrages zeigen dies. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Parteien Vorsorge treffen wollten für den Fall, dass bereits beim Abschluss des Mietvertrages die von ihnen primär vereinbarte Bindung des Mietpreises an den Lebenshaltungskostenindex nicht möglich ist. Für diesen Fall sollte nämlich ein Leistungsvorbehalt im Sinne einer Anpassungsklausel vereinbart werden. Hieraus folgt: Hätten die Parteien beim Vertragsabschluss gewusst, dass der Lebenshaltungskostenindex bereits im Jahre 2000 weggefallen ist und an dessen Stelle der Verbraucherpreisindex getreten ist, hätten sie diesen Index auch vereinbart.

Auch die von den Klägerin im Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14.12.2011 vorgenommene Umrechnung ist der Höhe nach im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dabei gehen die Kläger davon aus, dass eine Umrechnung unter Zugrundelegung des Lebenshaltungskostenindexes nach den Anleitungen des Statistischen Bundesamtes […] vorzunehmen ist, und zwar auf der Grundlage des Basisjahres 1995 = 100 Punkte. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist indessen unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 07.11.2012, Az: XII ZR 41/11) von Vertragsbeginn an der Verbraucherpreisindex zugrunde zu legen. In seinem Urteil von 07.11.2012 geht der BGH davon aus, dass sich die Parteien redlicherweise auf den Verbraucherpreisindex seit seiner Einführung am 01.01.2000 geeinigt hätten. Der BGH begründet dies mit der Erwägung, dass seitdem Jahre 2000 der Verbraucherpreisindex die aktuelleren Verbrauchsgewohnheiten besser widerspiegelt, als der frühere Lebenshaltungskostenindex, der auf einem überholten Wägungsschema beruhe. Hinzu komme noch das Argument, dass in den Verbraucherpreisindex methodische Weiterentwicklungen eingeflossen seien, die zu einer besseren und schärferen Abbildung der Verbraucherpreise geführt hätten (Urteil vom 07.11.2012, Rdnr. 28). Die von den Klägern vorgenommene Umrechnung ist daher nicht zu beanstanden. Das vom Gericht eingeholte Gutachten hat ergeben, dass sie auch rechnerisch richtig ist. Der Einwand der Beklagten, dass die Gutachterin bei ihren Berechnungen unzutreffenderweise vom Vertragsbeginn im April 2004 ausgegangen sei, während demgegenüber richtigerweise von Oktober 2004 hätte ausgegangen werden müssen, ist zwar zutreffend, führt jedoch zu keiner anderen Berechnung.

Denn nach den Ausführungen auf Seite 5 oben des Gutachtens würde eine Neuberechnung allenfalls zu einer Änderung der zweiten oder dritten Nachkommastelle führen. Gegen das durch das Gutachten rechnerisch bestätigte Erhöhungsverlangen kann weiter mit Erfolg nicht eingewendet werden, dass in der einschlägigen Vertragsbestimmung nicht geregelt ist, ob die Berechnung nach Kalenderjahren oder nach Monaten zu erfolgen hat. Die rechnerischen Erhöhungswerte ändern sich nämlich nicht. Die Jahreswerte fassen nämlich nur die Preissteigerungen zusammen, die in den 12 Monaten eingetreten sind; die einzelnen Monatswerte bilden die jährliche Preissteigerungsrate.

Der Beklagten steht schließlich auch kein Zurückbehaltungsrecht deswegen zu, weil die Kläger kein Negativattest beigebracht haben. Denn in § 3 Nr. 4 c) des Vertrages hat sich der Vermieter zur Beibringung eines Negativattestes „vorsorglich“ verpflichtet, nämlich für den Fall, dass die Preisanpassungsklausel vom Bundesamt für Wirtschaft genehmigt werden muss. Die Auslegung der Bestimmung ergibt, dass der Vermieter ein Negativattest nicht beizubringen hatte, wenn die Preisklausel nicht genehmigungspflichtig ist. Die Genehmigungspflicht ist nach § 3 des Gesetzes über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden (Preisklauselgesetz) entfallen.

Verzugszinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten können die Kläger nach §§ 286, 288 BGB verlangen.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 709 ZPO.“

AG Bautzen, Urteil vom 26.3.2014 – 20 C 1076/12

Siehe auch: Berufungsinstanz: LG Görlitz, Urteil vom 29.10.2014 – 2 S 92/14