Nach dem Beschluss des Landgerichts Görlitz liegt (LG Görlitz, Beschluss vom 16.5.2012 – 1 O 433/11) bei einem Entsorgungsvertrag kein einheitlicher und gemeinsamer Gerichtstand im Sinne des § 29 ZPO vor.
Auszug aus den Entscheidungsgründen:
„BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
E[…] GmbH, […]
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]
gegen
H[…] GmbH & Co. KG, […]
– Beklagte –
Prozess bevollmächtigte:
[…]
wegen Forderung
erlässt die 1. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz […]
am 16.05.2012
nachfolgende Entscheidung:
Das Landgericht Görlitz erklärt sich für örtlich unzuständig und verweist die Sache auf Antrag der Klägerin […] gem. § 281 ZPO an das
Landgericht Koblenz
Gründe:
Die Parteien streiten über die Bezahlung von Leistungen der Klägerin aus einem Vertrag zur Entsorgung von Klärschlamm aus einer Anlage aus D[…].
Die Klägerin ist geschäftsansässig in […] B[…]. B[…] gehört zum Zuständigkeitsbezirk des LG Görlitz. Die Beklagte ist geschäftsansässig in […] W[…]. W[…] liegt im Gerichtssprengel des LG Koblenz. Gegenstand des Vertrags, aus dem die Klägerin einen Zahlungsanspruch in Höhe von […] Euro herleitet, ist die Klärschlammentsorgung für die Stadt D[…].
Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des LG Görlitz gerügt und meint, dass das Geschäftssitzgericht am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten, das LG Koblenz, zur Entscheidung über den Rechtsstreit berufen sei.
Die Klägerin meint, dass sich trotz des Umstandes, dass sie Zahlungsansprüche aus einem wechselseitigen Vertrag geltend macht, aus § 29 ZPO ein einheitlicher und gemeinsamer Gerichtstand ergeben würde, der beim LG Görlitz liege. Die Rechtssprechung nehme dies u.a. an, wenn die Umstände des Einzelfalles einen Ort der gemeinsamen Leistungserbringung nahe legen.
Hilfsweise hat die Klägerin beantragt, den Rechtsstreit an das Geschäftssitzgericht der Beklagten (LG Koblenz) zu verweisen.
Auf den Hilfsantrag der Klägerin war der Rechtsstreit an das LG Koblenz zu verweisen, da der Zahlungsanspruch der Klägerin aus dem Entsorgungsvertrag im allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten zu verfolgen ist.
Die Voraussetzungen für eine gesetzliche Zuweisung des Rechtsstreits an das LG Görlitz liegen nicht vor. Schwerpunkt des streitgegenständlichen Vertrages ist die Entsorgung von Klärschlamm, nicht jedoch z.B. der Transport desselben.
Richtig ist zwar, dass im Rahmen der Zuständigkeitsvorschrift des § 29 ZPO abweichend von der Grundannahme, dass der Erfüllungsort im gegenseitigen Vertrag für die Verbindlichkeiten beider Vertragsteile selbständig zu bestimmen ist (vgl.: BGH, NJW 2004, 54; NJW-RR 2007, 777) bei Ortsgebundenheit/ – bezogenheit und unter Hinzutreten weiterer Umstände, wie Gewohnheiten und Gebräuche, beiderseitige Mitwirkungspflichten am Hauptleistungsort oder sofortigem Leistungsaustausch vor Ort, ein gemeinsamer Erfüllungsort ergeben kann (vgl. BayObLG MDR 2005, 1357), aber diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor.
Leistung und Gegenleistung sind getrennt. Eine besondere Fokussierung der Leistungspflichten auf den Entsorgungsort ist nicht gegeben. Besondere Mitwirkungspflichten der Beklagten am Geschäftssitz der Klägerin sind nicht zu erbringen. Es läßt sich auch nicht annehmen, dass die Parteien konkludent einen gemeinsamen Erfüllungsort vereinbart hätten.
Soweit ersichtlich, wurde in Rechtssprechung und Schrifttum noch kein gemeinsamer Gerichtsstand bezüglich der Leistungspflichten bei einem Entsorgungsvertrag bejaht.“
LG Görlitz, Beschluss vom 16.5.2012 – 1 O 433/11