Der Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 4. August 2025 (Az.: 560 IN 1297/21) betrifft die Versagung der Restschuldbefreiung eines Insolvenzschuldners in einem Insolvenzverfahren. Der Antrag eines Gläubigers auf Versagung der Restschuldbefreiung wurde vom Gericht als zulässig und begründet erachtet.
Der Schuldner hatte im Rahmen seines Insolvenzantrags eine Forderung in Höhe von 3.037,49 € aus einem Getränkelieferungs- und Mietvertrag nicht angegeben, obwohl ihm diese aufgrund mehrfacher Rechnungsstellungen und persönlicher Mahnungen durch den Außendienst der Gläubigerin bekannt war. Der Gläubiger wurde infolgedessen zunächst von der Teilnahme am Insolvenzverfahren ausgeschlossen und erfuhr erst durch eine spätere Klageerhebung vom laufenden Verfahren. Auf dieser Grundlage stellte er einen Antrag nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO, der die Restschuldbefreiung bei vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen oder unvollständigen Angaben in den Verzeichnissen nach § 305 InsO ausschließt.
Das Gericht sah sowohl objektiv als auch subjektiv eine grobe Fahrlässigkeit als gegeben an. Es betonte, dass der Schuldner verpflichtet sei, alle ihm bekannten Gläubiger korrekt anzugeben, insbesondere wenn er – wie hier – mehrfach auf die bestehende Forderung hingewiesen wurde. Die Übergabe von Unterlagen an einen Steuerberater entlaste ihn nicht, da er für die Richtigkeit der Angaben persönlich verantwortlich bleibt. Die Forderung sei weder geringfügig noch handle es sich um ein gewöhnliches Vergessen angesichts der Intensität der Kontaktaufnahme seitens der Gläubigerin.
Die Entscheidung des Amtsgerichts ist dogmatisch überzeugend und steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs. Das Gericht stellt zutreffend klar, dass § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO keine tatsächliche Schädigung der Gläubiger voraussetzt, sondern bereits die abstrakte Gefährdung ihrer Beteiligung am Verfahren genügt. Auch wird überzeugend herausgearbeitet, dass der Schuldner die Verantwortung für die Vollständigkeit seiner Angaben nicht auf Dritte (z. B. Steuerberater) delegieren kann.
Ferner wurde dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen, indem die Kammer ausdrücklich erwogen hat, ob es sich um eine lediglich geringfügige Pflichtverletzung handelt – dies aber verneinte, da eine Forderung von über 3.000 € bei 29 Gläubigern und einer Gesamtverschuldung von rund 197.000 € nicht als unerheblich zu werten sei.
Die Entscheidung zeigt exemplarisch, dass Insolvenzschuldner bei der Antragstellung größte Sorgfalt walten lassen müssen. Das Insolvenzverfahren gewährt mit der Restschuldbefreiung einen erheblichen Vorteil – dem steht die Pflicht zur vollständigen Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber. Wird diese verletzt, ist die Sanktion der Versagung rechtlich nicht nur zulässig, sondern zur Sicherung der Verfahrensintegrität geboten.
Auszug aus den Entscheidungsgründen:
„BESCHLUSS
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen d.
[…]
– Schuldner –
Verfahrensbevollmächtigte: […]
[…]
– Tabellengläubiger und Versagungsantragsteller –
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7/9, 01097 Dresden, Gz.: […]
[…]
– Insolvenzverwalter-
ergeht am 04.08.2025 nachfolgende Entscheidung:
1.
Der Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung wird zurückgewiesen. Die Restschuldbefreiung wird versagt.
2.
Die Kosten des Versagungsantragsverfahrens werden dem Schuldner auferlegt.
3.
Der Gegenstandswert beträgt 3.037,49 Euro.
I.
Der Schuldner hat unter dem 22. Juli 2021. bei Gericht eingegangen am 23. Juli 2021, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt und einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt.
Der Schuldner hatte in seinen Antragsunterlagen eine Forderung des Gläubigers […] in Höhe von 3.037,49 Euro aus einem Getränkelieferungs- und Mietvertrag nicht angegeben.
Die Forderung hatte folgenden Lebenssachverhalt zum Hintergrund: Der Schuldner hatte mit der Gläubigerin einen Vertrag über die Lieferung von Getränken sowie die Vermietung von Inventar abgeschlossen. Die entsprechenden Leistungen im Zeitraum vom 8. Juni 2018 bis zum 4. September 2019 in insgesamt sieben Einzelrechnungen dem Schuldner in Rechnung gestellt. Die Rechnungen sind nicht beglichen worden.
Über das Vermögen des Schuldners wurde mit Beschluss vom 30. September 2021 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt […] als Insolvenzverwalter bestellt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der Schuldner die Restschuldbefreiung erlangt, wenn er den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung der Restschuldbefreiung nach §§ 290, 297 InsO und 298 InsO nicht vorliegen.
In Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Gläubiger mit Schriftsatz vom 20. März 2023 wegen der offenen Forderung Klage vor dem Amtsgericht Witten erhoben. Erst daraufhin erfuhr er von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Unter dem 23. Mai 2023 hat der Antragsteller beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Der Antrag wurde zunächst zurückgestellt, da die Abtretungsfrist nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO noch nicht abgelaufen war.
Die zuständige Rechtspflegerin hat unter dem 5. Februar 2025 die Anhörung über die Entscheidung zur Restschuldbefreiung durchgeführt und die Frist zur Stellung von Anträgen auf Versagung der Restschuldbefreiung auf den 7. März 2025 festgesetzt.
Der Antragsteller hält nunmehr an seinem Antrag fest,
dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen.
Er macht geltend, dass der Schuldner entgegen § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO in den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe.
Der Schuldner hat mit Schriftsatz vom 10. April 2025 beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er wendet ein, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Er habe die Geschäftsunterlagen seinem Steuerberater übergeben und die Forderung nicht mehr im Gedächtnis gehabt.
Die Parteien und der Insolvenzvenvalter hatten Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme, auch zu den Hinweisen des Insolvenzgerichts vom 10. April 2025, 30. April 2025 und 10. Juni 2025.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin und des Schuldners sowie die gerichtlichen Verfügungen Bezug genommen.
II.
Die Restschuldbefreiung ist dem Schuldner gemäß § 300 Abs.3 InsO i.V.m. § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO zu versagen, weil dieser In den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat.
1.
Der Antrag des Gläubigers vom 23. Mai 2023 ist zulässig.
Der Antragsteller ist ausweislich der Insolvenztabelle […] Tabellengläubiger mit einem angemeldeten und unter dem 16. Mai 2024 durch die Rechtspflegerin festgestellten Betrag von 3.037,49 Euro.
Der Antrag ist auch rechtzeitig gestellt, da er bereits vor dem Ablauf der dreijährigen Abtretungsfrist nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO gestellt wurde.
Der Versagungsgrund der unvollständigen Angaben in den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen nach § 300 Abs. 3 InsO i.V.m. § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO wurde durch die Antragsteilerin gemäß § 290 Abs. 2 InsO glaubhaft gemacht, ist im Übrigen aber auch unstreitig.
2.
Der Antrag ist auch begründet.
a)
Die Angaben des Schuldners in seinem Antrag waren unvollständig. Der Schuldner verstößt gegen seine Pflicht, ein richtiges und voltständiges Verzeichnis über sein Vermögen und sein Einkommen vorzulegen, wenn er im Vermögensverzeichnis einen Gläubiger nicht aufführt (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2009 – IX ZB 63/08, NZI 2009, S. 562; Uhlenbruck/Sternal, InsO, 15. Aufl. 2019, §290 Rz. 103).
Die Forderung des Tabellengläubigers war nicht im den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen aufgeführt.
b)
Der Schuldner hat auch mindestens grob fahrlässig gehandelt. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2009 – IX ZB 63/08, NZI 2009, S. 562, 563; FK-lnsO/Ahrens, 10. Aufl. 2023, § 290 Rz. 204).
Hier hat der Schuldner angegeben, er habe sich auf die Angaben seines Steuerberaters verlassen und die Forderung nicht im Gedächtnis gehabt. Damit hat der Schuldner nicht in ausreichender Weise glaubhaft gemacht, nicht grob fahrlässig gehandelt zu haben.
Bei einer groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung (BGH, Beschluss vom 27. September 2007 – IX ZB 243/06, NZI 2007, S. 733, 734; BGH, Beschluss vom 19. März 2009 – IX ZB 212/08, NZI 2009, S. 395; Uhlenbruck/Sternal, a.a.O., § 290 Rz. 105). Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und dasjenige unbeachtet bleibt, was jedem bei den gegebenen Umständen hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1983 – III ZR 252/82, BGHZ 89, S. 153, 161; BGH, Urteil vom 11. Mai 1953 – IV ZR 170/52, BGH, Urteil vom 11. Mai 1953 – IV ZR 170/52, BGHZ 10, S. 14. 16; Uhlenbruck/Sternal, InsO, Aufl. 2019, § 290 Rz. 105). Davon ist vorliegend nach der Gesamtwürdigung aller Umstände sowohl objektiv als auch subjektiv auszugehen.
aa)
Es handelt sich objektiv um einen besonders schweren Sorgfaltspflichtverstoß.
(1)
Der Schuldner ist angehalten, die Aufstellung der Forderungen besonders sorgfältig und gewissenhaft vorzunehmen. Dadurch soll er Schuldner angehalten werden, vollständige und richtige Angaben seines Vermögens und seiner Verbindlichkeiten vorzulegen, die dem Gericht und den Gläubigern einen Überblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse ermöglichen (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2004 – IX ZB 174/03, NZI 2004, S. 633, 634; MüKo-lnsO/Stephan, 4. Aufl. 2020, § 290 Rz. 92). Die Erfüllung dieser Verpflichtungen ist eine der wesentlichen Gegenleistungen des Schuldners für die Rechtsnachteile, die für seine Gläubiger mit der Restschuldbefreiung verbunden sind. Auf diese Pflichten wird er auch in den Antragsformularen besonders und ausdrücklich hingewiesen. Die besondere Wichtigkeit dieser Pflicht wird dem Schuldner auch dadurch deutlich gemacht, dass er gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Vollständigkeit und Richtigkeit des Verzeichnisses ausdrücklich versichern muss. Damit ist grundsätzlich von einem objektiv besonders schweren Pflichtverstoß auszugehen.
(2)
Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass ausnahmsweise kein besonders schwerer Pflichtverstoß vorliegt. Bei der Nichtangabe eines Gläubigers im Gläubigerverzeichnis kommt es für die Feststellung von grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO auch auf die Höhe der Forderung, deren Anteil an der Gesamtverschuldung, die Anzahl der Gläubiger und den Zeitpunkt des letzten Vollstreckungsversuches bzw. Korrespondenz an (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 4. Februar 2002 – 2 W 5/02, ZVI 2002, S. 29, 31; FK-lnsO/Ahrens, a.a.O., § 290 Rz. 24; Uhlenbruck/Sternal, InsO, 15. Aufl. 2019, § 290 Rz. 105). Die hier dargelegten Umstände lassen den groben Sorgfaltspflichtverstoß vorliegend nicht entfallen.
(a)
Dem groben Sorgfaltspflichtverstoß steht nicht entgegen, dass in der instanzlichen Rechtsprechung in Einzelfällen anerkannt ist, dass eine unterlassene Geltendmachung von Forderungen über einen längeren Zeitraum die Annahme grober Fahrlässigkeit hindern kann (vgl. z.B. AG Dortmund, Beschluss vom 21. Februar 2006 – 258 IK 97/04, ZVI 2006, S. 128; AG Göttingen, Beschluss vom 5. August 2005 – 74 IN 162/04, ZInsO 2005, S. 1001, 1002; Uhlenbruck/Sternal, a.a.O., § 290 Rz. 108).
Ein solcher Fall liegt allerdings nicht vor. Soweit die Rechtsprechung annimmt, dass bestimmte Forderungen dem Schuldner entfallen sein können, trägt sie dem Umstand Rechnung, dass gerade Schuldner in Verbraucherinsolvenzverfahren häufig geschäftlich unerfahren sind und den Überblick über ihre Finanzen verlieren (so ausdrücklich Uhlenbruck/Sternal, a.a.O., § 290 Rz. 106; Nerlich/Römermann, InsO, 46. Lieferung 2022, § 290 Rz. 93; Braun, InsO, 9. Aufl. 2022, § 29 Rz. 36). Wie bereits dargestellt handelt es sich vorliegend jedoch nicht um eine gewöhnliche Forderung eines typischen Gläubigers, die nach allgemeiner Lebenserfahrung in Vergessenheit geraten kann. Insgesamt hat die Gläubigerin sieben Einzeirechnungen persönlich zu Hände des Schuldners gerichtet und überdies den Außendienstmitarbeiter […] vor Ort gemahnt.
(b)
Ebenso wenig steht dem besonders schweren Sorgfaltspflichtverstoß entgegen, dass die streitgegenständliche Forderung in einer Höhe von etwa 3070 Euro nur einen sehr kleinen Bruchteil der gesamten angegebenen Forderungen ausmacht, die sich ausweislich der Angaben im Eröffnungsantrag etwa 196.850 Euro belaufen. Es Ist zwar anerkannt, dass dies in Einzelfällen gegen eine grobe Fahrlässigkeit sprechen kann (vgl. zu ähnlichen Konstellationen etwa LG Berlin, Beschluss vom 5. Oktober 2004 – 86 T 603/04, VuR 2005, S. 108; AG Göttingen, Beschluss vom 23. Mai 2007 – 74 IK 411/06, ZVI 2007, S. 330; MüKo-lnsO/Stephan, 4. Aufl. 2020, § 290 Rz. 96). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Selbst bei verhältnismäßig geringen Forderungen ist von grober Fahrlässigkeit auszugehen, wenn die Forderung dem Schuldner bereits aufgrund von Mahnschreiben, einer Titulierung oder aufgrund von Vollstreckungsversuchen bekannt sein müsste (vgl. z.B. LG Hildesheim, Beschluss vom 2. Februar 2004 – 7 T 3/04, ZVI 2004, S. 545; MüKo-lnsO/Stephan, a.a.O., § 290 Rz. 98). Der Gläubiger hat glaubhaft gemacht, dass dem Schuldner aufgrund der mehrfachen Rechnungsstellung und der persönlichen Erinnerung durch Herrn S[…] ihm die Forderung bekannt sein musste.
bb)
Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass dieser erhebliche objektive Sorgfaltspflichtverstoß dem Schuldner subjektiv nicht vonA/erfbar ist. Eine weitere Glaubhaftmachung des Gläubigers ist hier nicht erforderlich. Der Gläubiger kann nur vortragen, dass eine Forderung bestanden hat, die der Schuldner kannte. Es ist dann Sache des Schuldners darzulegen, warum das Verschweigen ausnahmsweise weder vorsätzlich noch fahrlässig ist (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2012 – IX ZB 259/11, ZInsO 2013, 8. 99; AG Göttingen, Beschluss vom 23. Dezember 2014 – 74 IK 83/14, ZVI 2015, S. 157; HambKomm-lnsG/Streck, a.a.O., § 290 Rz. 47). Dies hat der Schuldner nicht getan.
(1)
Der Schuldner kann sich insbesondere nicht dadurch entlasten, dass er darauf verweist, er habe die Unterlagen seinem Steuerberater übergeben. Es kann dahinstehen, ob der Steuerberater fehlerhaft gehandelt hat oder der Schuldner ihm nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestellt hat.
Wenn der Schuldner die Antragsunterlagen durch einen Dritten erstellen lässt, muss er vor der Unterzeichnung die Richtigkeit aller Angaben prüfen, so dass ihm unrichtige Angaben als eigene zuzurechnen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 – IX ZB 167/09, NZI 2010, S. 655, 656; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 – IX ZB 250/08, NZI 2011, S. 254, 255; LG Hamburg, Beschluss vom 10. Juli 2017 – 326 T 181/16, NZI 2017, S. 859; FK-lnso/Ahrens, a.aO., § 290 Rz. 206). Eine Ausnahme gilt allenfalls dann, wenn der Vertreter eigenmächtig handelte (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 – IX ZB 250/08, NZI 2011, S. 254, 255). Dies ist jedoch nicht glaubhaft gemacht.
(2)
Ebenso wenig kann sich der Schuldner durch die Behauptung entlasten, er habe persönlich weder die Rechnungen erhalten noch den Außendienstmitarbeiter getroffen, da er in der Niederlassung nicht anwesend war. Der Schuldner muss Sorge dafür tragen, dass an ihn gerichtete Rechnungen ihn auch tatsächlich erreichen, um sich einen Überblick über seine finanzielle Situation zu verschaffen. Daher entlastet ihn das Verhalten von beauftragten Dritten nur dann, wenn dieser Dritte eigenmächtig handelt (siehe bereits unter 1). Eigenmächtige Handlungen sind jedoch nicht glaubhaft gemacht.
cc)
Andere Gründe, die dafür sprechen könnten, dass hier keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt, sind nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere die Anzahl der angegebenen Gläubiger ist mit insgesamt 29 nicht derart unüberschaubar, dass der Schuldner einen Gläubiger in nicht vorwerfbarer Weise vergessen haben könnte. Dies gilt umso mehr, als dass der Schuldner mehrfach gemahnt und sein Betrieb mehrfach durch einen Außendienstmitarbeiter des Gläubigers aufgesucht wurde.
c)
Die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO setzt eine die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigende Wirkung der falschen oder unvollständigen Angaben nicht voraus. Es genügt, dass die falschen oder unvollständigen Angaben ihrer Art nach geeignet sind, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2012 – IX ZB 259/11, ZInsO 2013, S. 99, 100; BGH, Beschluss vom 24. März 2011 – IX ZB 80/09, ZInsO 2011, S. 835; Graf-Schlicker/Kexel, InsO, 6. Aufl. 2022, § 290 Rz. 23).
Das ist immer dann der Fall, wenn der Gläubiger einer Insolvenzforderung nicht im Verzeichnis aufgeführt ist, weil dadurch seine Teilnahme am Verfahren in Frage gesteilt wird (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2012 – IX ZB 259/11, ZInsO 2013, S. 99, 100; HambKomm-lnsO/Streck, a.a.O., § 290 Rz. 46). So liegt der Fall hier. Der Gläubiger konnte zunächst am Insolvenzverfahren aufgrund der unterlassenen Angaben nicht teilnehmen.
d)
Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet nicht die Sanktion der Versagung der Restschuldbefreiung.
(1)
Zwar ist es anerkannt, dass ganz unwesentliche Verfehlungen nicht zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen können (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2004 – IX ZB 132/04, ZInsO 2005, S. 146; BGH, Beschluss vom 2. Juli 2009 – IX ZB 63/08, NZI 2009, S. 562, 563; Graf-Schlicker/Kexel, a.a.O., § 290 Rz. 23). Bei der unterlassenen Angabe eines Gläubigers mit einer Gesamtforderung in Höhe von 3.037,49 EUR bei einer Gesamtverschuldung von 196.850 Euro und 29 angegebenen Gläubigerin handelt es sich aber nicht um eine ganz geringfügige Verfehlung, zumal in der Rechtsprechung schon Forderungen in Höhe von etwa ein Prozent der Gesamtverbindlichkeiten als erheblich angesehen werden (LG Stuttgart, Beschluss vom 22. März 2002- 10 T 256/01, ZInsO 2002, S. 1097, 1098).
(2)
Im Übrigen sind die Folgen, die der Schuldner durch die Versagung der Restschuldbefreiung zu tragen hat, die gesetzliche Konsequenz unrichtiger Angaben im Eröffnungsverfahren und bereits deshalb nicht geeignet, die Verhältnismäßigkeit der Versagung in Zweifel zu ziehen.
Der Schuldner hat gemäß § 4 Abs. 1 InsO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Versagungsverfahrens zu tragen.
Da sich die Gerichtsgebühren bei einem Versagungsantrag nicht nach dem Wert richten, ist der Gegenstandswert für die anwaltiiche Tätigkeit festzusetzen. Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes für etwaige Rechtsanwaltsgebühren im Versagungsverfahren ist gemäß § 33 Abs. 1, § 28 Abs. 3, § 23 Abs. 3 S. 2 RVG das wirtschaftliche Interesse des jeweiligen Auftraggebers zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 26. April 2011 – IX ZB 101/10, IBRRS 2011, S. 1849; AG Köln, Beschluss vom 13. Februar 2018 – 73 IN 113/08, ZInsO 2018, S. 1824). Mangels weitergehender Anhaltspunkte ist hier vom Wert der Forderung des Versagungsantragstellers auszugehen.“
AG Dresden, Beschluss vom 4.8.2025 – 560 IN 1297/21