Die Zulassung eines Fahrzeugs stellt eine Ingebrauchnahme dar, die zu einer Verschlechterung der Kaufsache führt

Durch das Landgericht Bautzen (LG Bautzen, Urteil vom 4.11.2011 – 1 S 88/09) wurde entschieden, dass ein Verbraucher bei einem Widerruf eines finanzierten Kaufvertrages für die durch eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung dem Verkäufer Wertersatz zu leisten hat, wenn er hierauf spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden.

Bei einem Neufahrzeug stellt nach den Entscheidungsgründen des Gerichts bereits die bloße Zulassung des Fahrzeugs eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme dar, durch die eine Verschlechterung eintritt.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

Autohaus […]

– Klägerin und Berufungsbeklagte –

[…]

gegen

[…]

– Beklagte und Berufungsklägerin –

Prozessbevollmächtigte:

[…]

wegen Schadensersatz aus Kaufvertrag

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen durch

[…]

im schriftlichen Verfahren, in welchem Schriftsätze bis zum […].2011 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 30.6.2009 abgeändert.
    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.450,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seitdem 25.10.2008 sowie weitere 156,50 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Beklagte zu 84 % und die Klägerin zu 16 % zu tragen.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

[…]

Tatbestand

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäߧ§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO
abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Wertersatzanspruch in Höhe von lediglich 1.450,00 €.

Zu Recht hat das Amtsgericht einen Wertersatzanspruch gemäß §§ 357 Abs. 3 Satz 1 BGB dem Grunde nach bejaht.

Die Beklagte hat den Vertrag als Verbraucherin geschlossen. Das ergibt sich daraus, dass im Vertrag nicht das „M[…]“ und die Geschäftsadresse der Beklagten, sondern ihr Name [u]nd ihre private Anschrift angegeben sind und auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Pkw überwiegend geschäftlich genutzt werden sollte.

Gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB hat der Verbraucher abweichend von § 346 Abs. 2 Satzl Nr. 3 BGB Wertersatz für eine durch die bestimmunsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten/Berufungsklägerin steht der Anwendung des § 357 Abs. 3 BGB die Entscheidung des EuGH vom 17.4.2008 (AZ: C-404/06) bzw. die Richtlinie 199/44/EG nicht entgegen. Zutreffend hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass nach der genannten Entscheidung des EuGH dem Verbraucher die Nutzung des vertragswidrigen Verbrauchsgutes unentgeltlich zu belassen ist, während im vorliegenden Fall die Klägerin den gekauften Pkw in vertragsgemäßem Zustand und zum vertragsgemäßen Zeitpunkt habe übergeben wollen, was die Beklagte vereitelt habe.

Die Sachlage ist auch eine andere als beim Fernabsatzgeschäft. Hinsichtlich des Fernabsatzgeschäftes hat der EuGH in seinem Urteil vom 3.9.2009 (AZ C-489/07, NJW 2009, 3015, zitiert nach Juris) ausgeführt, dass die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf beeinträchtigt würden, wenn dem Verbraucher auferlegt würde, allein deshalb Wertersatz zu zahlen, weil er die durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekaufte Ware geprüft und ausprobiert habe. Da das Widerrufsrecht gerade zum Ziel habe, dem Verbraucher diese Möglichkeit einzuräumen, könne deren Wahrnehmung nicht zur Folge haben, dass er dieses Recht nur gegen Zahlung eines Wertersatzes ausüben könne. Das Widerrufsrecht beim finanzierten Kaufvertrag hat diese Zielsetzung nicht. Der Verbraucher ist beim finanzierten Kaufvertrag dadurch hinreichend geschützt, dass er im Vertrag auf die Wertersatzfolge bei Ingebrauchnahme sowie auf die Möglichkeit ihrer Vermeidung hingewiesen wird.

Die Widerrufsbelehrung mit den genannten Hinweisen war vorliegend durch einen schwarzen umrandeten Kasten auch deutlich hervorgehoben.

Die teilweise in der Literaturvertretene Auffassung, dass sich aus dem Warnzweck der Belehrung ergebe, dass auch auf den voraussichtlichen Umfang der allein durch die Ingebrauchnahme eintretenden Wertminderung hingewiesen werden müsse (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 70. Aufl. § 357 Rn. 10) geht über eine zulässige Gesetzesauslegung hinaus und ist da her abzulehnen.

Die Beklagte hat das Fahrzeug durch die ihrerseits veranlaßte Zulassung bestimmungsgemäß in Gebrauch genommen. Die Zulassung eines Fahrzeugs stellt bereits den Beginn des bestimmunsgemäßen Gebrauchs dar. Denn bestimmungsgemäßer Gebrauch eines Kfz ist seine Nutzung im Straßenverkehr, wofür die Zulassung eine unabdingbare Voraussetzung ist.

Die Beklagte hat der Klägerin den Auftrag zur Zulassung auch bereits am […].2008 erteilt. Die Behauptung der Beklagten, dass zwischen den Parteien vereinbart worden sei, dass das Fahrzeug vorerst nicht zugelassen werde, da sich die Beklagte innerhalb der Widerrufsfrist eine Bedenkzeit vorbehalten habe, hat sich in der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht nicht bestätigt. Das Amtsgericht hat vielmehr beanstandungsfrei und damit gemäß § 529 ZPO für das Berufungsgericht bindend festgestellt, dass die Beklagte die zeitnahe Zulassung des gekauften Fahrzeuges ausdrücklich gewünscht und nicht erklärt habe, sie wolle sich das Geschäft noch einmal überlegen.

Die Kammer hat zur Höhe des Wertersatzes ein Sachverständigengutachten eingeholt, da sich Zweifel an der Richtigkeit der amtsgerichtlichen Schätzung daraus ergaben, dass der geschätzte Wertersatz so hoch wie der von der Klägerin geltend gemachte pauschalisierte Schadensersatzanspruch war, der auch einen entgangenen Gewinn umfaßt.

Nach dem nachvollziehbaren und überzeugenden Sachverständigengutachten steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass allein die Zulassung auf die Beklagte einen Wertverlust in Höhe von 1.450,00 € verursacht hat.

Die Reduzierung des berechtigten Forderungsbetrages hat einen Gebührensprung zur Folge, so dass die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nur in Höhe von 156,50 € als Verzugsschaden zu ersetzen sind (1,3 Geschäftsgebühr x 105 € + 20,00 € Telekommunikationspauschale). Auch der Zinsanspruch folgt aus Verzug (§§ 286, 288 BGB).“

LG Bautzen, Urteil vom 4.11.2011 – 1 S 88/09

Zu den Voraussetzungen der Berechnung eines Bereicherungsanspruchs nach erbrachten Werkleistungen an einer Immobilie ohne nachweisbare vertragliche Grundlage

Durch das Landgericht Bautzen (LG Bautzen, Beschluss vom 10.8.2011 – 2 O 165/09) wurde hierzu entschieden:

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

„Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a ZPO nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.

Haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht gemäß § 91 a ZPO über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen.

Vorliegend entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens wie tenoriert zu quoteln.

Die Klägerin konnte das Bestehen vertraglicher Ansprüche nicht beweisen, da sie das Zustandekommen wirksamer Verträge nicht beweisen konnte. […]

Es hat allerdings nach bisherigem Sach- und Streitstand ein Bereicherungsanspruch in Höhe von 1.259,13 € bestanden.

Die Werkleistungen wurden „durch Leistung“ der Klägerin erlangt. Denn diese handelte in dem Glauben, hierzu der GbR gegenüber verpflichtet zu sein. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Klägerin beide der GbR gehörenden Wohnungen renoviert hat, und zwar nicht für den Gesellschafter […], sondern für die GbR. […]

Der Bereicherungsanspruch ist nicht gem. § 814 BGB wegen Leistung in Kenntnis der Nichtschuld ausgeschlossen. Die Beklagten behaupten nicht, die Klägerin habe gewusst, dass keine wirksamen Werkverträge geschlossen worden seien. Zudem hat die Beweisaufnahme gezeigt, dass die Klägerin in dem Glauben handelte, zu den Sanierungen der GbR gegenüber vertraglich verpflichtet gewesen zu sein.

Gemäß § 818 Abs. 2 BGB ist Wertersatz zu leisten. Für die Höhe des Bereicherungsanspruchs kommt es vorliegend nicht auf die objektiv bemessene Steigerung des Verkehrswertes des Grundstücks an. Zwar stellt die Rechtsprechung des BGH beim Bau auf fremdem Grund und Boden grundsätzlich auf eine solche Wertermittlung ab. Eine solche Wertermittlung würde jedoch nicht den Grundsätzen von Treu und Glauben entsprechen. Die Bereicherungsansprüche gehören dem Billigkeitsrecht an und stehen daher im besonderen Maße unter den Grundsätzen von Treu und Glauben (vgl. BGH Urteil vom 26. 04. 01, Aktenzeichen VIIZR 222/99, zitiert nach JURIS). Auch bei Renovierung einer Mietwohnung durch den Mieter in Unkenntnis der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel ist nicht auf die dadurch eingetretene Wertsteigerung, sondern auf den Wert der erbrachten Dienst- oder Werkleistung abzustellen (vgl. BGH Urteil v. 27.5.2009, AZ: VIII ZR 302/07).

Vorliegend glaubte sich die Klägerin ebenfalls zur Werkleistung verpflichtet.

Die von der Klägerin angesetzten Preise werden von den Beklagten nicht substantiiert angegriffen, so dass diese herangezogen werden können.

Teilweise mit Erfolg berufen sich die Beklagten auf den Einwand der aufgedrängten Bereicherung. Dieser führt zu einer dreifachen Beschränkung des Bereicherungsanspruchs:

Erstens wäre die Haftung auf den jeweiligen Anteil der Beklagten am Gesellschaftsvermögen beschränkt gewesen.

Zweitens war hinsichtlich solcher Leistungen, deretwegen die vormaligen Mieter verurteilt wurden und nun ratenweise gezahlt wird, der Bereicherungsanspruch zu kürzen.

Drittens bestand der Bereicherungsanspruch nur hinsichtlich solcher Leistungen, die zur Wiederherstellung der Vermietbarkeit unbedingt erforderlich waren. Gemäß § 744 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber eines gemeinschaftlichen Gegenstandes berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstandes notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen.

Notwendige Erhaltungsmaßregeln sind solche, die im Interesse der Gemeinschaft zur Erhaltung der Substanz oder des wirtschaftlichen Wertes im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung aus der Sicht eines vernünftigen Teilhabers erforderlich sind; entscheidend ist ein wirtschaftlicher Maßstab unter Berücksichtigung der auch finanziellen Zumutbarkeit für die Teilhaber. Da die GbR vorliegend unstreitig über keine finanziellen Mittel verfügte, kann als notwendige Erhaltungsmaßregel nur das anerkannt werden, was zur Wiederherstellung der Vermietbarkeit unbedingt erforderlich war.

Bei ungerechtfertigter Bereicherung haftet jeder Gesellschafter auf den vollen Betrag, den die GbR nach § 812 BGB schuldet (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 70. Aufl. § 714 Rn. 13). […]“

LG Bautzen, Beschluss vom 10.8.2011 – 2 O 165/09