Begrenzung der Reisekosten eines von einem Versicherungsunternehmen beauftragten Rechtsanwalts

Durch das Amtsgericht Pirna wurde im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.2.2024 (Az. 12 C 625/21) entschieden, dass die Reisekosten eines von einem Versicherungsunternehmen beauftragten Rechtsanwalts, der seinen Sitz weder am Gerichtsorts noch am Sitz des Versicherungsnehmer hat, entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur Für die längste Fahrtstrecke innerhalb des Gerichtsbezirks von der unterliegenden Partei erstattet erhalten kann.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

„Es wurden Einwendungen gegen die Reisekosten des Beklagtenvertreters erhoben, die über die Bezirksgrenze des Amtsgerichts Pirna hinaus gehend beantragt wurden. Auf die Schriftsätze der Klagepartei vom 15.11.2023 und 24.11.2023, welche der Beklagtenpartei zum rechtlichen Gehör übersandt wurden, wird insoweit Bezug genommen. […]

Bezüglich der beantragten Reisekosten ist festzustellen, dass bei einem am dritten Ort ansässigen Anwalt, Reisekosten nur insoweit zu erstatten sind, als die Reisekosten auch bei einem am Sitz der Partei ansässigen Anwalt angefallen wären (vgl. BGH, NJW 2011, 3520).
Zur Beurteilung dessen ist jedoch vorerst eine Notwendigkeitsprüfung durchzuführen. Gemäß ständiger Rechtsprechung gilt die Zuziehung eines in der Nähe des eigenen Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (vgl. BGH, NJW 2003, 898).
Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen jedoch, insofern bereits bei Auftragserteilung feststeht, dass für die Prozessführung persönliche Mandantengespräche nicht erforderlich sein werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es sich bei der Partei um ein Unternehmen handelt welches über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, sodass eine fernmündliche oder schriftliche Kommunikation möglich und ausreichend wäre. Da es sich bei der Beklagten um eine Versicherungsgesellschaft handelt, ist davon auszugehen, dass eine eigene Rechtsabteilung besteht. Insbesondere in Zeiten von Fernkommunikationsmitteln ist somit zu erwarten, dass für die Partei keine Notwendigkeit bestand, einen Anwalt an Ihrem Sitz zu beauftragen. Für den Fall, dass die Notwendigkeit wie vorliegend verneint wird, entfällt die Erstattungsfähigkeit zwar nicht komplett, jedoch ist nun eine Begrenzung der Reisekosten auf die Distanz des am weitesten vom Gericht entferntesten Ortes innerhalb des Gerichtsbezirks vorzunehmen. […]“

AG Pirna, Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.2.2024 – 12 C 625/21

Zum Umfang der erstattungsfähigen Parteikosten

Nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin (LG Berlin, Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.11.2022) steht es einer Partei, deren persönliches Erscheinen durch das Gericht angeordnet wurde, frei die Art des Verkehrsmittels zu wählen. Zudem sind die Kosten für eine Übernachtung zu erstatten, wenn eine An- oder Rückreise andernfalls in die Nachtzeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr gefallen wäre.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Parteikosten der Klägerin waren in voller Höhe zu berücksichtigen.
Die Anreise zum Gerichtstermin war erforderlich. Das Gericht hatte das persönliche Erscheinen der Klägerin angeordnet. Die Klägerin war berechtigt, die Art des Verkehrsmittels frei zu wählen (BeckOK Kostenrecht, § 5 JVEG Rn. 1; Binz/Dörndofer/Zimmermann, § 5 JVEG Rn. 1), sodass die Kilometerpauschale erstattungsfähig ist. Die Hotelkosten sind der Höhe nach ortsüblich und angemessen. Die Kosten für zwei Übernachtungen waren zu berücksichtigen, da An- bzw. Rückfahrt andernfalls in die sog. Nachtzeit von 21 Uhr bis 6 Uhr gefallen wären (MüKoZPO, § 91 Rn. 153; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.07.2003, 21 W 12/03).“

LG Berlin, Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.11.2022

Keine Erstattung der zusätzlichen Reisekosten für einen auswärtigen Rechtsanwalt

Nach dem Beschluss des Landgerichts Görlitz (LG Görlitz, Beschluss vom 21.11.2011 – 1 O 278/10) können im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens grundsätzlich nicht die zusätzlichen Reisekosten für einen auswärtigen die Rechtsanwalt geltend gemacht werden, der weder am Sitz der einen noch der anderen Partei seinen Kanzleisitz hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Görlitz vom 26.09.2011 ist zwar zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die mit Schriftsatz vom 01.09.2011 geltend gemachten Reisekosten in Höhe von zusätzlich 137,56 Euro kann die Beklagte bzw. deren Prozessbevollmächtigter von dem Kläger nicht verlangen. Nach der zu beachtenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 91 Abs. 2 ZPO (vgl.: Beschluss vom 12.12.2002, Az.: I ZB 29/02; 21.02.2007,. Az.: VIII ZB 93/06) können die hier geltend gemachten zusätzlichen Reisekosten nicht verlangt werden. Vorliegend ist der Sachverhalt so, dass die Beklagte in ihrem Gerichtsstand verklagt wurde und zu der Wahrnehmung ihrer Interessen einen Rechtsanwalt aus Berlin beauftragt hat. Bei dieser Konstellation handelt es sich bei dem dadurch anfallenden Mehraufwand durch Reisekosten in der Regel nicht um Kosten, die im Sinne von § 91 Abs. 2 ZPO für eine zweckentsprechende Rechtsverteidigung notwendig sind (vgl.: BGH a. a. O.). Das gilt auch für den Fall, dass der auswärtige Anwalt bereits vorprozessual in derselben Angelegenheit tätig geworden ist. Eine zugelassene Ausnahme von der vorgenannten Regel liegt hier nicht vor. Die wäre zum Beispiel gegeben, wenn ein auswärtiger Rechtsanwalt mit Spezialkenntnissen beauftragt werden müsste und ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann. Der Bundesgerichtshof hat im Übrigen in seinem Beschluss vom 12.12.2002 (vgl.: BGH a. a. O.) Folgendes ausgeführt:

„Dagegen rechtfertigt der Umstand, dass die Partei ständig mit dem beauftragten auswärtigen Rechtsanwalt zusammenarbeitet, kein Abweichen von der Regel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Einschätzung der Notwendigkeit in diesen Fällen stets subjektiv geprägt ist. Für eine Partei mögen die zusätzlichen Reisekosten unerheblich erscheinen, solange sie nur den Anwalt ihres Vertrauens beauftragen kann. Doch muss sie in diesem Fall bereit sein, diese Zusatzkosten auch dann selbst zu tragen, wenn dem Gegner die Prozesskosten auferlegt worden sind.“

Die Erinnerung war daher als unbegründet zurückzuweisen.“

LG Görlitz, Beschluss vom 21.11.2011 – 1 O 278/10