Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden (OLG Dresden, Beschluss vom 6.12.2011 – 5 U 1062/11) bildet die Unterschrift eines Vertrages im Zusammenspiel mit einem Firmenstempel zwar grundsätzlich eine Vermutung dafür, dass der Unterzeichnende als Vertreter der Firma handelte, jedoch kann dies wiederlegt werden.
Auszug aus der Gerichtsentscheidung:
„1. Die angefochtenen Urteile sind nicht zu beanstanden, soweit das Landgericht davon ausgeht, dass der Beklagte persönlich Vertragspartner der Klägerin geworden ist.
a. Nach dem Offenheitsgrundsatz kann eine Willenserklärung nur dann wirksam für einen anderen abgegeben werden, wenn der Wille, im fremden Namen zu handeln, entweder ausdrücklich erklärt oder aus den Umständen ersichtlich ist (§ 164 Abs. 1 BGB). An einer ausdrücklichen und eindeutigen Erklärung fehlt es hier insoweit, als die Beifügung des Firmenstempels der […] GmbH in Anbetracht der weiteren Angaben im Mietvertrag vom […].2005 nicht ausschließt, dass der Beklagte mit seiner Unterschrift zugleich im eigenen und im Namen der Gesellschaft handelte. Denn isoliert betrachtet genügt ein Stempelabdruck zwar in der Regel, um einen Vertretungswillen kundzutun (vgl. Ulmer/Paefgen, GmbHG, § 35 Rn. 43) , durch die Bezeichnung der Vertragsparteien im Rubrum des Mietvertrages wird dieses Ergebnis jedoch in Frage gestellt. Soweit man hier der mit dem Firmenstempel versehenen Unterschrift des Beklagten eine Vermutungswirkung zuschreibt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 164 Rn. 18), ist diese Vermutung durch das Vertragsrubrum erschüttert.
b. Es ist daher durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln, inwieweit die Umstände des Vertragsschlusses im Sinne des § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben, dass der Beklagte die Willenserklärung ausschließlich in fremdem Namen abgegeben hat (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 4). Darlegungs- und beweisbelastet ist insoweit der Beklagte (Palandt/Ellenberger, § 164 Rn. 18; Ulmer/Paefgen, GmbHG, § 35 Rn. 44). Maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB). Abzustellen ist darauf, wie ein verständiger Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte die Erklärung verstehen musste (Palandt/Ellenberger, BGB, § 133 Rn. 9) . Vor diesem Hintergrund ist dem Beklagten nicht der Beweis gelungen, mit seiner Unterschrift allein im Namen der […] GmbH gehandelt zu haben.
Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, dass es grundsätzlich nicht der Verkehrssitte entsprechen dürfte, dass ein Geschäftsführer einer GmbH ohne Weiteres die persönliche Haftung übernehmen will. Anders verhält es sich aber, wenn es hierfür einen Anlass gibt und die Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen eine abweichende Interpretation zulässt. So ist es hier.
Aus Empfängersicht kann die Unterschrift des Beklagten nur im direkten Zusammenhang mit dem Vertragsrubrum betrachtet werden. Dort wird die […] GmbH in gleicher Weise aufgeführt wie der Name des Beklagten und der des Zeugen F[…]; ein Vertretungszusatz – wie er nach § 164 Abs. 1 BGB erforderlich und im allgemeinen Geschäftsverkehr üblich ist – fehlt. Dies spricht dafür, dass die drei genannten Personen jeweils als Vertragspartner der Klägerin anzusehen sind.
Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass unstreitig nicht nur die […] GmbH als Mieter auftreten sollte, sondern auch der bisherige Nutzer der Mieträume, der Zeuge F[…]. Sofern für den Beklagten etwas anderes gelten sollte, wäre zu erwarten gewesen, dass sein Name durch einen seinen Vertretungswillen verdeutlichenden Zusatz von den Namen der anderen Mieter abgesetzt würde.
Dies gilt auch dann, wenn der Zeuge G[…], wie er erstinstanzlich ausgesagt hat, zu diesem Zeitpunkt noch annahm, dass der Zeuge F[…] neben dem Beklagten Geschäftsführer der […] GmbH sei. Denn er hat weiterhin ausgesagt, dass er beide ihm als solche vermeintlich bekannten Geschäftsführer in die persönliche Haftung aufnehmen wollte. Der Senat sieht keine Veranlassung, an dem Ergebnis der Beweiswürdigung durch das Landgericht Bautzen zu zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat bei seiner Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen bereits berücksichtigt, dass seine Interessen denen der Klägerin nahe stehen. Zu Recht hat es weiterhin berücksichtigt, dass die Angaben des Zeugen G[…] mit dem Inhalt des Mietvertrages in Übereinstimmung stehen. Für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage spricht auch, dass die Klägerin einen nachvollziehbaren Anlass für die Aufnahme der Geschäftsführer in den Mietvertrag hatte, denn sie hatte keine Veranlassung, den Zeugen F[…] aus seiner persönlichen Haftung zu entlassen und einen Nachfolgevertrag allein mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abzuschließen. Zwar hätte es unter Umständen auch genügt, wenn allein der Zeuge F[…] neben der GmbH haftete. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, dass dies so vereinbart wurde und wie es dennoch zu der unterschiedslosen Aufnahme seines Namens in den Mietvertragstext kam. Der Zeuge F[…] und […] haben keine zur Aufklärung des Sachverhalts dienenden Informationen beisteuern können. Der Beklagte selbst, der vor dem Landgericht persönlich angehört wurde, hat letztlich eingeräumt, dass die Vertragsverhandlungen zumindest weit überwiegend von den Zeugen G[…] und F[…] geführt wurden, und die Schilderungen des Zeugen G[…] über die Hintergründe der Formulierung des Mietvertrages nicht in Abrede stellen können.
Die Nebenkostenabrechnungen vom […].2006 […] und vom […].2008 […] sprechen dafür, dass die Klägerin bzw. der sie vertretende Zeuge G[…] sowohl die […] GmbH als auch den Beklagten und den Zeugen F[…] als Mieter angesehen hat, da sie an alle drei Personen adressiert sind.
Dadurch werden die Angaben des Zeugen G[…] bestätigt.
c. Es liegt hier keine Ausnahme vor, wie sie die Rechtsprechung für Geschäfte für den, den es angeht, annimmt, da kein Bargeschäft des täglichen Lebens gegeben ist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 164, Rn. 8).
Auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäftes ändern an dem aufgezeigten Ergebnis nichts. Denn auch hier ist Voraussetzung, dass der Wille des Erklärenden, im Namen des Unternehmers zu handeln, hinreichend zum Ausdruck kommt (Palandt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 2; Ulmer/Paefgen, § 35 Rn. 43 jeweils m.w.N.).
Wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass auch eine persönliche Haftung des Erklärenden gewollt sein kann, wird eine persönliche Haftung des Geschäftsführers auch bei unternehmensbezogenen Geschäften in der Regel bejaht (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.1994 – IX ZR 25/94; Pa-landt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 2) . Diese objektiven Umstände ergeben sich hier – wie dargestellt – zum einen aus dem Vertragstext (Vertragsrubrum) und zum anderen aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach die Klägerin Wert auf die persönliche Haftung der vermeintlichen Geschäftsführer der […] GmbH legte. Soweit unter diesen Umständen vorliegend überhaupt noch von einem unternehmensbezogenen Geschäft gesprochen werden kann, ist die sich hieraus ergebende Vermutung des Handelns für das Unternehmen erschüttert.
Auf die Frage einer etwaigen Rechtsscheinshaftung des Beklagten (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 3) kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.
d. Soweit der Beklagte mit seiner Berufung geltend macht, es habe ihm der Wille gefehlt, die persönliche Haftung zu übernehmen, ist dies hier unerheblich. Für die Auslegung seiner Willenserklärung ist allein auf die Perspektive eines objektiven Empfängers abzustellen. Der Beklagte hat einen solchen Willensmangel der Klägerin gegenüber auch nicht unverzüglich (vgl. § 121 BGB) geltend gemacht, obwohl er spätestens im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits erfahren hat, wie seine Erklärung verstanden wurde. Im Übrigen ist eine Anfechtung seiner Willenserklärung mit der Begründung, sein Handeln im eigenen Namen sei nicht von seinem Erklärungswillen gedeckt gewesen, nach § 164 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Der Beklagte muss sich insoweit an die objektive Wirkung seiner Erklärung halten lassen (Palandt/Ellenberger, BGB, § 164 Rn. 15 und 16; Ulmer/Paefgen, § 35 Rn. 48) . Auch die Voraussetzungen des § 123 Abs. 2 BGB sind nicht gegeben.
2. Der Beklagte ist somit neben der […] GmbH und dem Zeugen F[…] persönlich Vertragspartner der Klägerin geworden. Sie haften ihr nach § 17 des Mietvertrages vom […].2005 als Gesamtschuldner (§ 426 BGB). Dies gilt auch für die mit Schreiben vom […].2008 abgerechneten Nebenkosten für die Zeit vom […].2006 bis zum […].2007.
a. Soweit der Beklagte auf die „Zustellung“ oder den Zugang der Nebenkostenabrechnung an ihn abstellt, geht seine Berufung ins Leere. Der Zugang der Abrechnung ist nicht Voraussetzung für die Entstehung des Erstattungsanspruchs.
b. Auch der Zeitpunkt des Zugangs ist hier nicht maßgeblich.
aa. Der Beklagte hat die Abrechnung der Klägerin vom […].2008 spätestens im vorliegenden Rechtsstreit zur Kenntnis genommen. Damit war auch der gegen ihn gerichtete Erstattungsanspruch der Klägerin zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Bautzen fällig.
Da er die Richtigkeit der Abrechnung nicht in Frage stellt, war der Beklagte zur Zahlung des abgerechneten Betrages zu verurteilen.
bb. Im Gewerberaummietrecht erlischt der Erstattungsanspruch nicht, wenn die Nebenkosten nicht rechtzeitig berechnet werden. Lediglich die Geltendmachung des Vorauszahlungsbetrages ist nach Ablauf eines Jahres nach Abrechnungsreife nicht mehr möglich (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 535 Rn. 94). Der Anspruch des Vermieters auf Zahlung von Verzugszinsen auf die vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung entfällt aber nicht. Dies hat das Landgericht berücksichtigt.
cc. […]
dd. Die Frage des Zugangs der Abrechnungserklärung könnte im Hinblick auf den Eintritt der Fälligkeit nur für die von der Klägerin ebenfalls geltend gemachten entsprechenden Verzugszinsen von Bedeutung sein. Zwar bewirkt der Zugang der Abrechnungserklärung – entgegen der Ansicht der Klägerin -auch im Gesamtschuldverhältnis den Eintritt der Fälligkeit und ggf. des Verzuges nur gegenüber dem jeweiligen Schuldner, der die Abrechnung empfangen hat (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, § 425 Rn. 3; vgl. auch das von der Klägerin zitierte Urteil des BGH vom 28.04.2010 VIII ZR 263/09, juris Rn. 12) . Im vorliegenden Fall hatten der Beklagte und die anderen Mieter jedoch mit der Klägerin vereinbart, dass Erklärungen des Vermieters für alle Mieter wirksam werden, auch wenn sie nur einem Mieter gegenüber abgegeben werden. Die Mieter haben sich insoweit nach § 17 Satz 2 u. 3 des Mietvertrags vom […].2005 […] gegenseitig bevollmächtigt. Hierauf hat bereits das Landgericht in seinen angefochtenen Urteilen abgestellt. DerSenat hat auch unter Berücksichtigung der §§ 305 ff. BGB keine Zweifel an der Wirksamkeit dieser Vertragsklausel (vgl. jeweils noch zum ABG-G: KG, Rechtsentscheid vom 25.10.1984 – 8 RE-Miet 4148/84, juris Rn. 38 ff.; Schleswig-Holsteinisches OLG, Rechtsentscheid vom 22.03.1983 – 6 RE-Miet 4/82, juris Rn. 20 ff.). Der Beklagte muss sich die Fälligstellung der mit Schreiben vom […].2008 abgerechneten Nebenkosten durch Zugang an den Zeugen F[…] somit zurechnen lassen. Er haftet daher auch für die insoweit geltend gemachten Verzugszinsen.“
OLG Dresden, Beschluss vom 6.12.2011 – 5 U 1062/11