Zulässiger Ordnungsmittelantrag, wenn infolge eines Urteils auf Unterlassung bestimmter Behauptungen der zu Grunde liegende Artikel im Internet nicht entfernt wird

In der Entscheidung des Amtsgericht Zittau/ Zweigstelle Löbau (AG Zittau/ Zweigstelle Löbau, Beschluss vom 26.8.2013 – Z 13 C 52/13) wird zur Darlegungs- und Beweislast im Rahmen eines Ordnungsmittelantrags ausgeführt.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

E[…] GmbH […]

– Gläubigerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Obergraben 7-9, 01097 Dresden, Gz.: […]

gegen

[…]

– Schuldnerin –

wegen Unterlassung

erlässt das Amtsgericht Zittau durch

Richterin am Amtsgericht […] auf Antrag der Gläubigerin nach Anhörung der Schuldnerin

am 26.08.2013

nachfolgende Entscheidung:

  1. Gegen die Schuldnerin wird wegen Verstoßes gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Löbau vom 12.04.2013, auf Antrag der Gläubigerin ein Ordnungsgeld von € 210,00, ersatzweise, für den Fall das dieses nicht beigetrieben werden kann, 3 Tage Ordnungshaft verhängt.
  2. Für den Fall weiterer Zuwiderhandlungen wird der Schuldnerin nochmals ein Ordnungsgeld von bis zu € 250.000, ersatzweise, für den Fall das dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht,
    dass auf Antrag der Gläubigerin verhängt werden kann.
  3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gründe

Der gem. § 890 ZPO zulässige Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin ist begründet.

Aufgrund des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Zittau, Außenstelle Löbau, ist die Schuldnerin verpflichtet, es zu unterlassen, gegenüber Dritten insbesondere durch Veröffentlichung von Artikeln im internet o.a. die falsche Tatsache zu behaupten, die Gläubigerin bzw. deren Mitarbeiter handelten mit „krimineller Energie“ und / oder „entgegen aller Auflagen“.

Der Schuldnerin wurde in Zff. 2 des Versäumnisurteils für den Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsmittels in Form von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft angedroht.

Das am 12.04.2013 erlassene und der Schuldnerin am 25.04.2013 zugestellte Versäumnisurteil ist rechtskräftig.

Unter dem 09.07.2013 beantragte die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung durch Verhängung von Ordnungsmitteln. Die Zwangsvollstreckung von Unterlassungsverpflichtungen erfolgt gem. § 890 ZPO durch Verhängung eines Ordnungsmittels auf Antrag des Gläubigers durch das Prozeßgericht, § 890 I ZPO.

Auf Verfügung des Gerichts vom 24.07.2013 wurde der Schuldnerin der Ordnungsmittelantrag am 25.07.2013 zugestellt und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 19.08.2013 gegeben, § 891 ZPO. Eine Stellungnahme der Schuldnerin ging nicht ein.

Der Ordnungsmittelantrag ist begründet, da die Schuldnerin gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen hat, in dem die Schuldnerin nach wie vor ihren maßgeblichen Artikel, der sie als Verfasserin ausweist, im Wortlaut unverändert auf der im Ordnungsmittelantrag angegebenen Internetseite veröffentlicht hält. Dass sich der Artikel im Archivbereich der Internetseite befindet, steht dem Verstoß nicht entgegen. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Schuldnerin bemüht hätte, den Artikel aus dem Archiv der web-Seite zu löschen oder wenigstens einen Zusatz über die Unterlassungsverpflichtung hinzuzufügen. Grundsätzlich ist die Gläubigerin verpflichtet, die Schuldhaftigkeit des Unterlassungsverstosses darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verschuldensgrundsatz ist aber nicht dadurch verletzt, dass dem Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes, – hier: der nach wie vor auf der bezeichneten Internetseite erfolgten Veröffentlichung des Artikels mit den untersagten Formulierungen -, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Geschehensablauf hinweist, unter dem Gesichtspunkt des Anscheinsbeweises Bedeutung zugemessen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.04.1991, Az.: 1 BvR 1443/87). Die Schuldnerin war in den Grenzen des ihr Zumutbaren verpflichtet, alle ihr zu Gebote stehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um weitere Rechtsbeeinträchtigungen der Gläubigerin auszuschließen. Daraus, dass sich der maßgebliche Artikel mit den untersagten Formulierungen nach wie vor auf der Internetseite findet, folgt, dass die Schuldnerin keine Bemühungen unternommen hat, den Artikel aus dem Archiv der web-Seite zu löschen, beispielsweise durch entsprechende Hinweise auf die Unterlassungsverpflichtung gegenüber dem Inhaber der Internetseite oder das Ersuchen um Anweisungen gegenüber dem entsprechenden Systemadministrator. Es ist davon auszugehen, dass sich die Partei „Die Grünen“, die die Internetseite betreibt, schon aus Gründen der Außendarstellung und der Fürsorge gegenüber der Autorin, die, wie sich aus dem Internet (vgl. nur wikipedia – […]) ergibt, mehrere Jahre für die Partei Abgeordnete des Sächsischen Landtages war, bei Kenntnis der rechtskräftigen strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung einer solchen Anweisung zur Löschung des Artikels aus ihrem Archiv nicht entgegengestellt hätte. Durch die o.g. Vermutung wird die Schuldnerin auch nicht unzumutbar benachteiligt, denn sie hatte im Rahmen ihrer Anhörung die Möglichkeit, vorzutragen, weshalb es nicht ihr Verschulden ist, dass der Artikel auch nach der rechtskräftigen Entscheidung des  Amtsgericht Zittau zur Zeit der Ordnungsmittelantragstellung im Internet veröffentlicht ist.“

AG Zittau/ Zweigstelle Löbau, Beschluss vom 26.8.2013 – Z 13 C 52/13