Voraussetzungen für die Beurteilung eines Unternehmers als Kaufmann

Das Landgericht Braunschweig (LG Braunschweig, Beschluss vom 21.6.2011 – 6 O 944/11) entschied in seinem Beschluss zur örtlichen Zuständigkeit, dass ein Unternehmer, der nicht im Handelsregister eingetragen ist, sein Gewerbe von seinem Wohnsitz aus betreibt und in der Selbstauskunft gegenüber dem Vertragspartner einen Umsatz von null Euro angab, im Rahmen eines Gerichtsprozesses nicht als Kaufmann im Sinne des § 1 HGB eingestuft werden kann. Eine entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung ist damit unwirksam.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Eine  örtliche  Zuständigkeit  im   hiesigen   Bezirk  ist   nicht  gegeben.  Vielmehr  hat  der Beklagte  seinen  Wohnsitz  und   damit  seinen  allgemeinen  Gerichtsstand  im  Landgerichtsbezirk  […].  Die in den  Leasingbedingungen der Klägerin enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung entfaltet keine Wirkung, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kein  Kaufmann im Sinne des § 1 Abs. 1 HGB war. Ein Indiz dafür ist  bereits die fehlende Eintragung im Handelsregister. Entscheidende Bedeutung hat
dagegen der Inhalt der Selbstauskunft, deren Ablichtung von Klägerseite als Anlage K […] vorgelegt worden ist. Sämtliche Angaben zu Umsatz und Vermögen sind dort mit 0,00 Euro vermerkt worden. Mit diesem Inhalt hat die Leasinggeberin die Auskunft akzeptiert,  sodass sie auch jetzt daran festhalten  lassen muss. Die Auskunft lässt den unmittelbaren Schluss zu, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang  keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte, insbesondere weil es keinen Umsatz machte. Im  Übrigen lässt die Selbstauskunft auch erkennen, dass keine gesonderte Betriebsstätte vorhanden war, sondern offensichtlich die Unternehmensberatung von der Wohnanschrift des Beklagten aus betrieben wurde.“

LG Braunschweig, Beschluss vom 21.6.2011 – 6 O 944/11

Zulässige Doppeltätigkeit eines Immobilienmaklers bei einer Zwangsvollstreckung

Durch das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal (AG Hohenstein-Ernstthal, Urteil vom 11.5.2011 – 4 C 39/11) wurde entschieden, dass ein Immobilienmakler bei der Vermittlung in einer Zwangsversteigerung nicht ohne weiteres seine Maklerprovision verwirkt, wenn er sowohl für den Gläubiger als auch den Bieter tätig ist.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

„Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch nicht verwirkt.

Eine Verwirkung des  Provisionsanspruches nach § 654 BGB ist in  Betracht zu ziehen, wenn ein an seinen Kunden gebundener Makler auch für den anderen Vertragsteil als Vermittlungsmakler tätigwird. Das entspricht im Ausgangspunkt der Rechtsprechung des  Bundesgerichtshofs. Daraus folgt jedoch nicht ohne weiteres, dass der  Makler mit jeder vermittelnden Tätigkeit  nach  beiden  Seiten  seinen  Provisionsanspruch  gewissermaßen  automatisch  verwirkt. Entscheidend muss hierfür vielmehr sein, ob der Makler mit seiner Tätigkeit das Vertrauen und die  Interessen  seiner Auftraggeber verletzt.  Dies  ist etwa dann nicht der  Fall, wenn er ihnen seine Tätigkeit für die jeweils andere Seite offenlegt und sich darauf beschränkt, als „ehrlicher Makler“ zwischen ihren Interessen  zu vermitteln (BGH NJW-RR 2000,  430 f.).

Diese  Rechtsprechung  gilt grundsätzlich für Immobilienmakler im Zusammenhang mit dem Kauf/Verkauf  einer  Immobilie.  Streitgegenständlich  ist  jedoch  die  vermittelnde  Tätigkeit der Klägerin für den Beklagten im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens einerseits und einer grundsätzlich generell bestehenden vermittelnden Tätigkeit der Klägerin für  die im Zwangsversteigerungsverfahren führenden Gläubigerin, der […] Bank.

Diese Doppeltätigkeit war dem  Beklagten von  Anfang an bekannt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Interessen des Beklagten mit ihrer Tätigkeit verletzte, vermag das Gericht nicht zu erkennen.

[…]

Der Beklagte handelte bei der Unterzeichnung der Maklerprovisionsvereinbarung als Verbraucher und nicht als  Unternehmer.

Diesbezüglich ist die Klägerin beweisbelastet. Zur Begründung des erhöhten Verzugszinsensatzes trägt sie lediglich vor, dass der Beklagte mindestens weitereacht Immobilen erworben hat, infolgedessen zu schlussfolgem sei, dass im  Hinblick auf dieVerwaltung derartiger Immobilien ein geschäftsähnlicher Aufwand erforderlich sei, um diese Vermögenswerte adäquat zu verwalten.

Rechtsgeschäfte im  Sinne des Absatz 2 des § 288 sind solche zwischen Unternehmen im Sinne § 14 BGB. Die Verwaltung und Anlage eigenen Vermögens (Anlage von Geld in Miethäusern,  Wertpapieren) erfüllt dagegen grundsätzlich nicht den Unternehmerbegriff (Ellenberger in Palandt, BGB-Kommentar, 70. Aufl., Rz.  2 zu § 14).

Das ausschlaggebende Kriterium  für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist vielmehr der Umfang der mit ihrverbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGH NJW 2002, 368 ff.).

Vorliegend genügt dem Gericht der Umstand, dass der Beklagte mindestens acht weitere Immobilien erworben hat, noch nicht, um  zu der Überzeugung zu gelangen, dass zum Zwecke der Vermögensverwaltung nunmehr die Unterhaltung eines  Büros  oder eines  planmäßigen Geschäftsbetriebes erforderlich ist  und deshalb der Beklagte als  Unternehmer im Sinne des §  14 BGB zu  betrachten ist.  Auch  der Umstand,  dass der Beklagte die Beräumung und gegebenenfalls  auch  Vermietung  durch  die  Firma,  deren  Geschäftsführer er  ist,  erledigen  lässt, mithin ein Auftragsverhältnis  besteht, führt zu keiner anderen Wertung. Die Verzugszinsenhöhe war deshalb gemäß § 288  I BGB auf 5 Prozentpunkte über dem  Basiszinssatz festzusetzen und im Übrigen die Klage abzuweisen.“

AG Hohenstein-Ernstthal, Urteil vom 11.5.2011 – 4 C 39/11)

Vollständige Haftung eines rückwärts auf ein stehendes Motorrad fahrenden Fahrzeugs

Nach dem Urteil des Amtsgericht Dresden (AG Dresden, Urteil vom 21.4.2011 – 115 C 2286/10) haftet ein Fahrzeugführer, der mit seinem Pkw rückwärts auf ein stehendes Motorrad auffährt, im vollen Umfang für den hieraus entstandenen Schaden.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„Die zulässige Klage war im wesentlichen begründet. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch aufgrund des Unfalls […] gegen die Beklagten zu.

1) Der Anspruch auf Schadenersatz gegen den Beklagten zu 1 als Fahrer des Pkw VW Passat besteht gemäß §§ 7, 18 StVG.

Der Kläger ist Eigentümer des geschädigten Motorrads. Der Beklagte zu 1 war Fahrer des Kraftfahrzeugs VW Passat. Kraftfahrzeuge im Sinne des Gesetzes sind gemäß § 1 Abs. 2 StVG Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an
Bahngleise gebunden zu sein. Bei dem Fahrzeug des Beklagten handelt es sich um ein solches.

a) Der Schaden am Fahrzeug des Klägers ist bei dem Betrieb des Fahrzeugs durch den Beklagten zu 1 entstanden. In Betrieb ist ein Fahrzeug, sobald und solange das Fahrzeug noch irgendwelchen Verkehrszwecken dient, auch beim Parken auf der
Fahrbahn. Diese betriebsspezifische Gefahr hat sich in dem eingetretenen Schaden verwirklicht.

b) Die Haftung des Fahrzeugführers ist nicht gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG ausgeschlossen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Unfall nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht wurde. Die Vermutung in § 18 StVG spricht für ein Verschulden des Fahrers, so dass er die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, das kein Verschulden vorliegt, ansonsten ist von Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 BGB auszugehen. Ihn treffen bereits vor Fahrtantritt Sorgfaltspflichten. Er muss vor Fahrtantritt prüfen, ob er selbst gesundheitlich in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Er ist gemäß § 23 StVO für das Kraftfahrzeug verantwortlich und muss dafür Sorge tragen, dass das Kraftfahrzeug fahrbereit ist, also fahrtechnisch in Ordnung und keine Mängel erkennbar sind (BGH NVZ 95, 31; OLG Celle VersR 97, 202). Er muss das Fahrzeug mit gesammelter Aufmerksamkeit fahren, dabei die sich aus den Umständen ergebende Möglichkeit eines unrichtigen Verhaltens anderer berücksichtigen und auch in schwierigen Lagen richtig handeln. Andererseits darf nichts Unmögliches verlangt werden (BGH VRS 10,12). Seine Haftung entfällt bereits dann, wenn feststeht, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt eines wenigstens durchschnittlich geübten Fahrers beachtet hat (BGH VersR 1982, 442; 1987, 158).

c) Die Haftung des Fahrers ist gemindert durch ein Mitverschulden des Verletzten gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB bei der Entstehung des Schadens. Dabei wird das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gemäß § 9 StVG gleichgesetzt. Es kommt auf die Verursachungsanteile des Fahrers und des anderen Beteiligten an. Die Abwägung der Verursachungsanteile führt dazu, dass dem Beklagten zu 1 100% der Versuchung zuzuordnen sind. Die Haftungsquote ergibt sich aus der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichtes. Die Zeugin […] hat den klägerischen Vortrag bestätigt. Sie hat bekundet, dass sie Beifahrerin auf dem Motorrad war.Sie habe nach vorne geschaut, als das Motorrad zum Stehen gekommen sei. Das Auto sei dann rückwärtsgefahren und es sei zum Anstoß an das Motorrad gekommen. Dabei seien die Schäden entstanden. […] Der Vortrag der Klägerseite wird weiterhin bestätigt durch das Sachverständigengutachten. Der Sachverständige führt aus, dass die
festgestellten Schäden am Motorrad nur dann in dieser Wahl Art und Weise entstehen können, wenn der Pkw rückwärts gefahren ist und das Motorrad gestanden hat. Er legt dar, dass andere Schäden entstanden wären, wenn das Motorrad auf das Auto aufgefahren wäre.

2) Die Beklagte zu 2 haftet dem Geschädigten als Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeugs VW Passat unmittelbar aus § 3 PflVG aF bzw § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Der Halter eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers ist gemäߧ 1 PflVG verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer ein Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen (§ 1 StVG) verwendet wird. Gemäß § 3 Nr. 1 PflVG aF bzw § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG kann der Geschädigte im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen der Nr. 4 – 6 seinen Anspruch auf Ersatz des Schadens auch gegen den Versicherer geltend machen. Der Versicherer hat den Schadenersatz in Geld zu leisten. Gemäß § 3 Nr. 2 PflVG aF bzw §§ 115 Abs. 1 Satz 4 116 VVG haften der Versicherer und der Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner. Dem Anspruch kann gemäß § 3 Nr. 4 PflVG aF bzw § 117 Abs. 1 VVG nicht entgegengehalten werden, dass der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer von der Leistung frei geworden ist. Der Versicherer haftet, wie der Halter sprich: Versicherungsnehmer haftet. Insoweit kann auf oben Bezug genommen werden.

3) Die Beklagten sind dem Kläger zum Ersatz des entstandenen Schadens in der tenorierten Höhe verpflichtet. Der Schaden ist zu ermitteln durch den Vergleich der Hypothetischen Güterlage ohne das schädigende Ereignis mit der tatsächlichen Lage nach Einbeziehung aller adäquat kausal zurechenbaren Vor- und Nachteile (Differenzmethode); die Verteilung der Verursachungsanteile ist zu berücksichtigen. Der maßgebliche Zeitpunkt zur Berechnung ist die Geltendmachung des Schadens. Zu den Nachteilen bei einem Vergleich der realen und der hypothetischen Lage zahlen alle Nachteile an Rechten, Rechtsgütern, rechtlich geschütztem Vermögen die durch das schädigende Ereignis verursacht worden sind, es sei denn: nicht adäquat verursacht; nicht vom Schutzbereich der Norm umfasst; der Schaden wäre ohnehin eingetreten, wie dies bei rechtmäßigem Alternativverhalten auch der Fall gewesen wäre. Vorsorgekosten oder allgemeine Verwaltungskosten der Schadenfeststellung und -abwicklung. Vorteile die bei dem Vergleich der Vermögenslagen entstehen sind schadensmindern anzurechnen: ersparte Aufwendungen, soweit sie adäquat kausal verursacht und nach dem Schutzzweck der Norm anrechenbar sind, bzw. pflichtwidrig unterlassene Schadensminderung des Erwerbs von Vorteilen.; durch pflichtgemäße Schadensminderung erzielte Vorteile; Erträge und Substanz aus einer Erbschaft nur dann, wenn und soweit sie nicht ohnehin später zugefallen wären, wobei Leistungen von Unfall- und Lebensversicherungen nicht anzurechnen sind; bei Schadenersatz „neu für alt“ Abzug des Mehrwerts der neuen Sache.

4) Der Schadenausgleich ist gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB als Naturalrestitution zu leisten. Statt der Wiederherstellung durch den Schädiger kann der Gläubiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache statt der Wiederherstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Insoweit schafft die gesetzliche Regelung eine Ersetzungsbefugnis des Gläubigers. Hat der Gläubiger einmal Geldersatz verlangt, ist er an diese Wahl gebunden (BGH NJW 1993, 727). Andernfalls kann der Geschädigte dem Ersatzpflichtigen gemäß § 250 BGB zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach Ablauf der Frist ablehne. Nach Ablauf der Frist, ohne dass eine Herstellung erfolgt wäre, kann der Geschädigte nur noch Ersatz in Geld verlangen. Der Anspruch auf Herstellung ist gemäß § 250 Satz 2, 2. Halbsatz BGB ausgeschlossen. Der Versicherer haftet gemäß § 3 Nr. 1 Satz 2 PflVG aF bzw § 115 Abs. 1 Satz 3 VVG stets nur auf Geld.

a) Kosten des Sachverständigengutachtens sind zu ersetzen, soweit sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH NJW 1974, 35; 05, 3042). In Kfz-Unfallsachen darf der Geschädigte – von Bagatellschäden bis 700,00 EUR (BGH NJW 05, 356), in den neuen Ländern bis 500,00 EUR (AG Chemnitz VersR 98, 202) – einen Sachverständigen hinzuziehen und zwar auch dann, wenn bereits der Schädiger einen beauftragt hat (KG OLGZ77, 317, Roß NZV01, 321).

b) Im vorliegenden Falle handelt es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden. Dies ergibt sich aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten und ist nicht bestritten. Unbestritten geblieben ist auch der Vortrag der Beklagten Seite, man aber ein Angebot für
den Restwert in Höhe von 400 € abgegeben. Insoweit ist von dem Restwert in Höhe von netto 2247,90 € der Betrag von 400 € in Abzug zu bringen. Der zu ersetzender Schaden beläuft sich damit auf 1847,90 €. Der Kläger hat keinen Beweis dafür angeboten, dass er das Fahrzeug weiterhin nutzt. Es ist daher nicht in die von der Klägerseite angewandte Berechnungsart zu Grunde zu legen.

c) Die allgemein anerkannte Unkostenpauschale beläuft sich auf 25 €.

5) Hieraus ergibt sich bei einer Haftungsquote auf Beklagtenseite von 100 %, Ein Anspruch in Höhe von insgesamt 2352,91 €. Der darüber hinausgehende Betrag war nicht zu erstatten.

6) Aus diesem teilweise unterliegen ergibt sich die quotenmäßige Kostenverteilung.

7) Die Nebenentscheidungen folgende Paragraphen 91, 92, 709, 708 Nummer 11, 711 ZPO.“

AG Dresden, Urteil vom 21.4.2011 – 115 C 2286/10

Haftungsverteilung bei Kollision eines Fahrradfahrers mit einem unbeleuchteten Bauzaun

Nach dem Urteil des Amtsgericht Dresden (AG Dresden, Urteil vom 24.3.2011 – 116 C 3704/10) trägt ein Fahrradfahrer, der innerhalb einer Stadt auf einer beleuchteten Straße mit einem unbeleuchteten Bauzaun kollidiert, ein 50% Mitverschulden.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„Das  Abstellen  des  unbeleuchteten  Bauzauns  auf dem  für  Radfahrer freigegebenen  Fußweg stellt auch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten der Beklagten dar. Von einem solchen  unbeleuchteten  Absperrgitter  gehen  insbesondere  zur  Nachtzeit  erhebliche  Gefahren aus.  Ein  solches  Gitter  ist,  da es sich aufgrund seiner transparenten Konstruktion nur unwesentlich  von  der  Umgebung  abhebt,  insbesondere bei  difusen  oder  nächtlichen Sichtverhältnissen, nur schwer zu erkennen.

[…]

Allerdings haftet die  Beklagte aufgrund  ihrer Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht alleine für die  Unfallfolgen des Klägers. Vielmehr muss sich der Kläger ein Mitverschulden im Sinne von  § 254  BGB anrechnen lassen. Der Kläger hätte seine Fahrweise darauf einrichten müssen, auch auf plötzlich auftretende bzw. schwer erkennbare Hindernisse reagieren zu können. Der Bauzaun hat quer auf dem Gehweg gestanden, er wäre daher, wenn konstruktionsbedingt auch nur schwer, zu erkennen gewesen. Die jeweiligen Verursachungsbeiträge gewichtet das Gericht etwa gleichstark, so dass sich eine hälftige Mithaftung des Klägers ergibt.“

AG Dresden, Urteil vom 24.3.2011 – 116 C 3704/10

Darlegungs- und Beweislast bei Vergütungsforderungen für Telefongespräche

Das Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 17.3.2011 – 21 C 959/10) entschied zur Darlegungs- und Beweislast in einem Klageverfahren eines Telekommunikationsdienstleisters auf Zahlung der Vergütung für Telefongespräche, dass eine Einzelverbindungsübersicht einen Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der darin abgerechneten Telefonverbindungen begründet. Der klagende Telekommunikationsdienstleister bezog sich auf seine Abrechnungsunterlagen. Durch den Beklagten wurde behauptet, dass die abgerechneten Gespräche nicht geführt worden seien.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„Die zulässige Klage hat in vollem Umfang Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus dem zustande gekommenen Telekommunikationsdienstleistungsverträgen einen Anspruch auf Vergütung gemäß § 611 Abs. 1BGB.

Zwischen  den  Parteien sind  entsprechende Verträge  zu  den  in  der Einzelverbindungsübersicht ersichtlichen Zeiten  und Zeiträumen […] zustande gekommen. Die von  der Klägerin  übersandte und vom  Beklagten vorgelegte Einzelverbindungsübersicht […] begründet einen Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der darin abgerechneten Telefonverbindungen (vgl. OLG Düsseldorf, CR 2003, 581  ff.,  OLG Celle NJW RR 1997, 568, AG Bonn vom  16.08.2007, AZ  3 C 65/07).  Insofern wird der überwiegenden Meinung in Rechtssprechung und Literatur gefolgt. Die Anbieter von Telefondienstleistungen können  sich für die Richtigkeit der Gebührenforderung auf technische Aufzeichnungen berufen, weil die automatische Gebührenerfassung regelmäßig zutreffend arbeitet. Gemäß § 45 g Abs.  2 GKG sind die Datenverarbeitungseinrichtungen einmal jährlich durch einen vereidigten öffentlich bestellten Sachverständigen zu kontrollieren.

Den für die Gebührenrichtigkeit streitenden Anscheinsbeweis hat der Beklagte nach der Auffassung des Gerichts nicht zu erschüttern vermocht. Die Erklärungen des Beklagten in seiner Anhörung  […] überzeugen nicht.  Der Beklagte stellt nicht in Abrede, die streitgegenständlichen Rechnungen erhalten zu haben. […] Einwendungen dagegen hat er nicht erhoben.  […] Auf § 7 Abs. 3TDSV (Telekommunikationsunternehmen Datenschutzverordnung) wird Bezug genommen.“

AG Bautzen, Urteil vom 17.3.2011 – 21 C 959/10

siehe auch: AG Bautzen, Urteil vom 12.8.2010 – 21 C 1180/09

Schadenersatzanspruch bei unberechtigt vorzeitig abgebrochener Versteigerung im Internet

Mit einem Hinweisbeschluss führte das Landgericht Bautzen (LG Bautzen, Beschluss vom 8.3.2011 – 1 S 133/10) in der Berufungsinstanz aus, dass ein Käufer über eine Versteigerungsplattform im Internet gegenüber dem Verkäufer einen Anspruch auf Schadenersatz hat, wenn der Verkäufer die Auktion unberechtigt vorzeitig abbricht.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Zwischen  den  Parteien  ist […] unter Vermittlung der  Internetplattform „ebay“ ein Kaufvertrag  über den  streitgegenständlichen Pkw zustande gekommen,  welchen die Beklagte  trotz Fristsetzung nicht erfüllt hat, so dass der Kläger nunmehr Schadensersatz verlangen kann;  §§ 433, 280, 281  BGB.

Die Beklagte hat durch Einstellen des zu „versteigernden“ Pkw bei ebay ein befristetes Angebot zum Abschluss eines  Kaufvertrages  mit dem  Höchstbietenden abgegeben. Bereits nach allgemeinen Grundsätzen und ohne dass es des Rückgriffes auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen  des  Internet-Anbieters  ankäme,  konnte die  Beklagte  ihr Angebot, innerhalb der Angebotsfrist, den Pkw an den Höchstbietenden zu verkaufen, nicht frei widerrufen. Dies folgt bereits  aus § 145  BGB. Der Anbietende ist an sein Angebot gebunden, es sei denn, er habe diese  Bindung gerade ausgeschlossen.  Das ist vorliegend nicht der Fall. Durch ihr Angebot über „ebay“ hat die Beklagte zu erkennen gegeben, dass sie ihr Fahrzeug an den Höchstbietenden verkaufen werde. Dazu war es naturgemäß erforderlich, dass die Beklagte ihr Angebot nicht während der laufenden Auktion nach Belieben zurückziehen kann.  Um zu diesem Ergebnis  zu gelangen,  muss  man  die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von „ebay“ nicht heranziehen.Wollte man dies  anders  sehen, würde sich am  Ergebnis  nichts ändern. Das Amtsgericht hat mit Recht darauf verwiesen, dass Teilnehmer einer über eine Internetplattform laufenden Internetauktion davon ausgehen, dass die von dem  Betreiber veröffentlichten „Spielregeln“ zwischen ihnen Geltung hätten; § 157 BGB.

Der Kläger war – nachdem die Beklagte ihr Angebot unberechtigt zurückgezogen hat – mit 1,50 € der Höchstbietende. Da seine Annahmeerklärung lediglich unter der auflösenden Bedingung stand, dass ein höheres Gebot als das vom  Kläger abgegebene Maximalgebot (105,00 €) ab gegeben wird, ist der Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten über den Verkauf des streitgegenständlichen Pkw zum Preis von 1,50 € zustande gekommen.

Die Beklagte  hat ihr Angebot nicht wirksam zurückgezogen.  Die Geschäftsbedingungen von „ebay“ verweisen  insoweit auf die gesetzlichen Regelungen. Denn es heißt darin, Anbieter dürften nur „dann Gebote streichen und das Angebot vorzeitig beenden, wenn sie gesetzlich dazu  berechtigt sind“. Die in den Geschäftsbedingungen beispielsweise („können sein“) genannten  Gründe  betreffen  die  Tatbestände der  Irrtumsanfechtung  und  des  Wegfalls  der Geschäftsgrundlage. Die Beklagte konnte damit ihrAngebot nur wirksam beim Vorliegen entsprechender gesetzlicher Gründe vorzeitig  beenden. Auch dieses Ergebnis erzielt man sowohl, wenn man (ausschließlich) auf die Rechtslage nach den dispositiven Gesetzes recht abstellt, wie auch dann, wenn man zur Vertragsauslegung ergänzend die Geschäftsbedingungen von „ebay“ heranzieht. Vorliegend kommt nach dem Vortrag der  Beklagten lediglich eine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums (§ 119 Abs. 2 BGB) in  Betracht. Die Beklagte will sich über die Beschaffenheit des von ihr angebotenen Fahrzeuges geirrt haben.Ob das der Fall ist, kann dahin stehen. Jedenfalls hat die Beklagte es versäumt, bei der „Rücknahme“ ihres Angebotes eine inhaltlich ausreichende Anfechtungserklärung abzugeben. Für eine Anfechtungserklärung ist  es  erforderlich, dass  der  Anfechtungsgegner erkennen  kann, auf welcher tatsächlichen Grundlage die Anfechtung erfolgt, worauf das  Amtsgericht zutreffend hinweist. Ergänzend ist an dieser Stelle lediglich anzumerken, dass  die Geschäftsbedingungen von „ebay“ die Teilnehmer hierauf auch ausdrücklich  hinweisen. Denn es heißt dort: „Geben Sie den Grund für die  vorzeitige Beendigung des  Angebotes an“. Dies hat die Beklagte, welche ihr Angebot „kommentarlos“  zurückgezogen  hat, nicht getan.  Erst während des laufenden  Rechtsstreits hat die Beklagte die Rücknahme ihres Angebotes begründet. Eine etwa darin liegende Anfechtungserklärung erfolgte – was  näherer Begründung nicht bedarf – nicht mehr unverzüglich im Sinne von §121 BGB.

Der Kläger kann von der Beklagten daher nach erfolgloser Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung fordern;  §§ 280, 281  BGB.  Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht anhand der von der Beklagten selber veröffentlichten Fahrzeugbeschreibung den Verkehrswert des Fahrzeuges mit jedenfalls 101,50 € geschätzt hat; § 287 ZPO.“

LG Bautzen, Beschluss vom 8.3.2011 – 1 S 133/10

Örtliche Zuständigkeit bei einem Deliktsanspruch wegen Betruges über das Internet

Nach dem Beschluss des AG Bottrop (AG Bottrop, Beschluss vom 3.2.2011 – 10 C 377/10) hat der Kläger bei einem  Deliktsanspruch gegen den Beklagten aufgrund eines Betruges über das Internet ein Wahlrecht, bei welchem Gericht er das Verfahren betreiben will.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Das Amtsgericht Bottrop ist nach §§ 32, 35 ZPO örtlich unzuständig, denn die Klägerseite hat das ihr nach § 35 ZPO zustehende Wahlrecht durch den Verweisungsantrag an das Amtsgericht Bautzen […] dahingehend ausgeübt, dass das Amtsgericht Bautzen örtlich zuständig sein soll. Grundsätzlich kann ein besonderer Gerichtsstand nach § 32 ZPO sowohl an dem Handlungsort, als auch an dem Erfolgsort begründet sein (Zöller, 28. Aufl. 2010, § 32, Rn. 16). Im Einzelfall problematisch stellen sich die Fälle des unlauteren Wettbewerbs dar, hier kommt in der Tat kein „fliegender Gerichtsstand“ mehr in Betracht. Der Vorwurf unlauteren Wettberwerbs steht hier jedoch nicht im Raum. Vielmehr steht hier der Vorwurf eine Betruges im Raum, der im virtuellen Raum des Internets begangen worden sein soll. Nach Ansicht des Gerichts kann hier ein Vergleich zu den Fällen gezogen werden, in denen durch Fernsehsendungen Ehrverletzungen begangen werden. In diesen Fällen ist jedes Gerichts zuständig, in dessen Bezirk die Sendung ausgestrahlt wird (Zöller, 28. Aufl. 2010, § 32, Rn. 17). Ebenso ist es bei Druckschriften jeder Ort, an dem die Druckschrift bestimmungsgemäß verbreitet wurde (Thomas/Putzo, 30. Aufl. 2009, § 32, Rn. 7).

Häufig können also mehrere Tatorte gegeben sein, mit der Folge, dass § 35 ZPO greift. Es reicht die Behauptung und Darlegung einer unerlaubten Handlung (Thomas/Putzo, 30. Aufl. 2009, § 32, Rn. 1). Das Gericht geht demnach davon aus, dass die Klägerseite mit der Klageschrift die Begehung eines Betruges behauptet und darlegt. Nach dem oben Gesagten wären demnach sowohl das Amtsgericht Bottrop, als auch das Amtsgericht Bautzen örtlich nach § 32 ZPO zuständig. Durch den Verweisungantrag wird wie bereits festgestellt das Amtsgericht Bautzen nach § 35 ZPO örtlich zuständig und die Sache war antragsgemäß zu verweisen.“

AG Bottrop, Beschluss vom 3.2.2011 – 10 C 377/10

Anscheinsbeweis bei Abrechnungen für Telekommunikationsdienstleistungen

Das Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Urteil vom 12.8.2010 – 21 C 1180/09) entschied zur Darlegungs- und Beweislast in einem Klageverfahren eines Telekommunikationsdienstleisters auf Zahlung der Vergütung für Telefongespräche, dass eine Einzelverbindungsübersicht einen Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der darin abgerechneten Telefonverbindungen begründet. Der klagende Telekommunikationsdienstleister bezog sich auf seine Abrechnungsunterlagen. Durch den Beklagten wurde behauptet, dass die abgerechneten Gespräche nicht geführt worden seien.

Auszug aus der Gerichtsentscheidung:

„Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus zustandegekommenen Telekommunikationsdienstleistungensverträgen einen Anspruch auf Vergütung entsprechend § 611 Abs. 1 BGB.

Zwischen den Parteien sind entsprechende Verträge zu den aus den Einzelverbindungsnachweisen ersichtlichen Zeiten und Zeiträumen […] zustandegekommen. Die als Anlage […] eingereichten Einzelverbindungsnachweise begründen einen Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der darin abgerechneten Telefonverbindungen (vergl. OLG Düsseldorf, CR 2003, 581 ff, OLG Celle, NJW – RR 1997, 568, Amtsgericht Bonn, 16.08.2007, Az.: 3 C 65/07). Insofern wird der überwiegenden Meinung in Rechtssprechung und Literatur gefolgt. Die Anbieter von Telefondienstleistungen können sich für die Richtigkeit der Gebührenforderung auf technische Aufzeichnungen berufen, weil die automatische Gebührenerfassung regelmäßig zutreffend arbeitet. Gemäß § 45 g Abs. 2 TKG sind die Datenverarbeitungseinrichtungen einmal jährlich durch einen vereidigten öffentlich bestellten Sachverständigen zu kontrollieren.

Den für die Gebührenrichtigkeit streitenden Anscheinsbeweis hat der Beklagte nach der Auffassung des Gerichts nicht zu erschüttern vermocht. Die Erklärungen des Beklagten in seiner Anhörung […] überzeugen nicht. Der Beklagte stellt nicht in Abrede, die streitgegenständlichen Rechnungen erhalten zu haben. Es fragt sich dann, wieso er dann, wenn die Rechnungen falsch sind und die Leistungen nicht in Anspruch genommen worden sind, nicht sofort Einwendungen dagegen erhoben hat. Auf § 7 Abs. 3 TDSV (Telekommunikationsunternehmen Datenschutzverordnung) wird Bezug genommen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die in den Einzelnachweisen aufgeführten Zeiten mit dem vom Beklagten zugestandenen Anwesenheitszeiten zu Hause harmonieren. […] Die streitgegenständlichen Telefonate sind in der Zeit […] erfolgt, […] wo der Beklagte nicht arbeiten musste. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass möglicherweise doch andere Personen sogar in Anwesenheit des Beklagten die streitigen Gespräche geführt haben können. Auch Telefongespräche von Dritten sind dem Beklagten zuzurechnen. Dies gilt sogar dann, wenn Dritte etwa unberechtigt Telefonate geführt haben sollten. Es mag zwar sein, dass es ungewöhnlich ist, dass die Auskunft so zahlreich über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen wird. Es spricht allerdings einiges dafür, dass die Auskunftsnummern nur deshalb angewählt worden sind, um sich zu entsprechenden Servicenummern weiter verbinden zu lassen. Diese (z.B. Telefonsexdienstleistungen) tauchen dann im Einzelverbindungsnachweis nicht auf. Dass der Beklagte Schwierigkeiten bezüglich seines Telefonkonsums haben könnte, ergibt sich auch aus dem Vortrag […] in der mündlichen Verhandlung […]. Dort wurde ergänzend vorgetragen, dass es ein Jahr zuvor eine Sperre hinsichtlich 010er Nummern gegeben hätte. Sodann hätte es […] eine neue Sperre hinsichtlich der 0900er, 013er, 114er und 118er Nummern gegeben […].“

AG Bautzen, Urteil vom 12.8.2010 – 21 C 1180/09

siehe auch: AG Bautzen, Urteil vom 17.3.2011 – 21 C 959/10

Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bei einer Lohnüberzahlung nach beendetem Arbeitsverhältnis

Nach dem Beschluss des Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Beschluss vom 10.6.2010 – Az. 20 C 511/10) ist das Arbeitsgericht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG auch dann zuständig, wenn eine Lohnüberzahlung erst nach einem beendeten Arbeitsverhältnis erfolgte und der Arbeitgeber diesen Lohn aus ungerechtfertigter Bereichung gemäß § 812 BGB geltend macht.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

„Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a), 3 ArbGG ist für den Rechtsstreit die Zustandigkeit des Arbeitsgerichts gegeben. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG sind die Arbeitsgerichte für alle individualrechtlichen Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhaltnis umfassend zuständig. […]

Nach dem Vortrag der Klägerin, die für den Streitgegenstand und damit die Rechtsnatur des Klageanspruchs bestimmend ist, wird eine Lohnüberzahlung für Mai 2009 klageweise geltend gemacht, also ein Anspruch aufgrund eines Arbeitsverhältnisses. Die Anspruchsnatur ändert sich nicht dadurch, daß zum Zeitpunkt der Zahlung das Arbeitsverhältnis nicht mehr bestand; ebensowenig wird die Rechtsnatur des Anspruchs durch die Anspruchsgrundlage ( 812 BGB) verändert, auf die der Kläger seinen Anspruch stützt (vgl. Germelmann u.a., ArbGG, 7. Aufl. § 2 Anm. 53, 55). Ein Klageanspruch wegen Lohnüberzahlung gehört daher vor die Arbeitsgerichte (Germelmann u.a., § 2 ArbGG, Anm. 60).“

AG Bautzen, Beschluss vom 10.6.2010 – 20 C 511/10

Unterlassungsanspruch bei beleidigenden anonymen Telefonanrufen

Durch das Amtsgericht Dresden (AG Dresden, Urteil vom 28.1.2010 – 116 C 2121/10) wurde entschieden, dass ein Anspruch auf Unterlassung von Beleidigungen durch anonyme Telefonanrufe auch dann besteht, wenn der Angerufene selbst den anonymen Anrufer im Verlaufe des Anrufes beleidigt und die Telefonanrufe bereits erhebliche Zeit zurückliegen.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

„Der Klägerin steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Anspruch aus § 1004 iVm. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 185 StGB zu.

Der Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin beleidigend geäußert. Dies wird vom Beklagten auch nicht bestritten. Auf den genauen Wortlaut kommt es hierbei auch nicht an. Allerdings steht aufgrund der Angaben des Beklagten vor der Polizei am […] fest, dass er sich im Wesentlichen so geäußert hat, wie dies die Klägerin behauptet. Bei der Vernehmung am […] hat der Beklagte eingeräumt, die in der Strafanzeige aufgeführten Äußerungen getätigt zu haben. Die dort genannten Äußerungen entsprechen denen in der Klageschrift behaupteten.

Die Äußerungen des Beklagten erfüllen auch den Tatbestand einer Beleidigung im Sinne von § 185 StGB. Solche Äußerungen müsste die Klägerin auch dann nicht dulden, wenn sie ihrerseits auf die anonymen Anrufe mit Beleidigungen reagiert hätte.
Aufgrund der wiederholten Anrufe des Beklagten besteht auch eine Wiederholungsgefahr. Diese hat der Beklagte nicht widerlegt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies hat der Beklagte nicht getan. Allein der Zeitablauf ist nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Der Klägerin steht aus § 823 Abs. 1 S. 2, 249 ff. BGB, § 185 StGB auch ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten zu. Auszugehen ist hier von einem Gegenstandswert in Höhe von 3.000,00 EUR. Dieser Betrag wird der Bedeutung des geltend gemachten Unterlassungsanspruches hinreichend gerecht, zumal die Anrufe bereits einen gewissen Zeitraum zurück liegen. Eine 1‚3 Geschäftsgebühr aus diesem Gegenstandswert beträgt 245,70 EUR. Zuzüglich 20,00 EUR Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen sowie 19 % Umsatzsteuer ergibt sich der tenorierte Betrag in Höhe von 316,18 EUR. Aufgrund der endgültigen Verweigerung des Beklagten, diese Kosten zu übernehmen, schuldet der Beklagte gemäß § 250 BGB Ersatz in Geld, ohne dass es darauf ankäme, ob die Klägerin ihrerseits bereits Zahlungen an die Klägervertreter geleistet hat.

Der Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB.

Einen Anspruch auf Erstattung der im Zusammenhang mit dem Strafverfahren entstandenen Kosten sind nicht erstattungsfähig. Diese Kosten fallen nicht unter den Schutz der privatrechtlichen Haftungsnormen (vgl. Palandt, BGB, 67. Auflage, Vorbemerkung vor § 249 Rn. 91 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.“

AG Dresden, Urteil vom 28.1.2010 – 116 C 2121/10