Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts für Kündigung eines Mietverhältnisses ist derselbe Gegenstand wie eine spätere gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen der Räumungsklage

Durch das Amtsgericht Bautzen (AG Bautzen, Beschluss vom 21.2.2019 – 21 C 379/17) wurde entschieden, dass der Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts für die Kündigung eines Mietverhältnisses derselbe Gegenstand wie eine spätere gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen der Räumungsklage hinsichtlich der Bestimmung und Anrechnung der anrechenbaren Geschäftsgebühr ist.

Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2007 – VIII ZR 184/06).

Zuvor wurde in der Literatur (Vgl. Schneider, Norbert in: Anrechnung der Geschäftsgebühr für die fristlose Kündigung im Räumungsprozess?, RVG prof. RVG professionell, Ausgabe 05 / 2006 | S. 82) und Rechtsprechung (Vgl. LG Mönchengladbach, RVG prof. 06, 65, Abruf-Nrn. 060723; LG Karlsruhe, RVG prof. 06, 65, Abruf-Nrn. 060724 ) eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten.

Aus den Entscheidungsgründen:

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit
[…]

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frings & Höhne, Wallstraße 15, 02625 Bautzen, Gz.: […]

gegen

[…]

– Beklagte –

wegen Räumung/Forderung/Herausgabe

erlässt das Amtsgericht Bautzen durch

[…]

am 21.02.2019

nachfolgende Entscheidung:

  1. Die Erinnerung der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers vom 24.01.2019 wird zurückgewiesen.
  2. Die – unanfechtbare – Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei: die außergerichtlichen Kosten des ErinnerungsVerfahrens trägt die Klägerin nach einem Wert von 194,92 € (§ 11 Abs. 4 RPflG, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Gründe:

Die Erinnerung ist unbegründet Zur Vermeidung von Wiederholungen wird Bezug genommen auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung und dem Vorlagebeschluss vom 18.02.2019, die lediglich wie folgt zu ergänzen sind:

Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 der Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis – VV) zum RVG entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet (Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG). In diesem Sinne betrifft der Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der – wie hier die Prozessbevollmächtigten der Klägerin – mit der Beratung des Vermieters über das Kündigungsrecht und den Ausspruch der Kündigung beauftragt ist, das Räumungsverlangen des Vermieters und somit denselben Gegenstand wie eine spätere gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts
im Rahmen der Räumungsklage (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2007 – VIIIZR 184/06, zitiert nach juris). Die gegenteilige Rechtsprechung des LG Mönchengladbach und des LG Karlsruhe aus dem Jahr 2005, auf die in der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Erinnerung zitierten Fundstelle (aus dem Jahr 2006) abgestellt wird, ist also (längst) überholt.

An der Sache vorbei gehen die weiteren Ausführungen in der Erinnerung, dass hier die Klägerin die vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten, die ihr aufgrund des ihren Prozessbevollmächtigten erteilten Auftrags zur Kündigung des Mietverhältnisses entstanden sind, im Rechtsstreit nicht als Nebenforderung, sondern als Hauptforderung geltend gemacht habe. Dieser Umstand mag Bedeutung für die Festsetzung des Streitwerts haben. Für das Kostenfestsetzungsverfahren ist hingegen § 15a RVG maßgeblich, wonach sich die Gegenpartei auf die Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 4 W RVG unter anderem dann berufen kann, wenn beide Gebühren in demselben Verfahren gegen sie geltend gemacht werden. So verhält es sich hier: Die zur Hälfte anzurechnende 1, 3 Geschäftsgebühr nach 2300 hat die
Klägerin unter dem Gesichtspunkt des materiellen Schadensersatzes (zunächst als Neben
forderung, nach teilweiser Erledigung der Hauptsache zuletzt als Hauptforderung) in voller Höhe im Hauptsacheverfahren titulieren lassen; die damit korrespondierende („wegen desselben Gegenstands“) 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 W RVG hat sie Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht.“

AG Bautzen, Beschluss vom 21.2.2019 – 21 C 379/17